LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6384 28.05.2019 Datum des Originals: 28.05.2019/Ausgegeben: 03.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2412 vom 29. April 2019 der Abgeordneten Alexander Langguth und Frank Neppe FRAKTIONSLOS Drucksache 17/5962 Ausgemusterte Windkraftanlagen: Auslandseinsatz oder Recycling? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Windkraftanlagen haben sich durch den technologischen Fortschritt in den vergangenen Jahren verändert. Die durchschnittliche Leistung stieg laut dem Bundesverband WindEnergie zwischen den Installationsjahren 2000 und 2018 von 1.115 KW auf 3.223 KW. Gleichzeitig veränderte sich auch ihr Erscheinungsbild hinsichtlich der Größe. So stieg die durchschnittliche Narbenhöhe im gleichen Zeitraum um 61m auf 132m und der Rotordurchmesser um 60m auf 118m.1 In Nordrhein-Westfalen stehen mit Stand 2018 3.726 Anlagen.2 Deutschlandweit gebe es laut der EnergieAgentur.NRW, ein Dienstleister des Landes NRW, viele Anlagen der ersten Generation, welche demnächst das Ende ihrer Betriebszeit erreichen oder aus der Förderung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetz fallen.3 Durch den Wegfall der Förderung entstehen wirtschaftliche Anreize, funktionsfähige Altanlagen durch modernere Windkraftanlagen zu ersetzen. Altanlagen müssen abgebaut werden, wenn sie ersetzt werden oder sich für den Weiterbetrieb technisch oder wirtschaftlich nicht eignen.4 1 https://www.wind-energie.de/themen/zahlen-und-fakten/ (abgerufen am 15.04.2019) 2 https://www.wind-energie.de/themen/zahlen-und-fakten/bundeslaender/ (abgerufen am 15.04.2019) 3 https://www.energieagentur.nrw/blogs/erneuerbare/recycling-wie-werden-rotorblaetter-entsorgt/ (abgerufen am 15.04.2019) 4 Vgl. https://www.wind-energie.de/themen/politische-arbeit/weiterbetrieb-und-repowering/ (abgerufen am 15.04.2019) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6384 2 Da sich dem Bundesverband WindEnergie folgend nicht für alle abgebauten Bestandsanlagen ein Zweitmarkt finde, müssen einige recycelt werden. Die größte Herausforderung hierbei sei die Verwertung der in den Rotorblättern enthaltenen Verbundwerkstoffe.5 Zur Zusammensetzung des Rotorblatts heißt es: „Die Rotorblätter einer WEA [Windkraftanlage, Anm. d. Verfassers] sind in der Regel aus Glasfaser (GFK), Kohlefaser (CFK) und Polyester-, Vinylester- oder Epoxydharz gefertigt. Hinzu kommen zusätzliche Stützmaterialien in den Faserverbundbauteilen zum Einsatz. Ebenso werden zur Blitzableitung metallische Leitungen ins Blatt integriert, diese sind meist aus Kupfer oder Aluminium. Zur Verhinderung von Eisbildung werden weitere Metalle in Form von Heizelementen an der Vorderkante des Rotorblatts verwendet.“6 Die Deponierung des Materials ist bei gegebener Rechtslage nicht möglich.7 Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2412 mit Schreiben vom 28. Mai 2019 namens der Landesregierung Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Wie viele Windkraftanlagen wurden jährlich in den vergangenen fünf Jahren in NRW abgebaut? In den vergangenen fünf Jahren wurden entsprechend der nachfol-genden Tabelle insgesamt 248 Anlagen stillgelegt. Stilllegungsjahr Anzahl stillgelegter Anlagen 2014 113 2015 37 2016 32 2017 60 2018 6 Gesamt 2014 - 2018 248 Die Zahl der in den letzten fünf Jahren abgebauten Anlagen ist der Landesregierung nicht bekannt. 5 https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/hintergrundpapiereoeffentlich /themen/Technik/20171221_hintergrundpapier_moeglichkeiten_des_recyclings_von_rotorbl aetter.pdf (abgerufen am 15.04.2019) 6 https://www.wind-energie.de/fileadmin/redaktion/dokumente/hintergrundpapiereoeffentlich /themen/Technik/20171221_hintergrundpapier_moeglichkeiten_des_recyclings_von_rotorbl aetter.pdf (abgerufen am 15.04.2019) 7 Vgl. Ebenda sowie https://www.energieagentur.nrw/blogs/erneuerbare/recycling-wie-werdenrotorblaetter -entsorgt/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6384 3 2. Wie viele Windkraftanlagen werden jährlich bis 2026 nach Kennt-nis und Erwartung der Landesregierung in NRW abgebaut? 3. Wie viele der Windkraftanlagen aus Frage 2 können nach Erwar-tung der Landesregierung ins Ausland veräußert werden? Die Fragen 2 und 3 werden gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung ist nicht bekannt, wie viele Windenergieanlagen in den nächsten Jahren abgebaut werden. Auch ist nicht abschätzbar, wie viele der bis 2026 abzubauenden Anlagen ins Ausland veräußert werden. 4. Welche Kapazitäten zum Recycling von Rotorblättern stehen in NRW jährlich zur Verfügung? 5. Sollten in NRW keine ausreichenden Kapazitäten zum Recycling von jährlich ausgemusterten Rotorblättern zur Verfügung stehen: Welche Maßnahmen plant die Landesregierung, um entsprechende Kapazitäten am Standort NRW aufzubauen? Die Fragen 4 und 5 werden gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung ist derzeit in Nordrhein-Westfalen keine Anlage bekannt, die spezifisch mit dem Ziel des Recyclings von Rotorblättern betrieben wird. Das Umweltbundesamt (UBA) führt derzeit das Projekt „Entwicklung eines Konzepts und Maßnahmen für einen ressourcensichernden Rückbau und das Recycling von Windenergieanlagen durch, in dessen Rahmen auch Anlagen zum Recycling von Rotorblättern in Deutschland ermittelt wurden. Die Auftragnehmer konnten lediglich eine Recyclinganlage in Bremen ermitteln, die Rotorblätter und andere Abfälle aus glasfaserverstärkten Kunststoffen annimmt. In der Anlage werden Metalle und carbonfaserverstärkte Kunststoffe abgetrennt und anschließend wird eine Zerkleinerung durchgeführt. Die zerkleinerten Abfälle werden in einem Zementwerk eingesetzt. Die brennbaren Anteile liefern dabei Energie und insbesondere die Glasfaseranteile gehen in den Zementklinker über. Nach Angaben des Betreibers ist die Anlage in Bremen derzeit mit der Aufbereitung von Abfällen aus glasfaserverstärkten Kunststoffen nicht voll ausgelastet. Der Betreiber erwartet, dass er mit der bestehenden Anlage alle anfallenden Mengen aus dem Rückbau von Windenergie-anlagen in Deutschland verwerten kann. Eine weitere Anlage plant er daher nicht. Im Rahmen des UBA-Projektes, dessen Ergebnisse demnächst veröffentlicht werden, wurde eine Prognose zu zukünftigen Mengen an ab-gebauten Rotorblättern erstellt. Danach ist in Deutschland bis Anfang der 2030er Jahre zunächst mit sinkenden Mengen an glasfaserverstärkten Kunststoff -Verbunden zu rechnen. Ab Anfang der 2030er Jahre ist mit einem Anstieg von rund 20.000 t/a auf bis zu 70.000 t/a Ende der 2030er Jahre und anschließend wieder mit einem Mengen-Rückgang zu rechnen. Das UBA beabsichtigt, in einem Anschlussprojekt insbesondere die Verwertung von Rotorblättern näher zu untersuchen. Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen wird die Entwicklung auf diesem Gebiet intensiv beobachten. Das Land Nordrhein-Westfalen fördert außerdem Projekte an der RWTH Aachen zur Nutzung und zur Entsorgung faser-verstärkter Kunststoffe. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6384 4 Rotorblätter sind nicht-gefährliche gewerbliche Abfälle. Für die Entsorgung dieser Abfälle sind die Abfallerzeuger verantwortlich. Das Land hat keine Pläne zum Aufbau von Verwertungskapazitäten für Rotor-blätter am Standort Nordrhein-Westfalen.