LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6536 12.06.2019 Datum des Originals: 12.06.2019/Ausgegeben: 17.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2544 vom 22. Mai 2019 der Abgeordneten Heike Gebhard und Sebastian Watermeier SPD Drucksache 17/6332 Zukunftspläne für die Zentraldeponie Emscherbruch Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch ist in weiten Teilen der Bevölkerung höchst umstritten. Die Städte Gelsenkirchen und Herne haben ebenfalls ihre Bedenken zur Deponieerweiterung geäußert. Laut eines Sachstandberichtes zu den Deponiekapazitäten in NRW vom 16.01.2018 (Bericht des Umweltministeriums) sieht man die Deponieklasse (DK) I nur noch für sieben Jahre im Regierungsbezirk Münster als gesichert an. Bei den DK II und III steht ein Volumen bis 2022 (DK II) bzw. bis 2024 (DK III) zur Verfügung. Laut Bedarfsanalyse sind im Regierungsbezirk Münster keine ausreichenden Volumina für Abfälle der Deponieklassen II und III vorhanden, mit denen die gemäß § 5a Abs. 2 Nr. 4 LAbfG NRW vorgeschriebene Entsorgungssicherheit von mindestens zehn Jahren sichergestellt werden könnte. Im Umkehrschluss heißt das für den Standort Emscherbruch, dass die Betriebsdauer durch die Erweiterung deutlich verlängert und somit die Etablierung des Standorts betrieben wird. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2544 mit Schreiben vom 12. Juni 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Welche Zukunftspläne verfolgt die Landesregierung angesichts der in den Bedarfsanalysen der DK I, II und III genannten Kapazitäten in den kommenden Jahren für den Standort Emscherbruch? Betreiber der Zentraldeponie Emscherbruch (ZDE) in Gelsenkirchen ist die Abfallentsorgungs- Gesellschaft Ruhrgebiet mbH (AGR), die am 28.11.2018 bei der zuständigen Bezirksregierung Münster einen Antrag für folgende wesentliche Änderungen des Deponiebetriebs gestellt hat: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6536 2 Erhöhung der Deponie durch die Errichtung eines Bereichs zur Ablagerung von Abfällen der Deponieklasse I oberhalb der ehemaligen Ablagerung von Hausmüll, das neu geschaffene Volumen beträgt ca. 1,2 Mio. m³, Erweiterung der ZDE um einen neuen Ablagerungsbereich (ca. 1,9 Mio. m³) für Abfälle der Deponieklasse II im Norden des Standortes, Erhöhung der Deponie im vorhandenen Ablagerungsbereich für Abfälle der Deponieklasse III um max. 10 m im Hochpunkt, das zusätzliche Volumen beträgt ca. 1,5 Mio. m³. Hierzu führt nun die Bezirksregierung Münster ein Planfeststellungsverfahren gemäß §§ 35 ff des Kreislaufwirtschaftsgesetzes durch. Die Auslegung der Antragsunterlagen ist im Frühjahr 2019 erfolgt. Die Unterlagen können unter folgendem Link eingesehen werden: https://membox.nrw.de/index.php/s/ytlvOZjigKNERpy. Die Bezirksregierung Münster wird im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens alle Belange prüfen, auch die Planrechtfertigungen für die Deponieerweiterungen der ZDE durch Bedarfsprüfungen. Diese Bedarfsprüfungen für die Erweiterungen der ZDE sind somit noch nicht abgeschlossen und wegen des laufenden Planfeststellungsverfahrens können hierzu zurzeit keine Aussagen erfolgen (siehe auch Ausführungen zur Frage 4). 2. Wie will die Landesregierung die Entsorgungssicherheit mittel- und langfristig im Land NRW respektive im Regierungsbezirk Münster sichern? In Nordrhein-Westfalen stellt das Umweltministerium als oberste Abfallwirtschaftsbehörde im Benehmen mit den fachlich betroffenen Ausschüssen des Landtags und im Einvernehmen mit den beteiligten Landesministerien Abfallwirtschaftspläne auf. Abfallwirtschaftspläne liegen in Nordrhein-Westfalen für unterschiedliche sachliche Geltungsbereiche - als Teilplan für Siedlungsabfälle und als Teilplan für gefährliche Abfälle (frühere Bezeichnung Sonderabfall) - vor. Mit den entsprechenden Bedarfsabschätzungen im Rahmen der Abfallwirtschaftsplanung stellt die Landesregierung der Entsorgungswirtschaft und den abfallerzeugenden Unternehmen eine Informationsquelle und Entscheidungsgrundlage für ihre Planungen zur Schaffung ausreichender Ablagerungskapazitäten zur Verfügung. Im Hinblick auf die zukünftige Planung von Deponiekapazitäten ist zu unterscheiden zwischen ablagerungsbedürftigen Abfällen, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern (i.d.R. Kreise und kreisfreie Städte) überlassen werden bzw. zu überlassen sind und ablagerungsbedürftigen Abfällen, die außerhalb der Überlassungspflicht entsorgt werden. Abfälle, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern zur Beseitigung auf Deponien überlassen werden bzw. zu überlassen sind, fallen in den sachlichen Geltungsbereich des Abfallwirtschaftsplans, Teilplan Siedlungsabfälle. Aus dem Abfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfälle1 geht hervor, dass mit dem auf Deponien der Deponieklassen 0, I und II in der Ablagerungsphase zur Verfügung stehendem Restvolumen im betrachteten Planungszeitraum bis 2025 und darüber hinaus die Entsorgungssicherheit für diese Abfälle gewährleistet ist. 1 https://www.umwelt.nrw.de/umwelt/umwelt-und-ressourcenschutz/ abfall-undkreislaufwirtschaft /abfallwirtschaftsplanung/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6536 3 Diese Aussagen zur Entsorgungssicherheit beziehen sich ausschließlich auf Abfälle, die den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern überlassen werden. Sie stehen damit der Erweiterung oder Errichtung von Deponien, die überwiegend oder ausschließlich auf die Entsorgung von Abfällen aus gewerblichen Herkunftsbereichen ausgerichtet sind, nicht entgegen. Für ablagerungsfähige oder ablagerungsbedürftige Abfälle, für die keine Überlassungspflicht an die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern besteht, liegt die Bereitstellung ausreichender Ablagerungskapazitäten im Verantwortungsbereich der abfallerzeugenden Industrie im Zusammenwirken mit weiteren Wirtschaftsbeteiligten. Für die Bewirtschaftung gefährlicher Abfälle wird vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW (MULNV NRW) derzeit die Fortschreibung des Abfallwirtschaftsplans - Teilplan gefährliche Abfälle - erarbeitet. Mit der Fortschreibung des Teilplans für gefährliche Abfälle werden Datengrundlagen zum Aufkommen und der voraussichtlichen Mengenentwicklung für die in Nordrhein-Westfalen erzeugten und entsorgten gefährlichen Abfälle im Planungszeitraum bis zum Jahr 2030 bereitgestellt. Für gering belastete mineralische Abfälle und mineralische Massenabfälle hatte das MULNV NRW die Prognos AG und das INFA – Institut für Abfall, Abwasser und Infrastruktur- Management GmbH mit einer Bedarfsanalyse für Deponien der Klasse I beauftragt, die zu dem Ergebnis kam, dass es landesweit Bedarf an neuen Deponiekapazitäten der Klasse I gibt. Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW hat 2017 eine Evaluierung der Bedarfsanalyse vorgenommen und dabei insbesondere die Kapazitäten und Planungen für Deponien der der Deponieklasse I zum Stand 2017 berücksichtigt. Im Ergebnis ist festzustellen, dass die vorhandenen Restvolumina voraussichtlich bis zum Jahr 2024 reichen werden. Bei Realisierung aller bekannten Planungen würde das Volumen voraussichtlich bis zum Jahr 2036 reichen. Die Bedarfsanalyse hat dazu geführt, dass insbesondere im privaten Bereich eine Vielzahl von Bestrebungen zur Errichtung von neuen Deponiekapazitäten der Klasse I bestehen. Zwischenzeitlich ist neues Deponievolumen der Klasse I eingerichtet worden. Im Hinblick auf die aktuellen Planungen zur Erweiterung der Zentraldeponie Emscherbruch ist zu berücksichtigen, dass die geplanten neuen Standorte wie auch die Erweiterung vorhandener Standorte für Deponien regional sehr unterschiedlich verteilt sind. Vor allem im Regierungsbezirk Münster ist weiterhin dringender Bedarf für Deponien, insbesondere der Deponieklasse I vorhanden. Ziel der Planungen ist es, für die Abfallerzeuger nach dem Prinzip der Nähe ortsnahe Entsorgungskapazitäten bereitzustellen und so auch Transportwege und Transportkosten gering zu halten. 3. Wieso betrachtet das Land NRW die Entsorgungssicherheit nur nach Regierungsbezirken aufgeteilt und nicht in ganz Nordrhein-Westfalen? Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes sind die zur Sicherung der Beseitigung von Abfällen im Inland erforderlichen Abfallentsorgungsanlagen (Entsorgungssicherheit) in den von den Ländern aufzustellenden Abfallwirtschaftsplänen darzustellen. Der räumliche Geltungsbereich der Abfallwirtschaftspläne für Siedlungsabfälle und für gefährliche Abfälle (Sonderabfälle) umfasst daher das Land Nordrhein-Westfalen. Dementsprechend beziehen sich die in den Abfallwirtschaftsplänen enthaltenen Aussagen zur Entsorgungssicherheit auf ganz Nordrhein-Westfalen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6536 4 Auch die Aussagen der Bedarfsanalyse zum zukünftigen Bedarf an Deponien der Deponieklasse I beziehen sich auf das Land Nordrhein-Westfalen. Zusätzlich wurden hier Auswertungen für jeden einzelnen Regierungsbezirk durchgeführt. Im Zusammenhang mit der Erarbeitung eines Regionalplans für die Planungsregion Ruhr wurde darüber hinaus eine Auswertung für das Verbandsgebiet des Regionalverbandes Ruhr (RVR) durchgeführt. Bei den Auswertungen auf Ebene der Regierungsbezirke und der Planungsregion Ruhr ist jedoch zu berücksichtigen, dass Abfallmengen, die aus angrenzenden Regierungsbezirken bzw. Regionen Nordrhein-Westfalens angeliefert werden, nicht berücksichtigt werden konnten. Dies gilt auch für die Mengen an mineralischen Abfällen, die derzeit aufgrund knapper bzw. regional nicht vorhandener Doeponieklasse I-Kapazitäten auf Deponien der Deponieklassen 0, II und III in der Ablagerungsphase entsorgt werden. 4. Wie beurteilt die Landesregierung die Pläne zur Erweiterung der Zentraldeponie, wenn ursprünglich die Stilllegung des Standortes vorgesehen war? Zur Daseinsvorsorge sind Deponien weiterhin erforderlich. Im Unterschied zu anderen Abfallentsorgungsanlagen, z.B. thermischen Abfallbehandlungsanlagen, ist die Laufzeit von Deponien durch das verfügbare Restvolumen zeitlich begrenzt. Zur Ausschleusung schadstoffbelasteter Abfälle aus dem Stoffkreislauf werden Deponien auch in Zukunft ein wichtiger Baustein einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft und als Umweltschutzmaßnahme unentbehrlich sein. Die Landesregierung unterstützt ausdrücklich Planungen und Zulassungsverfahren für die Errichtung neuer Deponiekapazitäten. Der aktuelle Bedarf an neuen Deponiekapazitäten für Deponien der Klasse I (für gering belastete Abfälle) ist belegt. Auch bei den Deponien der Klassen II (für Abfälle mit mittlerer Belastung) und III (für gefährliche Abfälle) ist es mittelfristig erforderlich, neues Deponievolumen einzurichten. Die Zentraldeponie Emscherbruch hat Ablagerungsbereiche für die Deponieklassen I, II und III und ist für die Sicherstellung der Entsorgung sowohl regional wie auch überregional von besonderer Bedeutung. Für die mittel- und langfristige Aufrechterhaltung der Entsorgungssicherheit ist die Erweiterung, Planung und Errichtung von Deponien, die überwiegend oder ausschließlich auf die Entsorgung von Abfällen aus gewerblichen Herkunftsbereichen ausgerichtet sind, bei einem entsprechenden Bedarfsnachweis zu befürworten.