LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 22.05.2019 Datum des Originals: 21.05.2019/Ausgegeben: 27.05.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2384 vom 17. April 2019 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5870 Stärkung der Beruflichen Bildung bleibt im Nebel Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Der Koalitionsvertrag von CDU und FDP lobt an verschiedenen Stellen den Wert der dualen Ausbildung in Deutschland und verspricht, dass sich die neue Koalition dem Feld der beruflichen Bildung umfassend widmen werde. So heißt es: „Wir wollen die Rahmenbedingungen für die berufliche Bildung daher wieder deutlich verbessern.“ Und an anderer Stelle: „Daher wollen wir intensive Anstrengungen unternehmen, um die berufliche Bildung besser zu unterstützen.“ Es werden eine Reihe konkreter Maßnahmen versprochen, wie der Abbau bürokratischer Aufgaben an den Berufskollegs oder die Entwicklung kooperativer Programme, die sich an Schulabbrecherinnen und -abbrecher richten, gemeinsam mit der Wirtschaft. Damit nicht genug, bedarf es - laut Koalitionsvertrag – eines Paktes für die berufliche Bildung von Bund und Ländern. Deshalb werde man eine Bundesratsinitiative für einen Exzellenzpakt für die berufliche Bildung ergreifen und ein entsprechendes Pilotprojekt in NRW starten. Die Erwartung der Berufskollegs, der Sozialpartner im Ausbildungskonsens und anderer Beteiligter wurden in hohem Maße geweckt. Seither fragen sich Schulen und Verbände, wann es denn endlich losgeht. Bei ihrem Besuch der Vollversammlung des Westdeutschen Handwerkskammertages am 2. April 2019 auf Schloss Raesfeld wurde die Schulministerin erneut nach dem Stand gefragt. Im aktuellen WHKT-Report heißt es zu ihrem Besuch: „Die Ministerin kündigte erneut eine schon länger geplante Agenda zur Stärkung der Berufsbildung an, die sie gemeinsam mit Arbeitsminister Laumann auf den Weg bringen will, und signalisierte, die darin enthaltenen Punkte anschließend auf Landesebene und in den Regionen debattieren zu wollen.“ Die Enttäuschung über die wiederholte unkonkrete Ankündigung ist verständlich. Und anstatt die versprochene Agenda mit den Verbänden im Vorfeld zu diskutieren, soll die Debatte über die Agenda, die immer noch im Ungefähren schwebt, erst im Nachgang erfolgen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 2 Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2384 mit Schreiben vom 21. Mai 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet. 1. Welche Schritte haben das Schul- und das Arbeitsministerium wann unternommen, um eine Agenda (oder etwas Vergleichbares) zur Stärkung der Berufsbildung zu erarbeiten? Das Ministerium für Schule und Bildung hat in den letzten Monaten gemeinsam mit dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen eine Agenda zur Stärkung der Beruflichen Bildung inhaltlich konkretisiert. Am 09.04.2019 wurde im Kabinett die Einbindung und Beteiligung verschiedener Akteure im weiteren Kommunikationsprozess zur Stärkung der Beruflichen Bildung beschlossen. Am 16.04.2019 wurden alle Akteure der Beruflichen Bildung angeschrieben und über aus Sicht des Ministeriums für Schule und Bildung mögliche Maßnahmen der Agenda zur Stärkung der Beruflichen Bildung informiert. In diesem Anschreiben wurde auch auf den anstehenden Kommunikationsprozess hingewiesen. 2. Für welche inhaltlichen Punkte sollen in der Agenda Lösungen dargelegt werden? Die Agenda umfasst fünf Handlungsfelder: 1. Globalisierungs- und Transformationsprozesse durch Digitalisierung in der Beruflichen Bildung umsetzen. 2. Beiträge zur Sicherung des Fachkräftenachwuchses transparent machen und ausbauen. 3. Übergang Schule – Beruf nachhaltig optimieren 4. Lehrkräfte Aus- und Fortbildung für leistungsfähige Berufskollegs verstetigen 5. Regionale Verantwortung der Berufskollegs stärken Die Handlungsfelder sind in Form von 56 Maßnahmen, Aspekten und Handlungsschritten konkretisiert (siehe Frage 1). 3. Wann ist mit der Fertigstellung der Agenda zu rechnen? Die in Erwägung zu ziehenden Maßnahmen der fünf Handlungsfelder wurden bereits an die Akteure der Beruflichen Bildung versandt. Es ist vorgesehen, bis zum Herbst 2019 zu verschiedenen Anlässen und in verschiedenen Treffen den Akteuren der Beruflichen Bildung die unterschiedlichen Aspekte der Handlungsfelder der Agenda sowie die geplanten Handlungsschritte vorzustellen und zu diskutieren (siehe Frage 1). Die Umsetzung der Maßnahmen soll bis zum Ende der Legislatur erfolgt sein. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6335 3 4. Wann ist mit der Bundesratsinitiative für einen Exzellenzpakt zu rechnen? Die Landesregierung behält sich den Zeitpunkt vor, wann die im Koalitionsvertrag 2017 – 2022 verabredete Bundesratsinitiative für einen Exzellenzpakt eingebracht werden soll. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sich im Jahr 2018 die die Bundesregierung tragenden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag auf einen an dem Exzellenzpakt orientierten Berufsbildungspakt verständigt haben. Mit dem Berufsbildungspakt setzen sie sich zum Ziel, die berufliche Bildung „zu modernisieren und zu stärken.“ Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Bundesregierung eine Novellierung des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) angekündigt hat, in dessen Rahmen eine Modernisierung der Ausbildungs- und Aufstiegsordnungen erreicht werden soll. Die Landesregierung ist in verschiedenen Themen eng einbezogen und hat sich entschieden, ihre Positionen in Gremien aktiv einzubringen. Das betrifft insbesondere die Vertretung der Arbeits- und Sozialministerien der Länder in der Allianz für Aus- und Weiterbildung des Bundes und in dem Begleitausschuss für den 2019 gestarteten Innovationswettbewerb „Zukunft gestalten – Innovationen für eine exzellente berufliche Bildung“ (InnoVet) beim Bundesministerium für Bildung und Forschung. 5. Wann haben Gespräche mit den Sozialpartnern im Ausbildungskonsens hinsichtlich kooperativer Programme stattgefunden, die sich an Schulabbrecherinnen und -abbrecher richten? Teil der Gesamtstrategie der Landesregierung für ein starkes und soziales Nordrhein- Westfalen ist es u.a., möglichst vielen jungen Menschen den Weg in Ausbildung und Beschäftigung zu ebnen. Das von der Landesregierung im Jahr 2018 neu wieder eingeführte Werkstattjahr ist ein zentrales praxis- und betriebsnahes Instrument des direkten Übergangs von der Schule in Ausbildung bzw. Beruf, das sich insbesondere auch an schulmüde junge Menschen mit fehlender Ausbildungsreife und multiplen Problemlagen richtet. Das Werkstattjahr führt junge Menschen schrittweise an das Ziel einer Integration in den Arbeitsmarkt heran, im Idealfall über die Herstellung der Ausbildungsreife und die anschließende Aufnahme einer Berufsausbildung. Die Einführung des Werkstattjahres zum September 2018 wurde dabei in geübter Praxis mit den Partnern im Arbeitskreis Ausbildungskonsens abgestimmt und ebenfalls vom ESF- Begleitausschuss des Operationellen Programms des Europäischen Sozialfonds (ESF) in NRW im ordnungsgemäßen Verfahren mitgetragen.