LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6458 05.06.2019 Datum des Originals: 05.06.2019/Ausgegeben: 11.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2508 vom 8. Mai 2019 des Abgeordneten Josef Neumann SPD Drucksache 17/6210 Gesetzliche Notstrom-Pflicht für alle Einrichtungen mit Beatmungspatienten Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Es gibt immer mehr Einrichtungen, in denen Patientinnen und Patienten betreut werden, die auf Beatmungsgeräte angewiesen sind. Anders als bei Krankenhäusern gibt es für diese Einrichtungen keine gesetzliche Vorschrift, dass sie über Notstrom verfügen müssen. Ein Stromausfall ohne Notstromaggregat kann für Beatmungs-Patienten binnen kurzer Zeit zu lebensbedrohlichen Zuständen führen. Auch für die private Versorgung von sauerstoffpflichtigen Menschen existiert derzeit keine gesetzliche Regelung zur Bereithaltung eines Notstromgerätes. Die Krankenkassen verweigern mit dem Verweis auf eine fehlende gesetzliche Regelung häufig eine Kostenübernahme. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2508 mit Schreiben vom 5. Juni 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass es in Einrichtungen für Beatmungspatienten Probleme bei Stromausfall mit der Notstromversorgung gibt? 3. Wie viele Fälle sind der Landesregierung bekannt, bei denen es Probleme mit der Notstromversorgung bei Stromausfällen in Einrichtungen mit Beatmungspatienten gab? Die Fragen 1 und 3 werden wegen ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung ist sich bewusst, dass es sich bei den Menschen, die in Einrichtungen für Beatmungspatienten leben, um eine besonders schützenwerte Personengruppe handelt. Die Gefahr von Problemen bei Stromausfällen in Einrichtungen mit Beatmungs-patienten ist bei einem solch unterstützungsbedürftigen Personen-kreis latent gegeben. Bisher wurden der Landesregierung jedoch keine konkreten Fälle des Stromausfalls von Notstromversorgungen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6458 2 bekannt. Fallzahlen hierzu liegen der Landesregierung nicht vor. Ergänzend wird auf die Drucksache 16/11971 des Landtages Nordrhein-Westfalen vom 11.05.2016 verwiesen. 2. Wie ist die aktuelle gesetzliche Regelung bei der Notstromversorgung von Beatmungspatienten in Einrichtungen sowie bei der privaten Versorgung von sauerstoffpflichtigen Menschen bezüglich der Bereithaltung eines Notstromgerätes auch im Hinblick auf die Zuständigkeit für die Finanzierung? Die von der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierten Beatmungsgeräte verfügen für den Fall eines Stromausfalles über einen eingebauten Stromspeicher (Batterie). Dieser ermöglicht für eine gewisse Zeit eine weitere Beatmung. Darüber hinaus stellt die gesetzliche Krankenversicherung für Beatmungspatienten mit Beatmungszeiten von mehr als zwölf Stunden ein zweites Beatmungsgerät zur Ver-fügung für den Fall, dass es bei dem „Erstgerät“ zu einem technischen Defekt kommt. Durch die beiden Stromspeicher der Beatmungsgeräte können Stromausfälle von ungefähr 4-6 Stunden kompensiert werden. Beatmungspatienten mit Beatmungszeiten unterhalb von zwölf Stunden haben zwar nur ein Gerät vor Ort und damit nur 2-3 Stunden Akkukapazität, besitzen aber auch die Möglichkeit Stromausfallzeiten spontanatmend zu überbrücken. In Fällen, bei denen die eigene Atmung nicht gegeben oder aus-reichend ist, sind die anwesenden Pflegefachkräfte darin geschult, die Beatmung mit einem Beatmungsbeutel, der ebenfalls von der gesetzlichen Krankenkasse finanziert und bei Beatmungspatienten vorgehalten wird, manuell zu gewährleisten. Sauerstoffpflichtige Menschen sind in der Regel ebenfalls mit mobilen Geräten, die einen internen Akku haben, versorgt. Die Versorgung alleine mit Sauerstoffflaschen benötigt keine elektrische Energie. Nach Informationen der AOK Rheinland/Hamburg und der AOK NordWest sind dort keine Fälle bekannt, in denen es bei Stromaus-fällen Probleme in der Notstromversorgung gab. Nach Angaben der AOKen informieren einige Leistungserbringer sogar den zuständigen Stromanbieter über Standorte, an denen sich beatmungspflichtige Patienten aufhalten (z. B. Wohngemeinschaften, eigene Häuslichkeit usw.), damit dieser im Bedarfsfall vorrangig dort die Stromversorgung wiederherstellt. Einige Wohngemeinschaften halten auch auf eigene Initiative Notstromversorgungen vor. Hinsichtlich der fraglichen Kostenübernahme ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei einem Notstromaggregat grundsätzlich nicht um ein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung handelt. Insbeson-dere bei stationären Pflegeeinrichtungen ist nach Auffassung der Krankenkassen ein Notstromaggregat dem sogenannten investiven Bereich zuzuordnen und fällt somit nicht in die Zuständigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung. 4. Wie bewertet die Landesregierung die fehlende gesetzliche Regulierung bezüglich einer Notstromversorgung für Betreiber von Einrichtungen mit Beatmungs-Patienten? Das Wohn- und Teilhabegesetz selbst sieht bisher keine speziellen ordnungsrechtlichen Anforderungen für die unter das Gesetz fallenden Pflege- und Betreuungseinrichtungen in Bezug auf Notfallplanungen in kritischen Gefahrenlagen, u. a. längerdauernden LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6458 3 Stromausfällen, vor. In § 4 Abs. 7 WTG ist allerdings ein Verweis auf die baurechtlichen Vorschriften enthalten. Nach der Muster-Richtlinie über brandschutz-technische Anforderungen an Leitungsanlagen, die bauordnungs-rechtlich als technische Baubestimmung eingeführt ist, dürfen Beatmungsgeräte an in Gebäuden vorhandene Sicherheitsstromversorgungsanlagen angeschlossen werden, soweit sie die Anlage nicht beeinträchtigen. Der jeweilige Einrichtungsbetreiber entscheidet damit selbst, ob er einen Anschluss an eine vorhandene Sicherheitsstromversorgungsanlage für erforderlich hält. Bisher ist es nicht Teil der Prüfkompetenz der WTG-Behörden, Notfallplanungen für kritische Szenarien zu hinterfragen und diese ggf. einzufordern. Geeignete Maßnahmen sind vorrangig durch die Einrichtungsbetreiber als Anbieter der Pflege-/Betreuungsleistungen nach vorher ausgearbeiteten Notfallplänen zu treffen. Von hier sollten bei Bedarf auch andere Behörden, v. a. die Feuerwehr, eingeschaltet werden. Die WTG-Behörden nehmen als Ordnungsbehörden ggf. eine Beratungs- oder Überwachungsfunktion wahr; ggf. müssen in Absprache mit den Einrichtungsbetreibern von dort Verlegungen der Bewohner/innen veranlasst werden. Die Durchführungsverordnung zum Wohn- und Teilhabegesetz (WTG DVO) befindet sich derzeit nachdem der Landtag sein Einvernehmen erklärt hat im Veröffentlichungswege. Um zumindest eine Mindestanforderung zur Vorhaltung einer Notstromversorgung in intensivpflegerischen Einrichtungen gesetzlich im Heimrecht zu verankern, wird der § 25 WTG DVO wie folgt geändert: a) Dem Wortlaut wird folgender Absatz 1 vorangestellt: „(1) Die Leistungsanbieterin oder der Leistungsanbieter hat, soweit die Versorgung von Nutzerinnen und Nutzern mit intensiv-pflegerischem Betreuungsbedarf es erfordert, jederzeit eine Notstromversorgung zu gewährleisten.“ Ein Inkrafttreten der Verordnung wird in Kürze erwartet.