LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6381 28.05.2019 Datum des Originals: 28.05.2019/Ausgegeben: 03.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2397 vom 26. April 2019 der Abgeordneten Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/5939 Jülicher Atomkugeln: Schaut die Landesregierung zu, wie das Forschungszentrum Jülich ein neues Zwischenlager in Jülich sabotiert? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Noch immer lagern in Jülich 152 Behälter mit AVR-Brennelementen (AVR = Arbeitsgemeinschaft Versuchsreaktor) ohne gültige Genehmigung. Die Landesregierung hat zuletzt mit der Vorlage 17/931 vom 30. Juni 2018 zum aktuellen Stand der Prüfung der drei in Rede stehenden Optionen für den weiteren Verbleib der AVR-Brennelemente Stellung genommen. Die Verantwortung wird von der Landesregierung maßgeblich bei der Eigentümerin, der JEN Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen GmbH, gesehen: „Die Entscheidung, welche der drei Optionen die schnellstmögliche, sichere und realisierbare Alternative ist, liegt bei der JEN. Ebenso liegt die Verantwortung über die Genehmigungsverfahren und die zur Erlangung und zur Umsetzung der jeweiligen Genehmigungen notwendigen Maßnahmen bei der JEN.“ Mit Blick auf einen möglichen genehmigungsfähigen Neubau eines Zwischenlagers am Standort Jülich wurde berichtet, dass das Bundesamt für Entsorgungssicherheit (BfE) ein Gutachten zum Bemessungserdbeben im Frühjahr 2018 positiv beschieden habe und somit in einem nächsten Schritt die seismologischen Kenndaten ermittelt werden könnten. Seit kurzem ist jedoch öffentlich, dass das Forschungszentrum Jülich (FZJ) im November 2018 die 2012 gemachte Zusage, ein bestimmtes Grundstück für den Neubau des Zwischenlagers zur Verfügung zu stellen, zurückgezogen hat. Die vom FZJ hierfür gelieferte maßgebliche Begründung einer „zukunftssicheren und nachhaltigen Entwicklung des Forschungscampus“1 1 http://www.fz-juelich.de/SharedDocs/Meldungen/PORTAL/DE/2019/2019-03-13-zwischenlagerstandortsuche .html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6381 2 offenbart einen eklatanten Mangel an Verantwortungsbewusstsein für die eigene atomwirtschaftliche Historie, hält man sich vor Augen, dass die Verantwortung für die AVR- Brennelemente erst im Jahr 2015 vom FZJ in die JEN GmbH ausgelagert wurde. Als ein weiterer Grund für die Notwendigkeit der Neubewertung des vorgesehenen Grundstücks wird der gestiegene Platzbedarf für das Zwischenlager angeführt. Dieser Behauptung hat die Parlamentarische Staatsekretärin im Bundesministerium für Umwelt und Reaktorsicherheit Frau Rita Schwarzelühr-Sutter am 3. April im Bundestag vehement widersprochen2. Ganz offensichtlich versucht das FZJ durch die bewusste Behinderung der Vorbereitungen für neues Zwischenlager am Standort Jülich, dieses zu verhindern und eine Verbringung der AVR- Brennelemente ins Zwischenlager Ahaus zu erzwingen. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2397 mit Schreiben vom 28. Mai 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Das Forschungszentrum Jülich GmbH (FZJ) hat mit der Jülicher Entsorgungsgesellschaft für Nuklearanlagen mbH (JEN) eine gemeinsame Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die gegenwärtig unter Berücksichtigung aller relevanten Rahmenbedingungen sämtliche Grundstücksoptionen für einen eventuellen Zwischenlagerbau prüft. 1. Wie bewertet die Landesregierung die vom FZJ vorgetragenen Argumente für das Zurückziehen der Zusage, ein bestimmtes Grundstück für den Neubau eines Zwischenlagers für die AVR-Brennelemente zur Verfügung zu stellen? Das FZJ ist als GmbH eine Gesellschaft privaten Rechts; Gesellschafter sind die Bundesrepublik Deutschland (90 %) sowie das Land Nordrhein-Westfalen (10 %). Als GmbH ist das FZJ den handels- und wirtschaftsrechtlichen Regelungen unterworfen, die für diese Rechtsform gelten. In Wahrnehmung seiner sich hieraus ableitenden Pflichten gegenüber der Gesellschaft hat der Vorstand des FZJ hinsichtlich der Ausweisung eines Grundstücks für den möglichen Bau eines Zwischenlagers am Standort Jülich auf die im Jahr 2019 diesbezüglich vorliegenden Rahmenbedingungen hingewiesen. Diese Hinweise wurden seitens der Gesellschafter zur Kenntnis genommen und sind in die Arbeit der gemeinsamen Arbeitsgruppe von FZJ und JEN eingeflossen. 2. Ist es zutreffend, wie von der Bundesregierung in der Antwort auf die schriftlichen Fragen Nummer 464 bis 466 dargestellt, dass die Eigentümerin des in Rede stehenden Grundstücks das Land Nordrhein-Westfalen ist? Ja, das Gelände wird allerdings FZJ langfristig zur Nutzung überlassen. 2 http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/19/19091.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6381 3 3. Welche Möglichkeiten sieht das Land auf das Verhalten des FZJ und der JEN GmbH in der Frage der AVR-Brennelemente Einfluss zu nehmen? 4. Wie wird die Landesregierung dafür sorgen, dass das FZJ seiner Verantwortung gerecht wird indem es der JEN GmbH das zugesagte Grundstück für einen möglichen Neubau eines Zwischenlagers zur Verfügung stellt? Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet. Zur Beantwortung wird auf die Vorbemerkung verwiesen. 5. Welche Prüfungen, die für das bisher vorgesehene Grundstück bereits durchgeführt wurden, müssten für ein anderes Grundstück auf dem Gelände des FZJ erneut durchgeführt werden? (Bitte inklusive überschlägigem Zeitbedarf angeben) Alle für die Umsetzung dieses Vorhabens notwendigen Prüfungen sind grundsätzlich neu durchzuführen, unabhängig von der Lage eines potenziell geeigneten Standorts. Das gilt ausdrücklich auch für den 2012 identifizierten Standort. Hierzu gehören insbesondere Untersuchungen gemäß des 2017 aktualisierten „Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)“. Des Weiteren sind u.a. die vorgeschriebenen Artenschutzprüfungen gemäß Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) durchzuführen. Die Untersuchungen werden je nach Zeitpunkt (Jahreszeit) der Durchführung und Ergebnis der vorgeschriebenen Artenschutz-Vorprüfung mehrere Jahre dauern.