LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/643 14.09.2017 Datum des Originals: 14.09.2017/Ausgegeben: 19.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 197 vom 17. August 2017 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/366 Die Schweinepest kommt Nordrhein-Westfalen immer näher. Was unternimmt die Landesregierung angesichts dieser Bedrohung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In letzter Zeit häufen sich die Meldungen über Haus- und Wildschweine, die an der Afrikanische Schweinepest (ASP) erkrankt sind. Nach Angaben des Friedrich-Loeffler-Instituts (FLI, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit) hat sich die Seuche in den Jahren 2014 und 2015 in die vier EU-Mitgliedsstaaten Litauen, Polen, Lettland und Estland und von dort aus weiter in Richtung Westen und Norden ausgebreitet. Ende Juni wurden in der Tschechischen Republik in der Grenzregion zur Slowakei weitere Fälle gemeldet, im August ebenso in Polen. Die ASP hat sich damit ca. 400km nach Westen ausgebreitet und ist nur noch ca. 300km von Deutschland entfernt. Das FLI hat das Seuchenrisiko für Deutschland daraufhin offiziell erhöht. Die Seuche wird durch einen hoch ansteckenden Virus hervorgerufen, der für Haus- und Wildschweine gefährlich ist, denn die Sterberate liegt bei nahezu 100 Prozent. Auch wenn das Virus für den Menschen nicht schädlich ist, würde eine Übertragung des Virus auf die heimischen Beständen immense wirtschaftliche Schäden für die hiesigen Landwirte bedeuten. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 197 mit Schreiben vom 14. September 2017 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist eine Viruserkrankung der Wild- und Hausschweine, die nach der Ansteckung zu ca. 90 % tödlich endet. Im Gegensatz zur Klassischen Schweinepest (KSP), die im Jahre 2006 im Hausschweinebereich große Tierverluste mit LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/643 2 enormem wirtschaftlichen Schaden verursacht hat, ist die ASP jedoch deutlich weniger kontagiös. Sie wird innerhalb der Population insbesondere und am effektivsten durch Blut übertragen. Die Einschleppung kann jedoch auch durch achtlos entsorgte Lebensmittelreste (z.B. Rohwurst-Reste) erfolgen, die aus dem Fleisch infizierter Schweine hergestellt wurde. Eine solche Einschleppung ist rein zufällig und unterliegt keiner Kontrollmöglichkeit. Der aktuelle ASP-Ausbruch in Tschechien ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf eine solche Einschleppung zurückzuführen. Auch das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) als Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit und Nationales Referenzlabor für ASP, schätzt das Risiko für eine Einschleppung des ASP-Virus aktuell als hoch ein. 1. Das Virus wird über Tierkontakte (über alle Körperflüssigkeiten), kontaminierte Fahrzeuge oder Kleidung und Schuhwerk sowie über Speiseabfälle mit kontaminiertem Schweinefleisch übertragen. Welche Vorbereitungen unternimmt die Landesregierung angesichts der sich ausbreitenden Afrikanischen Schweinepest, um die heimischen Bestände vor einer Erkrankung zu schützen? Die Landesregierung ist sich des großen Risikos für die Wild- und Hausschweinbestände in Nordrhein-Westfalen bewusst und nimmt die Sorgen der Schweinehalter/innen sehr ernst. Am 17.08.2017 hat es deshalb auf Einladung des Ministeriums eine Besprechung mit Vertretern der Jagdverbände, der Landwirtschaftsverbände, der Veterinärbehörden, der Grundeigentümerverbände, sowie des Städte- und Landkreistages gegeben, bei dem der aktuelle Sachstand dargestellt und erste Lösungen zum Umgang mit der ASP vorgestellt wurden. Alle Beteiligten sind sich der Notwendigkeit einer Absenkung der heimischen Wildschweinpopulation bewusst, um eine Erregerausbreitung im Infektionsfall einzudämmen. Am 30.08.2017 tagte die Sachverständigengruppe ASP mit Vertretern der Jagd- und Veterinärbehörden, des Schweinegesundheitsdienstes und der Forschungsstelle für Jagdkunde und Wildschadenverhütung, um mögliche Szenarien abzubilden und Bekämpfungsstrategien zu entwickeln, die Hand in Hand mit allen Beteiligten umgesetzt werden. Die Bevölkerung wurde durch entsprechende Pressemitteilungen für die Gefahr durch die ASP senbilisiert. Darüber hinaus wird der Landesbetrieb Straßenbau NRW das Erfordernis einer Frequenzerhöhung bei der Leerung der vorhandenen Müllbehälter sowie die vorhandenen Abzäunungen an den Rastanlagen auf Beschädigungen prüfen. Bei Bedarf werden an besonders gefährdeten Stellen zusätzliche Abzäunungen gegen Wildschweine errichtet. Im Übrigen erfolgt ein stetiger fachlicher Austausch mit dem Bund und den anderen Bundesländern, um den aktuellen Sachstand abzugleichen und sich bezüglich der Bekämfpungsstrategien abzustimmen. An diesem Austausch nimmt auch das FLI in seiner beratenden Funktion als nationales Referenzlabor teil. 2. Gibt es angesichts einer drohenden Übertragung veränderte Hygiene- oder Haltungsvorgaben, insbesondere für große Schlachthöfe? Schweinehaltungen und Schlachthöfe sind aufgefordert, die Biosicherheitsmaßnahmen zur Verhinderung einer Seucheneinschleppung und –verbreitung konsequent zu beachten. Dazu LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/643 3 gehört bei den Haltungen insbesondere auch die Vermeidung des Kontaktes von Haus- zu Wildschweinen. Die Landesregierung geht davon aus, dass sich insbesondere die großen Schlachthöfe ihrer Verantwortung bewusst sind und ihre vorhandenen Konzepte für den Seuchenfall einer Prüfung auf Aktualität unterziehen. Auch das FLI schätzt die Wahrscheinlichkeit, dass die ASP zunächst in die Wildschweinpopulation eingeschleppt wird höher ein, als einen Eintrag in die Hausschweinepopulation. Demnach ist die Wahrscheinlichkeit eher gering, dass von den Schlachthöfen eine Gefahr für die Hausschweinebestände ausgeht. 3. Inwieweit tragen die international vernetzten Handels- und Transportwege in der industriellen Landwirtschaft zur Erhöhung des Risikos von Seuchenfällen bei? Das FLI schätzt in seiner aktuellen Risikobewertung das Risiko für eine Einschleppung über die Verkehrsinfrastruktur und eine damit ggf. verbundene illegale Verbringung und Entsorgung von kontaminiertem Material allgemein als hoch ein. Diese Einschätzung bezieht sich nicht explizit auf die Handelsaktivitäten im landwirtschaftlichen Sektor. 4. Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat ein mehrsprachiges Warnplakat erstellt, das insbesondere Reisende und Transporteure dazu auffordert, Speisereste korrekt, das bedeutet für Wildschweine nicht zugänglich, zu entsorgen. Wie und wo wurden diese Warnungen an Rasthöfen o.ä. in Nordrhein-Westfalen angebracht? Die Warnplakate des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wurden vom Landesbetrieb Straßenbau NRW an allen Autobahnparkplätzen mit WC-Anlagen entlang der BAB 1 und BAB 2 im Bereich der Autobahnniederlassung Hamm aufgehängt. Den darüber hinaus erforderlichen Aushang an den Autobahntank- und -raststätten regelt das BMEL unmittelbar mit der hier zuständigen Autobahn Tank & Rast Gruppe GmbH. Das mittlerweile durch das BMEL zur Verfügung gestellte Warnplakat soll zudem dem Bundesamt für Güterverkehr in großer Stückzahl zugehen, um es auf diesem Wege möglichst vielen Fernfahrern zukommen zu lassen. 5. Setzt die Landesregierung sich angesichts der Bedrohungslage durch die Schweinepest für eine aktive Impfschutzpolitik und die Entwicklung wirksamer Impfstoffe ein? Wie bereits in der Vorbemerkung dargestellt, handelt es sich bei der KSP und ASP um unterschiedliche Erkrankungen, die von völlig unterschiedlichen Virusarten ausgelöst werden. Der Erreger der ASP ist ein Virus aus der Familie der sog. Asfarviren. Aufgrund seines komplexen Aufbaus ist es der Forschung bisher trotz intensivster Bemühungen weltweit nicht gelungen, einen Impfstoff herzustellen. Bestätigt wird dies durch das FLI, demzufolge auch in absehbarer Zeit kein zugelassener Impfstoff zu erwarten ist.