LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6540 17.06.2019 Datum des Originals: 13.06.2019/Ausgegeben: 21.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2530 vom 15. Mai 2019 des Abgeordneten Jürgen Berghahn SPD Drucksache 17/6284 Weserversalzung – Steht die Landesregierung zu ihrem „Nein“ zum Bypass der Werra? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Beginn des 20. Jahrhunderts werden Abwässer der Kali-Industrie in die Werra geleitet. Von dort aus gelangen die Salze über die Weser in die Nordsee. Diese zusätzliche, nicht natürliche Salzbelastung wirkt sich gravierend auf das Ökosystem der Flüsse aus. Während im Laufe der letzten drei Jahrzehnte viele Flüsse in Deutschland durch vielfältige Maßnahmen wieder eine hohe Wasserqualität erreicht haben, bleibt die Weser ein stark versalzenes Gewässer. Die Auswirkungen sind ein stark angegriffenes Ökosystem und ein Versalzen des Grundwassers. Im Dezember 2015 beantragte die K+S Kali GmbH Kassel ein Raumordnungsverfahren (ROV) für eine Fernleitung zur Entsorgung der Salzabwässer aus dem hessisch-thüringischen Kalirevier an die Oberweser (Werra-Bypass). Bei dieser Maßnahme soll ein Anteil der Produktions- bzw. Haldenabwässer nicht in die Werra eingeleitet, sondern zur Entlastung der derzeit mit hohen Salzkonzentrationen belasteten Gewässerabschnitte der Werra mit Hilfe eines Bypasses unmittelbar in die obere Weser eingeleitet werden (vgl. Vorlage 17/346, Bericht der Landesregierung vom 01.12.2017). In der 7. Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz am 24.01.18 betonte die damalige Ministerin Christina Schulze Föcking, dass NRW sich genau wie das Land Niedersachsen gegen einen Werra-Bypass ausgesprochen habe (vgl. APr 17/162). Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2530 mit Schreiben vom 13. Juni 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6540 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Weser-Ministerkonferenz hat am 18.03.2016 für die Weser den Bewirtschaftungsplan Salz (BWP Salz) sowie das zugehörige Maßnahmenprogramm Salz (MNP Salz) beschlossen. Zur Absicherung vorhandener Unsicherheiten bzgl. der Erreichung der·vorgegebenen Zielwerte wurden erforderlichenfalls optionale Maßnahmen, u.a. eine Ausleitung (Werra-Bypass) mit einem maximalen Durchsatz von 0,8 Mio m3/a in das Maßnahmenprogramm aufgenommen. Nach dem Maßnahmeprogramm war in 2018 unter Berücksichtigung der im MNP Salz genannten Planungen, Genehmigungen und Untersuchungen zu prüfen, ob die im BWP Salz für den bestmöglichen ökologischen Zustand festgelegten Zielwerte ab 2021 in der Werra auch ohne Ausleitung erreicht werden können. Die Weser-Ministerkonferenz hat sich am 3. Dezember 2018 mit dieser Frage befasst. Sie hat gemeinsam festgestellt, „dass die Prüfung technischer Lösungsoptionen mehr Zeit benötigt und es daher trotz aller Anstrengungen durch K+S und die Länder nicht möglich war, bereits im Herbst 2018 eine abschließende Entscheidung über die Notwendigkeit der Ausleitung zu treffen. Die Weser-Ministerkonferenz nimmt zur Kenntnis, dass das Unternehmen K+S eine dauerhafte Reduzierung der Salzbelastung auch ohne eine Ausleitung anstrebt.“ 1. Wie ist der aktuelle Stand der Beratungen der Flussgebietsgemeinschaft Weser bzw. deren Organe zur Fernleitung (Werra-Bypass)? Zur Klärung der Notwendigkeit des Werra-Bypasses und der Fortschreibung des BWP Salz hat das hessische Umweltministerium eine Fortschreibung seiner Ökoeffizienzanalyse in Auftrag gegeben, die auch Modellrechnungen einschließt. Nach derzeitigem Stand ist davon auszugehen, dass ein Überhang beim anfallenden Haldensickerwasser von 0,5 Mio. m³/a bestehen wird. Der Weserrat hat hierzu und zur Frage des Werra-Bypasses in Vorbereitung einer für den 15. August 2019 vorgesehenen Weser-Minister-konferenz am 8./9. Mai 2019 folgenden Beschluss gefasst: 1. „Der Weserrat stellt fest, dass der Werra-Bypass unter aktuellen Randbedingungen zu einer Reduzierung des Überhangs an nicht einleitbarem Salzabwasser von 0,5 Mio. m³/a bzw. zu einer Reduzierung der Salzkonzentrationen in der Werra um 10 bis 13 % (abhängig von der Salzkomponente) beitragen würde. 2. Der Weserrat ist der Auffassung, dass im Vergleich zu einer Ausleitung wirkungsgleiche und kosteneffizientere Alternativen wie Transport und Einstapelung flüssiger Rückstände außerhalb des Werkes Werra zur Verfügung stehen, die bereits ab Ende 2021 umgesetzt werden können. 3. Der Weserrat empfiehlt, anstelle des im MNP Salz vorgesehenen Baus und Betriebs des Werra-Bypasses die Umsetzung wirkungsgleicher Maßnahmen mit einem Reduzierungspotential von 0,5 Mio. m³/a Salzabwasser ab Ende 2021 als Maßnahme zur Reduzierung punktueller Stoffeinträge aus dem Bergbau durch die Weser- Ministerkonferenz festzulegen. Die Maßnahmen sind durch das Unternehmen zu ergreifen, solange eine Verfehlung der Zielwerte am Pegel Gerstungen zu erwarten ist.“ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6540 3 2. Wie ist der aktuelle Planungs- und Antragsstand von K+S zu der Laugenentsorgung? Die Firma K+S hat Anfang 2018 eine Kainit-Kristallisations-Flotations-anlage (KKF-Anlage) in Betrieb genommen, durch die die Salzabwässer des Werkes Werra um bis zu 1,5 Mio. m³/a und die Salzfracht um bis zu 500.000 t/a reduziert werden. Daneben hat die Firma K+S sehr umfangreiche Untersuchungen durchgeführt bzw. durchführen lassen, die das Einstapeln und den Versatz unter Tage betreffen. Nach dem Ergebnis strebt die Firma K+S eine Einstapelung im Grubenfeld Springen, Thüringen (Einstapelvolumen 35 – 40 Mio m3) an. Nach derzeitigem Beratungsstand kann das Vorhaben als grundsätzlich genehmigungsfähig angesehen werden. Erforderlich ist daneben eine Verringerung des Sickerwassers aus den bestehenden Halden. Auf der Halde Hattorf wird hierzu zunächst ein ca. ein Hektar großer Polder aus Kunststoffdichtungsbahnen errichtet; auf der Halde Winterhall soll ab 2022 ein großtechnischer Versuch zur Abdeckung durchgeführt werden. Eine Genehmigung hierzu steht derzeit noch aus. 3. Wie ist die aktuelle Positionierung der Anrainerländer zu einer Pipeline in die Weser? Siehe Antwort zu Frage 1. 4. Wie steht die Landesregierung heute zu der Aussage der ehemaligen Ministerin Schulze Föcking, dass NRW eine Fernleitung (Werra-Bypass) ablehne? Die Haltung der Landesregierung ist unverändert. 5. Reichen die bisher geplanten Maßnahmen von K+S zur Reduzierung von Salzeintragungen in die Gewässer aus, um den „guten ökologischen Zustand“ der Weser auf dem Gebiet NRWs zu erreichen? Es ist absehbar, dass die im MNP Salz vorgegebenen Zielwerte für das Jahr 2021 nicht erreicht werden können. Das würde auch bei Einbeziehung eines Werra-Bypasses gelten. Die Firma K+S hat zugesagt, dass die Zielwerte im Jahr 2027 erreicht werden.