LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6732 02.07.2019 Datum des Originals: 02.07.2019/Ausgegeben: 05.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2600 vom 7. Juni 2019 der Abgeordneten Sigrid Beer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6473 Weiß die Landesregierung eigentlich, was Werkstattlehrkräfte machen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Schulministerin hat auf Antrag von Bündnis 90 / Die Grünen im Schulausschuss einen Bericht mit Datum vom 10. Mai 2019 zur Situation der Werkstattlehrkräfte vorgelegt (Vorlage 17/2048). Der Bericht warf aber mehr Fragen auf, als dass er Antworten gab. Auch auf mündliche Nachfrage im Schulausschuss am 15. Mai sah sich das Ministerium nicht in der Lage, die Widersprüche und offenen Fragen zu klären. Irritiert hat die Ausführung, dass die Arbeitszeit von Werkstattlehrkräften 41 Wochenstunden beträgt, die sich aus 30 Stunden Unterweisung und 11 Stunden Materialwirtschaft und Werkstattbetreuung zusammensetzt. Gemäß dem Erlass „Aufgabenbereich der Fachlehrerinnen und Fachlehrer in der Laufbahn der Werkstattlehrerinnen und Werkstattlehrer (§ 36 LVO) an Berufskollegs vom 04.01.1995 BASS 21-02 Nr.1) gehört auch die „Mitwirkung bei der Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von projektbezogenem Unterricht“ zu den Aufgaben. Nach dem Rahmenplan der praktisch-pädagogischen Einführung vom 10.04.1987 (BASS 20-11 Nr.3) sollen Werkstattlehrkräfte beispielsweise auch „in der Lage sein, sich über die rechtlichen Grundlagen und Folgen ihres dienstlichen Handels fortlaufend zu informieren und den Rechtsabsichten und –vorschriften entsprechend zu verfahren.“ Im Abschnitt Lerninhalte werden aufgeführt: Planung, Durchführung und Reflexion der fachpraktischen Unterweisung, Schüleranalyse, Theorie-Praxis-Verschränkung u.a.m. Es stellt sich die Frage, wann das geschehen soll, wenn die Arbeitszeitregelung dafür kein Kontingent vorsieht. Auf Nachfrage im Schulausschuss blieb das Ministerium die Antwort schuldig. Deshalb löste auch die Aussage: „Für Werkstattlehrkräfte entfällt die mit der Unterrichtserteilung verbundene häusliche Vorbereitungs- und Nachbereitungsphase“ Kopfschütteln aus. Die Unterweisungen müssen geplant und reflektiert, Lernzielkontrollen vorbereitet und ausgewertet werden, eine didaktische Jahresplanung und Unterweisungsreihen sowie Arbeits- und Aufgabenblätter müssen erstellt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6732 2 Der Bericht verweist darauf, dass Werkstattlehrkräfte keine Lehramtsbefähigung im Sinne von § 3 LABG und § 31 LVO haben und deshalb nicht unter die Pflichtstundenregelung fallen. Das ist allerdings nicht nachzuvollziehen. Denn erstens sind auch die technischen Lehrkräfte nicht nach § 3 LABG und § 31 LVO ausgebildet, und trotzdem gilt für sie die Pflichtstundenregelung mit einer Unterrichtsverpflichtung von 25,5 Stunden. Zweitens mag die Unterrichtsvor- und nachbereitung durch Werkstattlehrkräfte nicht gleichartig mit der durch grundständig ausgebildete Lehrkräfte sein, aber gleich aufwändig sehr wohl. In der Praxis der Berufskollegs werden Werkstattlehrkräfte über die fachpraktische Unterweisung hinaus auch zur Vermittlung der theoretischen Grundlagen eingesetzt. Hierzu lagen dem Ministerium keine Erkenntnisse vor. Im Anschluss an die Beratung im Schulausschuss hat das Ministerium die Bezirksregierungen aufgefordert, bei den Berufskollegs eine Abfrage zu starten, welcher Tätigkeit die Werkstattlehrkräfte in welchem Umfang nachkommen. Der Fragebogen vom 17. Mai 2019 enthält aber zum Erstaunen keine Spalte zum theoretischen Einsatz. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2600 mit Schreiben vom 2. Juli 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen beantwortet. 1. Wann sollen Werkstattlehrkräfte die geforderten Aufgaben der Unterrichtsvor- und Nachbereitung, der Schüleranalyse sowie die Erstellung von Unterrichtsmaterialien erledigen, wenn nach der regulären Arbeitszeitregelung nur Zeiten für Unterweisung selbst sowie für Werkstattbetreuung und Materialwirtschaft vorgesehen sind? Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Werkstattlehrerinnen und Werkstattlehrer beträgt grundsätzlich 41 Zeitstunden. Die Zahl der Unterrichtsstunden, an denen die Werkstattlehrerinnen und Werkstattlehrer im laufenden Schuljahr beteiligt sind, beträgt 30 Stunden. Der Anspruch auf Erholungsurlaub für Lehrkräfte im Tarifbeschäftigungsverhältnis ergibt sich aus § 26 TVL. Für die sonstigen außerunterrichtlichen Aufgaben steht daher ein angemessener Zeitraum zur Verfügung. 2. Weshalb gilt für Werkstattlehrkräfte keine Pflichtstundenregelung, für technische Lehrkräfte aber sehr wohl? Nach der Laufbahnverordnung (LVO) ist die Befähigung für eine Tätigkeit als Werkstattlehrkraft (§ 36 LVO) und die Befähigung für eine Tätigkeit als Technische Lehrkraft (§ 38 LVO) an jeweils unterschiedliche Voraussetzungen gebunden. Beide Einsatzbereiche haben eine andere fachliche Zielsetzung mit unterschiedlichen Anforderungen. 3. Warum erfragt die Landesregierung bei den Berufskollegs nicht den Einsatz von Werkstattlehrkräften in der Vermittlung theoretischer Kenntnisse? 4. Welche Folgen für die Gültigkeit von Prüfungen hat der Einsatz von Werkstattlehrkräften im theoretischen Bereich? Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6732 3 Der Landesregierung liegen keine Erkenntnisse vor, dass der Einsatz von Werkstattlehrkräften im Rahmen der jeweils mit den Fachlehrkräften abgestimmten Didaktischen Jahresplanungen außerhalb des festgelegten Aufgabenbereichs liegt. Die Verantwortung für den Bildungs- und Erziehungsauftrag obliegt gemäß § 20 „Allgemeine Dienstordnung für Lehrerinnen und Lehrer, Schulleiterinnen und Schulleiter an öffentlichen Schulen (ADO)“ der Schulleitung. Die Landesregierung erfragt bei den Berufskollegs den Einsatz von Werkstattlehrkräften im Rahmen gültiger Regelungen und hat dabei auch Raum für sonstige Bemerkungen gegeben. Die Abfrage zum Einsatz der Werkstattlehrkräfte an Berufskollegs wird derzeit ausgewertet. 5. Welcher Qualifikationszuwachs erwächst aus der praktisch-pädagogischen Einführung, wenn die Werkstattlehrkräfte laut dem Bericht der Landesregierung die gleiche Qualifikation wie Ausbilderinnen und Ausbilder in den Betrieben haben? Der Qualifikationszuwachs ist im Erlass „Praktisch-pädagogische Einführung für Fachlehrerinnen und Fachlehrer – Werkstattlehrerinnen und Werkstattlehrer“ unter 1.1 Richtziele aufgeführt und umfasst u.a. den Umgang mit heterogenen Lerngruppen.