LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6665 26.06.2019 Datum des Originals: 26.06.2019/Ausgegeben: 01.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2548 vom 21. Mai 2019 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6340 Wie steht es um die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen der Inklusion? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung hat mit den Eckpunkten zur Neuausrichtung der schulischen Inklusion eine Qualitätssicherung für das Gemeinsame Lernen zumindest für die weiterführenden Schulen versprochen. Demnach müssen Schulen, die Orte des Gemeinsamen Lernens sein wollen, ein entsprechendes Konzept erarbeitet haben bzw. es muss mit der Schulaufsicht in Erarbeitung sein. Außerdem muss das Kollegium systematisch fortgebildet sein oder sich in Fortbildung befinden, die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen sollen gegeben und die personelle Ausstattung ausreichend sein. Im Rahmen der staatlich-kommunalen Verantwortungsgemeinschaft ist die Zuweisung von Lehrkräften und Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen eine Aufgabe des Landes, während die Herstellung der räumlichen und sächlichen Voraussetzungen die Aufgabe des Schulträgers ist, bei öffentlichen Schulen also die Gemeinden bzw. Kreise. Mit dem „Gesetz zur Förderung kommunaler Aufwendungen für die schulische Inklusion“ hat sich das Land verpflichtet, den Kommunen die Kosten zu erstatten, die sich durch die Mehraufwendungen in Folge des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ergeben, welches die allgemeinen Schulen als Regelort der Förderung festlegte. Die notwendigen räumlichen und sächlichen Voraussetzungen sind abhängig vom Förderschwerpunkt. Die Schulaufsicht soll gemäß des Runderlasses „Neuausrichtung der Inklusion in den allgemeinbildenden weiterführenden Schulen“ vom 15.10.2018 bestimmen, welche Schule für welchen Förderschwerpunkt Ort des Gemeinsamen Lernens ist. Hierfür ist die Zustimmung des Schulträgers erforderlich. Die Schulaufsicht hat zuvor die Feststellung zu treffen, dass die sächlichen und personellen Voraussetzungen erfüllt sind bzw. mit vertretbarem Aufwand geschaffen werden können (Nr. 1.6 des Runderlasses). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6665 2 Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2548 mit Schreiben vom 26. Juni 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wurde sichergestellt, dass die Schulaufsicht mit allen Schulträgern die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen geprüft und festgestellt hat? Die Feststellung, ob die sächlichen und räumlichen Voraussetzungen für die Einrichtung des Gemeinsamen Lernens erfüllt sind oder mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können, trifft gemäß Nr. 1.6 des Runderlasses „Neuausrichtung der Inklusion in den öffentlichen allgemeinbildenden weiterführenden Schulen“ vom 15.10.2018 die zuständige Schulaufsichtsbehörde. Es liegen keine Hinweise darauf vor, dass diese ihrer Aufgabe nicht gerecht werden. 2. An welchen Schulen sind die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen nach Feststellung der Schulaufsicht noch nicht erfüllt, aber mit vertretbarem Aufwand zu schaffen (bitte nach Schulform und Förderschwerpunkt aufschlüsseln)? Die Bezirksregierung Arnsberg hat berichtet, an einzelnen Realschulen und Gymnasien könnten für den Förderschwerpunkt Lernen nicht alle sächlichen Voraussetzungen – insbesondere für das Fach Arbeitslehre – zur Verfügung gestellt werden. In diesen Fällen habe durch die Kooperation mit benachbarten Schulen Abhilfe geschaffen werden können. Die Bezirksregierung Detmold hat berichtet, nach ihren Erkenntnissen habe es keinen solchen Fall gegeben. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat berichtet, in einigen Städten gebe es noch Optimierungsbedarf im Hinblick auf die räumlichen und sächlichen Ausstattungen an den Schulen. Die jeweiligen Schulträger seien bereit, die entsprechenden Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bezirksregierung Köln hat berichtet, die Einrichtung des Gemeinsamen Lernens an den weiterführenden Schulen sei entsprechend dem festgestellten Bedarf im Gebiet des jeweiligen Schulträgers bzw. kommunenübergreifend in der Region erfolgt. In Abstimmung zwischen Schulaufsicht und Schulträger seien hierbei die der Nachfrage entsprechenden Schulen festgelegt worden. Die Bezirksregierung Münster hat berichtet, die räumlichen und sächlichen Voraussetzungen für die behindertenspezifische Ausstattung seien durch die Inklusionskoordinatorinnen und Inklusionskoordinatoren im Auftrag der Schulaufsicht oder durch die zuständige Schulaufsicht selbst überprüft worden. Dabei habe sich gezeigt, dass es auch aufgrund der Integration der zugewanderten Kinder und Jugendlichen an manchen Schulen zu räumlichen Engpässen komme, da nicht genügend Schulraum vorhanden bzw. geschaffen worden sei. Das Land unterstützt die Kommunen bei der schulischen Inklusion seit dem Schuljahr 2014/2015 durch erhebliche finanzielle Mittel nach dem Gesetz zur Förderung kommunaler Aufwendungen für die schulische Inklusion. Die Entwicklung der Höhe der Mittel seit Inkrafttreten des Gesetzes stellt sich wie folgt dar: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6665 3 Schuljahr Ausgleich für wesentliche Belastungen der Schulträger nach § 1 („Korb 1“) Inklusionspauschale nach § 2 („Korb 2“) Gesamtvolumen 2014/2015 25 Mio. Euro 10 Mio. Euro 35 Mio. Euro 2015/2016 25 Mio. Euro 10 Mio. Euro 35 Mio. Euro 2016/2017 20 Mio. Euro 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 2017/2018 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 60 Mio. Euro 2018/2019 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 60 Mio. Euro 2019/2020 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 60 Mio. Euro Summe 130 Mio. Euro 160 Mio. Euro 290 Mio. Euro 3. In welchen Fällen haben Schulträger die Zustimmung verweigert (bitte nach Schulform und Förderschwerpunkten aufschlüsseln)? Die Bezirksregierungen Arnsberg und Detmold haben berichtet, es habe keinen solchen Fall gegeben. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat berichtet, im Fall von acht Schulträgern sei zunächst nur eine Zustimmung für die Einrichtung des Gemeinsamen Lernens für das Schuljahr 2019/2020 erteilt worden. Daher habe auch in diesen Kommunen ein Schulplatz für Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung für das kommende Schuljahr zur Verfügung gestellt werden können. Mit allen Kommunen seien Gespräche im Hinblick auf eine dauerhafte Einrichtung des Gemeinsamen Lernens geführt worden bzw. würden noch geführt, so dass perspektivisch auch mit einer Zustimmung gerechnet werden könne. Die Bezirksregierung Köln hat berichtet, in zwei Fällen hätten Schulträger die Zustimmung verweigert. Die Schulträger hätten hier glaubhaft versichert, dass an ihren Schulen die räumlichen Voraussetzungen bereits für den Regelunterricht zurzeit unzureichend seien. Auch stünden Sanierungsarbeiten, die den Unterricht ggf. auch beeinträchtigen könnten, an. Eine Behebung der Situation sei mittelfristig in Aussicht gestellt worden, so dass einvernehmlich von der Einrichtung des Gemeinsamen Lernens zum jetzigen Zeitpunkt abgesehen worden sei. Die Bezirksregierung Münster hat berichtet, es habe keinen solchen Fall gegeben. Die Rückmeldungen von drei Schulträgern zu der Frage, ob sie der dauerhaften Einrichtung des Gemeinsamen Lernens an den in ihrer Trägerschaft stehenden Gesamtschulen zustimmen, stünden noch aus. 4. In welchen Fällen erfolgte eine Anordnung nach § 123 der Gemeindeordnung, wie in Punkt 1.10 des Runderlasses beschrieben? Nach den Berichten der Bezirksregierungen hat es keinen solchen Fall gegeben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6665 4 5. In welchen Fällen fand Punkt 3.2a des Runderlasses Anwendung, nach dem ausnahmsweise Gymnasien zum Ort zieldifferenter Inklusion bestimmt werden können, wenn dies aufgrund des örtlichen Schulangebots zur Erfüllung des Anspruchs auf Gemeinsames Lernen notwendig ist, obwohl die Gymnasien eine zieldifferente Beschulung eigentlich abgelehnt haben? Der Umsteuerungsprozess bei der Inklusion mit seinem erstmalig klar definierten Verfahren zur Festlegung der Schulen des Gemeinsamen Lernen hat dazu geführt, dass landesweit eine hinreichende Anzahl von Schulen aller Schulformen zur Verfügung steht, um den Anspruch auf Gemeinsames Lernen zu erfüllen. Lediglich die Bezirksregierung Köln hat daher berichtet, an zwei Gymnasien sei mit Zustimmung des Schulträgers Gemeinsames Lernen auch mit zieldifferenter Förderung gegen das Votum der Schulen eingerichtet worden, um dem Bedarf zu entsprechen, der durch andere Schulen der Region nicht erfüllt werden könne. Die Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold, Düsseldorf und Münster haben berichtet, es habe keinen Fall gegeben, in dem Nr. 3.2 Buchstabe a des Runderlasses Anwendung gefunden habe.