LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6573 18.06.2019 Datum des Originals: 18.06.2019/Ausgegeben: 24.06.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2546 vom 22. Mai 2019 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6338 Wo gibt es ein Angebot des Gemeinsamen Lernens für welchen Förderschwerpunkt? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung hat mit den Eckpunkten zur Neuausrichtung der schulischen Inklusion eine Qualitätssicherung für das Gemeinsame Lernen zumindest für die weiterführenden Schulen versprochen. Demnach müssen Schulen, die Orte des Gemeinsamen Lernens sein wollen, ein entsprechendes Konzept erarbeitet haben bzw. es muss in Erarbeitung sein. Außerdem muss das Kollegium systematisch fortgebildet sein oder sich in Fortbildung befinden, die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen sollen gegeben und die personelle Ausstattung ausreichend sein. Die Landesregierung hat klargestellt, dass das auch für Schulen gilt, die schon bislang Schulen des Gemeinsamen Lernens waren. Sie dürften nur dann weiter Orte des Gemeinsamen Lernens bleiben, wenn die Voraussetzungen stimmen. Eine Ausnahme stellen die Gymnasien dar. Sie sollen in der Regel kein Ort des Gemeinsamen Lernens sein für Förderschwerpunkte, die zieldifferent unterrichtet werden. Die Bezirksregierungen sollten auf dieser Grundlage für jeden Schulamtsbezirk bestimmen, welche Schule in welcher Schulform für welchen Förderschwerpunkt den Eltern als Ort des Gemeinsamen Lernens angeboten wird. Um Ressourcen bündeln zu können, sollten auch die Angebote konzentriert werden. Ob es dabei ein flächendeckendes Angebot des Gemeinsamen Lernens für alle Förderschwerpunkte mit kurzen Schulwegen gibt, ist fraglich. Eltern melden zurück, dass z. T. erheblich weitere Wege als zur nächsten Förderschule in Kauf genommen werden sollen. Die Landesregierung bezeichnete das Schuljahr 2018/2019 als ein Jahr des Übergangs, in dem entsprechende Voraussetzungen seitens der Schulen, der Schulträger und des Landes zu schaffen sind. In den Eckpunkten war die Rede davon, dass die Voraussetzungen für die Schulen gelten sollen, die mit dem Schuljahr 2019/2020 zu Orten des Gemeinsamen Lernens bestimmt werden. Allerdings heißt es in der Beantwortung der Kleinen Anfrage 1884 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6573 2 (Drucksache 17/5043) vom 11.02.2019 hinsichtlich der Frage, ob es eine Frist für die Erstellung eines Konzeptes gibt: „Die Setzung eines Zielzeitpunkts für diesen Erarbeitungsprozess und anschließende Konsequenzen für die betreffenden Schulen ist nicht zielführend, da die Entwicklung eines Inklusionskonzepts ein Prozess ist, der sich in einer regelmäßigen Evaluation befindet.“ In Punkt 2.1 des Runderlasses „Neuausrichtung der Inklusion in den allgemeinbildenden weiterführenden Schulen“ vom 15.10.2018 heißt es: „Die Schulaufsichtsbehörde überprüft erstmals bis 15. Dezember 2018 und danach regelmäßig für jede Schule des Gemeinsamen Lernens, ob die gesetzlichen Voraussetzungen dafür über das Schuljahr 2018/2019 hinaus erfüllt werden können.“ Unter Punkt 2 werden die einzuhaltenden Qualitätskriterien genannt. Beim Konzept heißt es, dass ein solches vorliegt oder es werde „mit Unterstützung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde erarbeitet“. Rückmeldungen von Eltern, Schulen und Kommunen zeigen nun, dass die Bezirksregierungen auch solche Schulen bestimmt haben, unabhängig vom Stand der Vorbereitungen und Sicherstellung der Rahmenbedingungen. Das gilt nicht nur für die in Aussicht gestellten Ressourcen, sondern auch für räumliche Anforderungen. Auch eine Unterstützung bei der Konzepterstellung z.B. durch das Landesinstitut QUA-LiS wird schmerzlich vermisst. Nach den öffentlichen Ankündigungen einer Qualitätsgarantie, erwarten Eltern zu Recht, dass die Schulen, die sie von der Bezirksregierung als Orte des Gemeinsamen Lernens ab dem Schuljahr 2019/2020 genannt bekommen, auch verlässlich auf Einhaltung der Qualitätsvoraussetzungen überprüft wurden und die Qualitätsgarantie verlässlich ist. Die Schulen dürfen nicht am Ende den schwarz-gelben Peter bezüglich der Unterrichtssituation erhalten, wenn sie nicht ausreichend Unterstützung erfahren. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2546 mit Schreiben vom 18. Juni 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Welche weiterführenden Schulen werden von den Bezirksregierungen den Eltern als Orte des Gemeinsamen Lernens im Schuljahr 2019/20 angeboten (bitte nach Kommune, Schulform und Förderschwerpunt aufschlüsseln)? 2. Inwieweit sichert die Landesregierung tatsächlich eine wohnortnahe Beschulung im Gemeinsamen Lernen in allen Förderschwerpunkten? Die Fragen 1 und 2 werden im Zusammenhang beantwortet. Die Landesregierung hat eine Abfrage bei den Bezirksregierungen zum Anmeldeverfahren an weiterführenden Schulen des Gemeinsamen Lernens zum Schuljahr 2019/20 durchgeführt und wertet die Ergebnisse dieser Abfrage gegenwärtig aus. Sobald die Auswertung der Ergebnisse auf einer fundierten und damit seriösen Datenbasis vorliegt, wird dem Ausschuss für Schule und Bildung und der Öffentlichkeit – darunter auch dem Fachbeirat inklusive schulische Bildung – ein differenzierter Bericht vorgelegt. Einen solchen Bericht hatte das Ministerium für Schule und Bildung dem Ausschuss für Schule und Bildung bereits zugesagt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6573 3 3. Welche Entfernungen und Zeiten im Schülertransport hält die Landesregierung für Kinder mit Behinderung in welchen Förderschwerpunkten für zumutbar? Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 der seit Jahren gültigen Schülerfahrkostenverordnung NRW (SchfkVO) ist die Benutzung des ÖPNV nicht mehr zumutbar, wenn der Schulweg - auch bei Ausnutzung der günstigsten Verkehrsverbindungen für die Hin- und Rückfahrt zusammengenommen – mehr als drei Stunden in Anspruch nimmt oder die Schülerin oder der Schüler überwiegend vor sechs Uhr die Wohnung verlassen muss. Nach Satz 2 soll für Schülerinnen und Schüler der Grundschule und der entsprechenden Klassen der Förderschule eine Schulwegdauer von insgesamt mehr als einer Stunde nicht überschritten werden; regelmäßige Wartezeiten in der Schule und nach dem Unterricht sollen für diese Schülerinnen und Schüler nicht mehr als 45 Minuten insgesamt betragen. Satz 2 enthält eine Sollvorschrift, von der der Schulträger aus zwingenden schulorganisatorischen Gründen oder besonderen Kostengründen abweichen darf. Dies gilt insbesondere für einzelne Förderschwerpunkte, wenn der Einzugsbereich besonders groß ist. Unzumutbarkeit besteht nach § 13 Abs. 2 SchfkVO auch, wenn die Länge der einfachen Fußwegstrecke zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle sowie zwischen der zur Schule nächstgelegenen Haltestelle und der Schule mehr als ein Kilometer (Grundschulen, entsprechende Klassen der Förderschule) bzw. mehr als zwei Kilometer (übrige Klassen) beträgt. Die §§ 13 Abs. 2 und 3 SchfkVO gelten für die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und entsprechend für den Schülerspezialverkehr. Für Schülerinnen und Schüler mit einer nachgewiesenen geistigen oder körperlichen Behinderung wird die Benutzung des ÖPNV oder eines Schülerspezialverkehrs für nicht zumutbar gehalten (§ 13 Abs. 4 SchfkVO). Ist die Beförderung mit diesen Verkehrsmitteln nicht zumutbar, hat der Schulträger die Kosten einer Beförderung mit Privatfahrzeugen der zur Beförderung verpflichteten Eltern zu tragen, sofern nur durch diese Art der Beförderung der regelmäßige Schulbesuch gewährleistet ist. Die Kostenübernahme erfolgt im Rahmen einer Wegstreckenentschädigung; in besonders begründeten Ausnahmefällen kann eine Wegstreckenentschädigung in Höhe der tatsächlich entstehenden Kosten für die Beförderung des Kindes mit einem Taxi, Mietwagen oder Spezialfahrzeug gezahlt werden (§ 16 Abs. 1 und 2 SchfkVO). 4. Wie ist der Sachstand bei den weiterführenden Schulen bezüglich der Inklusionskonzepterstellung (bitte aufschlüsseln nach vorliegendem bzw. sich noch in Arbeit befindendem Konzept)? Das Ministerium beabsichtigt - wie bereits 2018 - über die Bezirksregierungen eine regelmäßige Abfrage durchzuführen, aus der dieser Sachstand landesweit ersichtlich wird. Sobald solide Daten dazu vorliegen, werden der Ausschuss für Schule und Bildung des Landtags sowie die (Fach)Öffentlichkeit entsprechend informiert. Als Unterstützung für die Erstellung schulischer Inklusionskonzepte, wurde im Januar 2019 der „Orientierungsrahmen für die Erstellung eines pädagogischen Konzepts zur inklusiven Bildung an Schulen des Gemeinsamen Lernens“ im Bildungsportal veröffentlicht. Darüber hinaus hat das MSB die Qualitäts- und UnterstützungsAgentur- Landesinstitut für Schule QUA- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6573 4 LiS NRW beauftragt, weiterführende Materialien und Hilfestellungen für Schulen zu erarbeiten und digital zu veröffentlichen. 5. Welche Fortbildungen wurden den Schulen des Gemeinsamen Lernens im „Übergangsjahr 2018/2019“ ermöglicht, um sich auf das Arbeiten in den neuen pädagogischen und den ausgeweiteten multiprofessionellen Settings vorzubereiten? Derzeit werden die bereits bestehenden landesweiten Fortbildungsmaßnahmen wie „Fortbildung für Schulen auf dem Weg zur Inklusion“ und „Vielfalt fördern“ von Schulen genutzt. Darüber hinaus nehmen Schulen des Gemeinsamen Lernens – wie andere Schulen auch – Fortbildungsangebote von Anbietern in Anspruch, die nicht der staatlichen Lehrerfortbildung angehören. Für die Schulen des Gemeinsamen Lernens wird ab dem Schuljahr 2019/20 ein zusätzliches Fortbildungsbudget zur Verfügung gestellt und die Möglichkeit für einen zusätzlichen dritten Pädagogischen Tag geschaffen.