LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6526 12.06.2019 Datum des Originals: 11.06.2019/Ausgegeben: 17.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2517 vom 13. Mai 2019 der Abgeordneten Horst Becker und Wibke Brems BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6236 Sofortprogramm Strukturwandel Rheinisches Revier Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 5. April verkündete die Landesregierung, dass mit der Bundesregierung Einigkeit über ein Sofortprogramm für den Strukturwandel im Rheinischen Revier erzielt wurde. Nordrhein- Westfalen soll von den 240 Millionen Euro, welche der Bund bereitstellt, 90 Millionen Euro erhalten. Wirtschaftsminister Pinkwart äußerte sich in einer Pressemitteilung der Landesregierung äußerst zufrieden mit der Einigung: „Das Programm ist ein wichtiger erster Schritt zum schnellen Aufbau neuer Strukturen, um Wirtschaft und Innovation im Rheinischen Revier zu stärken.“1 Insgesamt empfiehlt die Kohlekommission Strukturmittel in Höhe von 40 Milliarden Euro, wovon 15 Milliarden Euro nach Nordrhein-Westfalen fließen sollen. Bereits im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD waren für diese Legislaturperiode 1,5 Milliarden Euro vorgesehen, welche sich mit je 500 Millionen Euro im Einzelplan 60 für das Jahr 2019, 2020 und 2021 widerspiegeln. Die nun zugesagten Mittel sind also nicht nur vor dem Hintergrund der empfohlenen Gesamtsumme sehr gering, sondern bilden nicht einmal die Hälfte der für dieses Jahr in Aussicht gestellten Bundesmittel ab. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2517 mit Schreiben vom 11. Juni 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, dem Minister 1 https://www.wirtschaft.nrw/pressemitteilung/90-millionen-euro-aus-dem-sofortprogramm-fuer-dasrheinische -revier-fliessen-nach LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6526 2 für Verkehr, der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur und Verbraucherschutz und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. 1. In welcher Weise setzt sich die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung für eine vollständige Erfüllung der kurzfristigen finanziellen Zusagen für den Strukturwandel in den Kohleregionen ein? 2. Wann rechnet die Landesregierung mit der Freigabe der zugesagten Strukturfördermittel für das Jahr 2019? (Bitte sowohl für die im Sofortprogramm genannten 90 Mio. Euro für NRW, als auch für die über das Sofortprogramm hinaus ausstehenden mindestens 260 Mio. Euro für alle Reviere angeben) Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs zusammen beantwortet. Die Bundesregierung ist der Aufforderung des Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ zur Finanzierung eines Sofortprogramms für die Braunkohleregionen nachgekommen. Sie hat beschlossen, hierfür 240 Mio. EUR einzusetzen, wovon 88,8 Mio. EUR auf das Rheinische Revier entfallen. Mit den Mitteln sollen bereits 2019 ausgewählte strukturwirksame Projekte aus bestehenden Bundesförderrichtlinien mit einer Laufzeit bis Sommer 2021 anfinanziert werden. Die Landesregierung erwartet insbesondere vor dem Hintergrund der am 22. Mai 2019 vom Bundeskabinett beschlossenen Eckpunkte für ein Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen eine kurzfristige Freigabe der zugesagten Strukturfördermittel für das Jahr 2019. Die Bundesregierung hat zugesichert, die für die laufende Legislaturperiode des Bundestags zugesagten, aber nicht verausgabten Mittel dem Gesamtbudget zur Förderung des Strukturwandels in den Braunkohlerevieren anzurechnen. Die Landesregierung setzt sich gemeinsam mit den anderen Braunkohleländern gegenüber der Bundesregierung für die Realisierung dieser Zusage ein. 3. In welcher Höhe werden die drei Projekte, welche das Land aus eigenen Mitteln anschiebt, gefördert? (Bitte jeweils angeben für den TH Köln Campus Rhein-Erft, die Entwicklung eines angebotsorientierten Gewerbeflächenkonzepts für das Rheinische Revier und die Stärkung der Zukunftsagentur Rheinisches Revier GmbH) Unabhängig von den aus Bundesmitteln finanzierten Projekten prüft die Landesregierung mit Unterstützung der Bezirksregierung Köln für einzelne Projekte eine Anschubfinanzierung aus Landesmitteln als einen eigenen Beitrag zum Sofortprogramm. Die Förderhöhe für einzelne Projekte steht zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht fest. 4. Wie unterscheiden sich die beiden für das Sofortprogramm ausgewählten Projekte „Store to Power“ und „Malta,“ die sich mit der Speicherung von Energie beschäftigen? Im Rahmen des Projekts „Wärmespeicherkraftwerk StoreToPower“ soll ein bestehendes Kohlekraftwerk im Rheinischen Revier zu einem Wärmespeicherkraftwerk umgerüstet werden. Dazu soll ein Wärmespeichermodul auf Basis von Flüssigsalz an einem großen Kraftwerksblock nachgerüstet werden. Nach dem Auslaufen der Kohleverstromung kann das Wärmespeicherkraftwerk vollständig mit erneuerbaren Energien betrieben und der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6526 3 Kraftwerksstandort so weiter genutzt werden. Ziele sind der Nachweis der technischen Machbarkeit des Anlagenkonzepts und die Demonstration des Zusammenspiels mit einem Bestandskraftwerk. Bei dem Projekt „Malta Hochtemperatur Wärmepumpen Stromspeicher (MHWS)“ geht es hingegen um eine allgemein einsetzbare Stromspeicherlösung für die erneuerbare Stromerzeugung. Es soll unter Einsatz einer Hochtemperatur-Wärmepumpe das Flüssigsalz- Wärmespeichermedium bei elektrischer Beladung bis auf 565 Grad Celsius erwärmt und damit der Belade-/Entlade-Wirkungsgrad von knapp 40% heutiger Technik auf nahe 60% verbessert werden. Die technoökonomische Machbarkeit des MHWS-Konzeptes soll weltweit zum ersten Mal in einem Reallabor im Brainergy Park Jülich demonstriert werden. Beide Projekte leisten damit einen wichtigen und nachhaltigen Beitrag für die Speicherung erneuerbarer Energien und zur Versorgungssicherheit. Zudem werden wichtige Impulse für Wertschöpfung und Beschäftigung in der vom Strukturwandel betroffenen Region gegeben. 5. Welche Bedeutung misst die Landesregierung der frühzeitigen Entwicklung eines Leitbildes für den Strukturwandelprozess im Rheinischen Revier bei? Die Entwicklung eines auf den Stärken und Potenzialen des Rheinischen Reviers basierenden strukturpolitischen Leitbildes ist aus Sicht der Landesregierung eine wichtige Voraussetzung zur Ableitung einer konsistenten Entwicklungsstrategie sowie zur Definition entsprechender Ansatzpunkte und Ziele. In Kooperation mit zentralen gesellschaftlichen Akteuren der Region sind in den vergangenen Jahren bereits wesentliche Orientierungslinien für ein strukturpolitisches Leitbild entstanden. Diese wurden als Eckpunkte eines Wirtschafts- und Strukturprogramms im September 2018 durch die Zukunftsagentur Rheinisches Revier veröffentlicht und in den vergangenen Monaten konzeptionell verdichtet. Zentrale im Leitbild für die Gestaltung des Strukturwandels im Rheinischen Revier verankerte Vision ist die Entwicklung der Region zu einer europäischen Modellregion für Energieversorgungs- und Ressourcensicherheit. Als solche setzt das Rheinische Revier auf die nachhaltige Weiterentwicklung der industriellen Wertschöpfungsketten im Rheinischen Revier und schafft für die sinkende bzw. wegfallende Wertschöpfung aus der Kohle adäquaten Ersatz bei Wertschöpfung und Beschäftigung.