LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6721 01.07.2019 Datum des Originals: 28.06.2019/Ausgegeben: 04.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2589 vom 4. Juni 2019 des Abgeordneten Carsten Löcker SPD Drucksache 17/6452 Wie will die Landesregierung den Ausbau des ÖPNV in NRW bewerkstelligen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Gesetz für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNVG NRW) sieht den Schienenverkehr als Rückgrat des ÖPNV in Ballungsräumen und den Bus als dessen Zubringer und Ergänzung - nicht als dessen Ersatz. Die landesseitig zugesicherten Mittel in Höhe von 1 Milliarde Euro zur Ertüchtigung und Sanierung des Stadt- und U-Bahnnetzes als Hauptzuliefernetz für den RRX im Ruhrgebiet unterstreichen den gesetzlichen Rahmen und die zukünftigen Anforderungen an die Herausforderungen steigender und sich wandelnder Mobilität. Zu dieser Modernisierung der Netze gehört auch die Beseitigung von bestehenden, verkehrsrelevanten Systembrüchen. Insgesamt gibt es drei Systembrüche im Ruhrgebiet, die für rund 46 Millionen Euro beseitigt werden können. Das Land stellt das Geld zusätzlich zu der Milliarde zur Verfügung. Mit dem Beschluss zum Nahverkehrsplan 2017, als Rahmenplan für die Ausgestaltung des ÖPNV in Mülheim, hat der Rat der Stadt eine eindeutige Aussage zum Wechsel der Beförderungsmittel des ÖPNV getroffen. Das bedeutet eine strategische Neuausrichtung des ÖPNVs in Mülheim mit dem Fokus auf den Wegfall von ganzen Tramlinien (u.a. Tramlinie 104 Kahlenbergast) und Ersetzung durch Buslinien. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 2589 mit Schreiben vom 28. Juni 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6721 2 1. Wie verhält sich die Landesregierung im Falle einer Rückzahlungspflicht, die aus nicht abgelaufenen Bindefristen und/oder noch nicht abgerechneten, aber geförderten Maßnahmen (ÖPNV-Infrastruktur) entstehen, wenn ganze Schienenlinien zurückgebaut werden sollen? Im Falle einer Stilllegung ist zuwendungsrechtlich zu prüfen, ob die Infrastruktur, sollte sie gefördert worden sein, noch der Zweckbindung unterliegt. Sollte dies der Fall sein, ist durch die Bewilligungsbehörde eine ganze oder teilweise Rückforderung von Zuwendungen insbesondere gemäß der §§ 48 und 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG NRW) zu prüfen. Hier hat sie Ermessen auszuüben. 2. Ist das Land bereit durch eigene personelle und zusätzliche finanzielle Anstrengungen einen Beitrag zur Verhinderung bzw. Zerschlagung von Hauptzuliefernetzen des RRX zu leisten? 3. Wenn ja, welche Pläne sieht die Landesregierung vor? Die Fragen 2 und 3 werden wegen des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass die Planung, Organisation und Ausgestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Nordrhein-Westfalen nach § 3 ÖPNVG Nordrhein-Westfalen eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe der Kreise und kreisfreien Städte ist. Nur diese können darüber entscheiden, ob Änderungen in der Gestaltung des ÖPNV vorzunehmen sind. Eine Weisung der Landesregierung, den ÖPNV in einer bestimmten Weise zu gestalten, scheidet daher bereits aus rechtlichen Gründen aus. Die Landesregierung hat ein großes Interesse an einem funktionsfähigen und effizienten ÖPNV in Nordrhein-Westfalen. Daher unterstützt das Land die kommunalen Aufgabenträger finanziell direkt mit der Ausschüttung der ÖPNV-Pauschale nach § 11 Absatz 2 ÖPNVG Nordrhein-Westfalen. Die Höhe der Pauschale richtet sich maßgeblich nach der Betriebsleistung. Eine Reduzierung der Betriebsleistung führt zu einer Minderung der Pauschale. Das bedeutet, dass eine Einstellung von Straßenbahnen dazu führt, dass sich die ÖPNV-Pauschale ab dem dritten Jahr der Einstellung vermindert. Bei der Berechnung der Pauschale sind leitungsgebundene Fahrzeuge wie Straßenbahnen durchschnittlich höher bewertet als straßengebundene Fahrzeuge. Der Betrieb einer Straßenbahnlinie führt also im Vergleich zum Betrieb einer Buslinie durchschnittlich zu einem höheren Anteil an der ÖPNV- Pauschale. Die Stadt Mülheim an der Ruhr erhält derzeit jährlich 1.595.199,35 Euro aus der ÖPNV-Pauschale. Reduzierte Betriebsleistungen der Linie 104 im Jahr 2020 würden sich ab dem Jahr 2023 mindernd auf die Pauschale auswirken. Darüber hinaus kann die Stadt Mülheim an der Ruhr Förderanträge für die Erneuerung ihrer kommunalen Infrastruktur des ÖPNVs sowie zur Beseitigung des gutachterlich festgestellten Systembruchs stellen. Hierbei ist sicherzustellen, dass die Erhaltung zum leistungsfähigen Betrieb ihrer Netze über die Zweckbindungsfrist gewährleistet ist. Bei Nichteinhaltung kann dies zu einer vollständigen oder teilweisen Rückzahlung der Fördergelder führen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6721 3 4. Welche Anforderungen muss der Nahverkehrsplan als Rechtsinstrument zur Sicherung und Entwicklung des ÖPNV zukünftig erfüllen, um zu verhindern, dass Abgrenzungs- und Infrastrukturrückbaubeschlüsse unterbleiben können? Aus Sicht der Landesregierung sollten Abgrenzungs- und Infrastrukturrückbaubeschlüsse grundsätzlich unterbleiben. Deshalb unterstützt die Landesregierung die Kommunen mit diversen Förderprogrammen und stellt zum Beispiel den kommunalen Aufgabenträgern für die Erneuerung der Stadt- und Straßenbahnnetze bis zum Jahr 2031 eine Milliarde Euro bereit. Der Nahverkehrsplan ist indes als Rahmenplan zur Konkretisierung der öffentlichen Verkehrsinteressen des Nahverkehrs ausgelegt und somit kein geeignetes Instrument, um etwaige Beschlüsse zu unterbinden. 5. Welchen Stand haben in diesem Zusammenhang die Gespräche der Landesregierung mit der Stadt Mülheim? Im nachgeordneten Bereich gab es Gespräche über den Umfang des zukünftigen ÖPNV- Straßenbahnnetzes in Mülheim an der Ruhr und einer damit zusammenhängenden etwaigen Rückforderung von bereits bewilligten Zuwendungen des Landes zur Verbesserung der Verkehrsverhältnisse nach § 12 und 13 ÖPNVG Nordrhein-Westfalen. Letzten Presseberichten zufolge ist die Stadt Mülheim an der Ruhr mittlerweile von ihrem vorgelegten ÖPNV-Sparpaket offenbar bis auf Weiteres wieder abgerückt. Insofern sind weitere Gespräche vorerst obsolet.