LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/672 18.09.2017 Datum des Originals: 18.09.2017/Ausgegeben: 21.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 198 vom 17. August 2017 der Abgeordneten Josefine Paul und Mehrdad Mostofizadeh BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/368 Schwierige Ausbildungssuche in Nordrhein-Westfalen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut der Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit (BA) kommen in NRW auf mehr als 127.500 Bewerberinnen und Bewerber um einen Ausbildungsplatz letztlich 102.300 gemeldete Ausbildungsstellen. Damit fehlen für junge Menschen in NRW 25.000 Ausbildungsplätze. Gleichzeitig konnten 32.700 angebotene Stellen nicht besetzt werden. Damit ist die Ausbildungsplatzsuche für junge Menschen in NRW auch in Bundesvergleich besonders schwierig. Die Gründe hierfür sind ebenso vielfältig, wie die erforderlichen Lösungsansätze. Ein wesentlicher Grund scheint auch im Berufswahlverhalten junger Menschen zu liegen. Die große Mehrheit der Bewerberinnen und Bewerber konzentriert sich auf lediglich zehn Ausbildungsberufe. Gleichzeitig zeigen auch aktuelle Zahlen, dass sich das Berufswahlverhalten von jungen Frauen und Männern nach wie vor unterscheidet. Vielen scheint die große Vielfalt von über 300 möglichen Ausbildungsberufen nicht bekannt zu sein. Um dem bereits bestehenden Fachkräftemangels nachhaltig etwas entgegen zu setzen, müssen gleichzeitig aber auch die Unternehmen in NRW in die Pflicht genommen werden. Denn während die Zahlen der Bewerberinnen und Bewerber in NRW steigen, sinkt die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze. Ohne eine aktive politische Steuerung, wird sich das Problem weiter verschlimmern. Die ehemalige grüne Gesundheitsministerin Barbara Steffens hat das Problem des Mangels an Ausbildungsplätze für pflegerische Berufe 2012 aktiv angepackt. Seit dem zahlen alle Pflegeeinrichtungen entsprechend ihrer Größe in einem gemeinsamen Ausbildungsfonds ein. Betriebe welche Ausbildungsplätze anbieten, bekommen aus diesem Fonds die Vergütung vollständig erstattet. Die Maßnahme zeigte deutliche Effekte. Gab es im Jahr 2011 in NRW lediglich 10.000 Schüler*innen in der Pflegeausbildung, so waren es 2015 bereits rund 17.500. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/672 2 Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 198 mit Schreiben vom 18. September 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Schule und Bildung und der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie wird die Landesregierung neben dem Programm “Start-helfende“ junge Menschen in NRW in ihrer Berufswahlorientierung unterstützen? An den Schulen in Nordrhein-Westfalen ist die Berufs- und Studienorientierung ein fester Bestandteil des Unterrichts. Das auf einstimmigen Beschlüssen des Spitzengespräches Ausbildungskonsens basierende, mehrjährige Konzept einer systematischen Berufs- und Studienorientierung wird mittlerweile flächendeckend aufbauend ab der Jahrgangsstufe 8 an allen Schulformen umgesetzt. Es soll für alle Schülerinnen und Schüler, gleich an welcher Schulform sie unterrichtet werden, welcher Herkunft und welchen Geschlechts sie sind, eine individuelle Auseinandersetzung mit eigenen Potenzialen und tatsächlich vorhandenen beruflichen Perspektiven sichern. Die neue Landesregierung wird die Wirkungen und Praxistauglichkeit dieses Systems überprüfen und ggf. mit weiteren, insbesondere aus-bildungs- und arbeitsmarktrelevanten, Elementen weiterentwickeln. 2. In welcher Weise wird die Landesregierung den „Girls Day“ und „Boys Day“ entsprechend ihrer Aussage im Koalitionsvertrag weiterentwickeln, um deren Nachhaltigkeit sicher zu stellen? Es ist das erklärte Ziel der Landesregierung, Frauen in Männerberufen und Männer in Frauenberufen zu fördern. Die bundesweit erfolgreichen Aktionstage Girls‘ Day und Boys‘ Day können hierzu einen wichtigen Beitrag leisten, allerdings sind sie auf einen Aktionstag pro Jahr zeitlich begrenzt. Eine Weiterentwicklung des Girls‘ Day fordert beispielsweise auch die 26. Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder (GFMK). In ihrem Beschluss zum Leitantrag (TOP 4.1) hat sie sich 2016 u.a. dafür aus-gesprochen, der Frage nachzugehen, ob eine Schärfung des Profils des Girls‘ Day noch wirksamer sein könnte, das Berufswahlspektrum für Frauen zu erweitern und über die lebenslangen Auswirkungen der Berufswahl aufzuklären. Hierzu gehört auch die Frage der nachhaltigeren Wirkung – das vorgenannte gilt ebenso für den Boys‘ Day. 3. Wird die Landesregierung das Programm „Kein Abschluss ohne Anschluss“ fortführen? Die Landesregierung wird dieses Programm hinsichtlich seiner Praxis-tauglichkeit überprüfen und weiterentwickeln. 4. Wie bewertet die Landesregierung die Umlagefinanzierung für die Altenpflegeausbildung? Dank der Unterstützung von nahezu allen Beteiligten - Pflegeeinrichtungen, Pflegeschulen, Gewerkschaften, Berufsverbänden und Interessenvertretungen von älteren und LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/672 3 pflegebedürftigen Menschen - konnte das Umlageverfahren zu einem großen Erfolg werden. Die Zahl der Altenpflegeschülerinnen und -schüler stieg in den vergangenen Jahren um ungefähr 80 %, von rund 10.000 im Dezember 2011 auf rund 18.300 im Dezember 2016. Mit vereinten Kräften sind damit über 8.000 neue Ausbildungsplätze in der Altenpflege entstanden. Ermöglicht hat dieses besondere Verfahren zur Finanzierung der Ausbildungsvergütungen in der Altenpflege die Refinanzierungssystematik in § 82 a Elftes Sozialgesetzbuch des Bundes. Das Umlageverfahren kann ein Baustein sein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und wird im Rahmen der Umsetzung der Pflegeberufe-Reform auch bundesweit einheitlich eingeführt werden. 5. Wird die Landesregierung im Rahmen des angekündigten Ausbildungskonsenses NRW eine Ausweitung der Umlagefinanzierung auf weitere Berufsfelder anstreben? Derzeit ist dies nicht geplant.