LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6460 05.06.2019 Datum des Originals: 05.06.2019/Ausgegeben: 11.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2445 vom 7. Mai 2019 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky, Markus Wagner, Iris Dworek-Danielowski AfD Drucksache 17/6143 Kita-Kinder in Gefahr? Plant die Diakonie in der „Kindertagesstätte Steubenstraße“ in Düsseldorf, die Kinder durch einen radikalen Islamisten über den Islam aufklären zu lassen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 8. März 2019 berichteten mehrere Medien übereinstimmend, dass der bosnische Imam Asmer U. Kinder in einer evangelischen Tagesstätte in Düsseldorf-Reisholz über den Islam aufklären soll. Das evangelisch-muslimische Gemeinschaftsprojekt wurde von der Diakonie Düsseldorf als Trägerin der Kita Steubenstraße im Stadtteil Reisholz gemeinsam mit dem Kreis der Düsseldorfer Muslime (KDDM) ins Leben gerufen. „Wir sind überzeugt, dass das Projekt hilft, offen und tolerant miteinander umzugehen", sagte Diakoniepfarrer Thorsten N. Die Islamismus-Expertin Sigrid H.- M. stieß jedoch bei ihrer Untersuchung der öffentlich einsehbaren Facebook-Seite von Asmer U. auf Inhalte, die „eher radikal-fundamentalistisches Gedankengut des Imams vermuten lassen". Dabei soll es sich um Beiträge aus der Salafisten- Szene, Inhalte des radikalen bosnischen Portals „SAFF", Inhalte international bekannter Hassprediger wie etwa Salman A. oder Zakir N. sowie um antisemitische Inhalte gehandelt haben. Besonders erschreckend sei dabei ein Bild gewesen, das ein knapp zweijähriges Mädchen bis aufs Gesicht verhüllt zeigte. Das berichtete das Regionalportal NRW.direkt am 14. März 2019 unter Berufung auf eine Pressemitteilung von Sigrid H.-M.1 In dieser Mitteilung sagte Sigrid H.-M.: „Die Zusammenarbeit der Diakonie mit dem KDDM ist sicherlich gut gemeint. Aber guter Wille entbindet nicht von der Verantwortung, der man dabei auch gerecht werden muss. Hätte man sich bei der Diakonie die Mühe gemacht, sich das Facebook-Profil dieses Imams näher anzuschauen, hätte man schnell gesehen, dass es sich hier nicht um einen liberalen Imam handelt, dem man Kinder anvertrauen darf." 1 http://nrw-direkt.net/kita-imam-radikalerfundamentalist /?fbclid=IwAR0F60nlJR9eusiWrQAHUMNd0yy9yBE76wL- 539LDuWo1DqaRM577pxdAuk LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6460 2 In einem weiteren Artikel am 17. März 2019 berichtete NRW.direkt, dass Asmer U. die entsprechenden Beiträge auf seiner Facebook-Seite noch am 14. März wieder gelöscht hat.2 Kirchliche Bildungsträger erhalten nach § 19 des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz - KiBiz) in NRW öffentliche Mittel, die sich nach der Kindpauschale abzüglich des Eigenanteils des Trägers berechnen. An den Betrieb und die Aufsicht einer Kinderbetreuungseinrichtung stellt der Gesetzgeber nach § 45 (2) 1. SGB VIII die Forderung, dass „die dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind". Umso mehr steht bei einem Bezug öffentlicher Mittel auch das Kindeswohl im Mittelpunkt. Diese verantwortliche Sorge bezieht sich auch auf die Auswahl jener Personen, die Zugang zu den betreuten Kindern erhalten. Der Zugang von Personen, die möglicherweise ein fundamentalistisches Weltbild vermitteln, lässt nicht nur nach der hinreichenden Berücksichtigung des Kindeswohls, sondern auch nach der konzeptionellen Zuverlässigkeit des Trägers fragen. Die Antwort der Landesregierung auf eine andere Anfrage zu diesem Thema3 hat noch Fragen offen gelassen. So machte die Landesregierung keine Angaben zu Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden bezüglich des Imams Asmer A. oder zu einer zukünftigen Sicherstellung des Kindeswohls in Kindertagesstätten. Ein Verweis auf die eigene Verantwortung der Träger bei der Auswahl pädagogischer Konzepte und der personellen Besetzung erscheint in diesem Zusammenhang nicht ausreichend. Zudem sollte es in Erwägung gezogen werden, die Zuverlässigkeit des betroffenen Trägers zu überprüfen. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 2445 mit Schreiben vom 5. Juni 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten, dem Minister des Innern und der Ministerin für Schule und Bildung beantwortet. 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung sowie dem Landesverfassungsschutz zum Imam Asmer A. vor? Aus datenschutzrechtlichen Gründen können grundsätzlich keine personenbezogenen Daten zu einzelnen, individualisierbaren Personen mitgeteilt werden. 2. In welcher Höhe erhält die Diakonie Düsseldorf im Rahmen des KiBiz und der KiBiz-DVO Landesmittel für die Kita in der Steubenstraße? Im Kindergartenjahr 2019/2020 erhält die Diakonie Düsseldorf – Ev. Tageseinrichtungen für Kinder für die Ev. Tageseinrichtung für Kinder Steubenstraße Landesmittel in Höhe von 134.272,21 Euro. 2 http://nrw-direkt.net/schweigen-zu-enthuellungen-ueber-kitaimam /?fbclid=IwAR1xz_iTFVJH9hamafbYQW1GEkFLRFighEBZuAIKwVAEURpKiAgUBzfqgdg 3 Vergleiche Drucksache 17/5911 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6460 3 3. Ist die vom Gesetzgeber geforderte Zuverlässigkeit des Trägers Diakonie Düsseldorf - sofern die Vorwürfe gegen den Imam Asmer U. bestätigt werden - mit dessen Einbindung im religionspädagogischen Konzept der Diakonie weiterhin gewährleistet? Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass die gesetzlich geforderte Zuverlässigkeit des Trägers nicht gewährleistet ist. 4. Welche konkreten Maßnahmen plant die Landesregierung zu ergreifen, falls sich die Vorwürfe gegen Asmer U. nach einer Sichtung der von der Islamismus- Expertin Sigrid H.-M. sichergestellten Beweise bewahrheiten? 5. Wie möchte die Landesregierung in Zusammenarbeit mit den Trägern in Zukunft verhindern, dass radikale Islamisten in direkten Kontakt mit Kita- und Schulkindern kommen? Die Fragen 4 und 5 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Betrieb einer Kindertageseinrichtung obliegt der Betriebserlaubnis-pflicht nach § 45 SGB VIII. Die Betriebserlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder in der Einrichtung gewährleistet ist. Gemäß § 47 SGB VIII besteht seitens des Trägers eine Meldepflicht bei Ereignissen oder Entwicklungen, die geeignet sind, das Wohl der Kinder zu beeinträchtigen. Sind in der Einrichtung Mängel festgestellt worden, soll das zuständige Landesjugendamt zunächst den Träger der Einrichtung über die Möglichkeiten der Beseitigung der Mängel beraten. Werden festgestellte Mängel nicht behoben, so können dem Träger der Einrichtung Auflagen erteilt werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Kinder oder Jugendlichen erforderlich sind. Gemäß § 2 KiBiz orientiert sich Bildungs- und Erziehungsarbeit in den Kindertageseinrichtungen am Wohl des Kindes. § 13a KiBiz legt fest, dass die Träger zudem eine pädagogische Konzeption für die Einrichtung vorzuhalten haben, mit der auch sichergestellt werden muss, dass die Rechte der Kinder gewahrt sind. Pädagogische Projekte, die im allgemeinen gesetzlichen Rahmen sowie im Rahmen der Vorgaben des KiBiz und der „Grundsätze zur Bildungsförderung für Kinder von 0 bis 10 Jahren in der Kindertagesbetreuung und Schulen im Primarbereich“ umgesetzt werden, werden von den Trägern der Kindertageseinrichtungen in eigener Verantwortung durchgeführt. Eventuell erforderliche Maßnahmen zur Beendigung solcher Projekte liegen ebenfalls in der Verantwortung der Träger, bzw., sofern es Anhaltspunkte gibt, dass ein Verstoß gegen die Betriebserlaubnis vorliegt, dem zuständigen Landesjugendamt.