LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6463 31.05.2019 Datum des Originals: 29.05.2019/Ausgegeben: 12.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2434 vom 3. Mai 2019 des Abgeordneten Alexander Langguth FRAKTIONSLOS Drucksache 17/5992 # Zu teure Freizeitangebote in den JVA‘en in NRW? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach einem Bericht des WDR1 sind Anfang März 2019 zwei Mitglieder der Gruppe "RebellComedy" in der JVA Bochum vor Gefangenen aufgetreten. Dies sei mit Kosten von 6.000 Euro viel zu teuer gewesen, kritisiert der Bund der Strafbediensteten BSBD. Dabei habe die Show nur eine Stunde gedauert. Außerdem würden Künstler in den JVA‘en häufig ehrenamtlich auftreten. Nach dem Bekanntwerden verlange nun auch das NRW-Justizministerium Aufklärung, denn Angebote für Integration und Freizeit seien zwar wichtig für die Resozialisierung der Gefangenen, doch Gefängnisse müssten sparsam und wirtschaftlich mit Steuergeldern umgehen. Bis Ende April sollte die JVA Bochum in einem Bericht die hohen Kosten begründen. Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2434 mit Schreiben vom 29. Mai 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1 https://www1.wdr.de/nachrichten/ruhrgebiet/comedy-show-im-gefaengnis-sorgt-fuer-aerger- 100.html , aufgerufen am 27.04.2019. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6463 2 Vorbemerkung der Landesregierung Nach § 50 Satz 1 Strafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen, § 39 Satz 1 Jugendstrafvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen und § 14 Satz 1 Untersuchungshaftvollzugsgesetz Nordrhein-Westfalen erhalten Gefangene Gelegenheit, ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten. Die korrespondierende Verpflichtung, insbesondere Angebote zur kulturellen Betätigung, Bildungs- und Sportangebote sowie Angebote zur Förderung oder Entfaltung der Kreativität vorzuhalten, setzen die Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen der anstaltsspezifischen Rahmenbedingungen und des ihnen zugewiesenen Budgets nach den Grundsätzen der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit um. 1. Welche Freizeitangebote können die Häftlinge in den Justizvollzugsanstalten in NRW in Anspruch nehmen? Die Gefangenen im Justizvollzug des Landes Nordrhein-Westfalen können unter Berücksichtigung ihrer individuellen Situation und nach den örtlichen Gegebenheiten der Justizvollzugsanstalten an Freizeitmaßnahmen teilnehmen. Ungeachtet des von Sportübungsleiterinnen und Sportübungsleitern beaufsichtigten Gefangenensports werden neben Tischtennis und/oder Tischkicker in den Haftabteilungen vornehmlich Spielegruppen, Koch- und Backgruppen, Kreativ-, Theater-, Literatur- oder Musikgruppen angeboten. Darüber hinaus werden insbesondere dank des Engagements Einzelner (Justizvollzugsbedienstete, ehrenamtliche Betreuerinnen und Betreuer sowie gesellschaftlich engagierte Künstlerinnen und Künstler) vielfältige spezielle Angebote (z. B. Theatervorstellungen, musikalische Auftritte, Poetry Slam, Lesungen und Vorträge) unterbreitet. Eine vollständige Angabe aller Freizeitmaßnahmen kann aufgrund der Vielzahl und der Vielfalt innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht erfolgen. 2. Wie viel Geld hat das Land NRW im Jahr 2018 im Durchschnitt pro Häftling für die Freizeitgestaltung ausgegeben? Die Ausgaben für die Freizeitgestaltung können angesichts der Vielzahl an Freizeitmaßnahmen und der Vielschichtigkeit der zu berücksichtigenden Kosten in der für eine Antwort auf eine Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht ermittelt werden. 3. Wie wurde der Auftritt der Gruppe „RebellComedy“ in Bochum veranlasst, bzw. wer hat über den Auftritt entschieden? Nach der Berichtslage ist der in Rede stehende Auftritt von einer Inte-grationsbeauftragten der Justizvollzugsanstalt Bochum initiiert worden. Die Entscheidung über den Auftritt hat die Anstaltsleitung getroffen. 4. Wie argumentiert die JVA Bochum in ihrem Bericht zu dem Fall, welcher bis Ende April vorliegen sollte? Die Justizvollzugsanstalt Bochum hat zu dem Auftritt der Gruppe „RebellComedy“ wie folgt berichtet: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6463 3 Im Rahmen der Integrationsarbeit sollte insbesondere der Gemeinsinn von deutschen und ausländischen Gefangenen gestärkt und ein spannungsfreies Miteinander im Vollzug gefördert werden. Bei der Betrachtung der Inhalte der Gruppe „RebellComedy“ sei die Botschaft sehr deutlich. Die Beteiligten benutzten einen Sprachstil, der für alle Gefangenen leicht verständlich sei und die Problematik des „Anderssein“ verständlich vermittle. Die Mitglieder der Gruppe „RebellComedy“ verdeutlichten jedoch auch gleichzeitig, dass sie Deutschland liebten. Es sei ihre Heimat, auch wenn es ihnen dieses Land nicht immer leicht mache. Nachhaltig appelliere „RebellComedy“, die Werte des demokratischen Staatswesens einschließlich der Rechtsstaatlichkeit, Gleichberechtigung, Toleranz und Religionsarbeit zu respektieren. In ihrem Programm ließen „RebellComedy“ sämtliche Nationalitäten aufeinandertreffen, spielten bewusst mit bekannten und gelebten Klischees und bezögen das Publikum mit ein. Wortgewaltig und mit vollem Einsatz transportierten sie ihre Botschaft an das Publikum, und regten zum Nachdenken und zum Dialog miteinander an. Die Mitglieder der Gruppe seien beim Publikum gut angekommen. Ihre Botschaft beschäftigte noch Wochen danach die Gefangenen. Nach alledem hätten sich die Erwartungen an diese Veranstaltung aus Sicht der Justizvollzugsanstalt Bochum voll erfüllt. Die Justizvollzugsanstalt ist ungeachtet dieser Einschätzung gebeten worden, künftig die Einhaltung der Grundsätze der ordnungsgemäßen Haushaltsführung und im Besonderen die der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit in vollem Umfang sicherzustellen. Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Bochum hat bereits berichtet, Maßnahmen zur Sicherung der ordnungsgemäßen Durchführung zukünftiger Veranstaltungen ergriffen zu haben.