LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6768 02.07.2019 Datum des Originals: 02.07.2019/Ausgegeben: 10.07.2019 (05.07.2019) Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Neudruck Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2584 vom 31. Mai 2019 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/6409 Ist der Zentralrat der Muslime (ZMD) in Teilen verfassungsfeindlich und integrationshemmend? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Islamische Charta ist die Grundsatzerklärung des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) zur Beziehung der Muslime zum Staat und zur Gesellschaft. Der ZMD möchte nach eigener Aussage mit der Islamischen Charta einen Beitrag zur Versachlichung der gesellschaftlich-politischen Debatte leisten.1 Von einer Versachlichung kann aber nicht gesprochen werden, wenn weitere Fragen aufgeworfen werden. Distanziert man sich beispielsweise vorbehaltslos von den rechtsrelevanten Teilen der Scharia, die in Teilen – auch nach Ansicht der parlamentarischen Versammlung des Europarates – im Widerspruch zur Europäische Menschenrechtserklärung (EMRK) stehen?2 Wo bleibt eine Initiative zur Ächtung der menschenrechtsverachtenden Teile der Scharia, um Organisationen und Einzelpersonen, die derlei fordern und fördern, verbieten zu können? Gemäß Artikel 3 der Islamischen Charta bilden die Aussagen und Verhaltensweisen Muhammads, die in der Sunna überliefert sind, die Grundlage des islamischen Glaubens, des islamischen Rechts und der islamischen Lebensweise. Auffallend ist hier die klare Abgrenzung einer religiösen Gruppe mit eigenem Rechtssystem. In einem Staatswesen ohne Theokratie wäre allerdings ein eindeutiges Bekenntnis zu unserem Rechtssystem, zur freiheitlich demokratischen Grundordnung, erforderlich. Oder ist unser Rechtssystem gegenüber religiösem, islamischem Recht nicht vorbehaltlos und uneingeschränkt als höherrangig anzusehen? Gemäß Artikel 10 der Islamischen Charta verpflichtet das „islamische Recht Muslime in der Diaspora, sich grundsätzlich an die lokale Rechtsordnung zu halten.“ Gelten nach Ansicht des 1 http://zentralrat.de/3035.php 2 Vergleiche Drucksache 17/5843 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6768 2 ZMD die Gesetze für Muslime also nicht unmittelbar, sondern nur solange und soweit das islamische Recht dies für sie anordnet? Bei einer „grundsätzlichen“ Bindung an die lokale Rechtsordnung stellt sich die Frage, ob die Rechtstreue folglich nicht uneingeschränkt gilt. Visumserteilung, Aufenthaltsgenehmigung und Einbürgerung werden als „Vertrag“ bezeichnet. Ein Vertrag gilt allerdings nur, bis eine Seite kündigt. Gesetze gelten per se und Gesetze kann man auch nicht kündigen. Was bedeutet es, dass die sog. Verträge von der „muslimischen Minderheit“ einzuhalten sind? Würde sich die muslimische Mehrheit an unsere Gesetze nicht mehr halten? All diese Fragen sind nicht geklärt. Gemäß Artikel 11 der Islamischen Charta (IC) bejahen die im Zentralrat vertretenen Muslime die vom Grundgesetz garantierte gewaltenteilige, rechtsstaatliche und demokratische Grundordnung. Wie passt das zusammen unter dem Gesichtspunkt, dass einzelne Mitglieder im Blickfeld des Verfassungsschutzes stehen? Gemäß Artikel 13 IC besteht zwischen den im Koran verankerten, von Gott gewährten Individualrechten und dem Kernbestand der westlichen Menschenrechtserklärung kein Widerspruch. Diese Aussage wurde von der parlamentarischen Versammlung des Europarates widerlegt.3 In Artikel 13 IC heißt es weiter: „Das Islamische Recht gebietet, Gleiches gleich zu behandeln, und erlaubt, Ungleiches ungleich zu behandeln.“ Da Koran und Sunna zur Quelle des islamischen Rechtes erklärt werden, stellt sich die Frage, ob Männer und Frauen oder Muslime und Andersgläubige gleich und damit gleich an Rechten sind? Oder fallen diese nach islamischem Recht in die Kategorie „ungleich“? Und vor allem: Wann und in welchen Bereichen gilt islamisches Recht in Deutschland? Artikel 14 der Charta besagt, dass „die europäische Kultur ganz wesentlich von der islamischen Philosophie und Zivilisation beeinflusst ist“. Weiter dann, die „Muslime wollen einen entscheidenden Beitrag zur Bewältigung von Krisen leisten. Dazu zählen u.a. die Bejahung des vom Koran anerkannten religiösen Pluralismus.“ Was bedeutet die Einschränkung auf den „vom Koran“ anerkannten religiösen Pluralismus? Heißt das, dass keine uneingeschränkte Gleichberechtigung aller Religionen anerkannt wird und sich auf den schariabasierten „Dhimmi“-Status für geduldete Nichtmuslime mit nur eingeschränkten Rechten bezogen wird? Ist der ZMD bereit, auf die Durchsetzung eines schariabasierten Rechtestatus für Nichtmuslime zu verzichten? In Artikel 20 IC geht es um „Sonderwünsche“ ausschließlich für Muslime. Dazu gehören u.a. die Erlaubnis des lautsprecherverstärkten Gebetsrufs, die Respektierung von „Bekleidungsvorschriften“ oder der staatlicher Schutz islamischer Feiertage. Interessant und auffällig ist die allgemeine Differenzierung nach Muslimen und Nicht-Muslimen (folglich nach Gläubigen und Ungläubigen) und nicht nach Nationalitäten. Fraglich ist auch, ob diese Forderungen einer Integration dienlich sind. Die mangelnde Trennung von Kirche und Staat sowie eine gescheiterte Integration werden in Artikel 21 IC deutlich: „Der Zentralrat ist parteipolitisch neutral. Die wahlberechtigten Muslime werden für diejenigen Kandidaten stimmen, welche sich für ihre Rechte und Ziele am stärksten einsetzen und für den Islam das größte Verständnis zeigen.“ Auch hier erfolgt eine Abgrenzung auf Grundlage der Religion – in einem Staat ohne Theokratie. Auch die Bundeszentrale für politische Bildung hat sich sehr kritisch mit der Islamischen Charta auseinandergesetzt und kommt zu folgender Schlussfolgerung: „Als Integrationshilfe 3 Vergleiche Landtagsdrucksache 17/6326 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6768 3 ist das Papier in der derzeitigen Form kaum brauchbar, dafür enthält es zu viele (es darf vermutet werden: gezielt) missverständliche Passagen. Die darin reflektierte traditionalistische Sicht des Islams hat mit dem selbst erhobenen Anspruch auf Förderung eines zeitgenössischen Verständnisses der islamischen Quellen und einer daraus erwachsenden Schaffung einer europäischen muslimischen Identität nichts zu tun.“4 Wesentlich kritischer als die Islamische Charta des ZMD sind die Mitgliedsorganisationen zu sehen. An erster Stelle ist in diesem Zusammenhang die Deutsche Muslimische Gemeinschaft (DMG) (ehemals: Islamische Gemeinschaft in Deutschland IGD) zu nennen, die wichtigste und zentrale Muslimbruder-nahe Organisation in Deutschland. Gemäß Verfassungsschutzbericht NRW gehört die DMG/IGD zu den Gründungsmitgliedern der Föderation islamscher Organisationen in Europa (FIOE), die als Sammelbecken für Organisationen der Muslimbruderschaft (MB) in Europa gilt. Die MB lehnt säkulare demokratische Staatssysteme ab beziehungsweise akzeptiert sie nur als Übergangslösung. Eine Beobachtung durch den Verfassungsschutz erfolgt aufgrund der Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung und den Gedanken der Völkerverständigung auf § 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 VSG NRW.5 Bei den Muslimbrüdern handelt es sich nach Expertenmeinung um eine ausgewiesene Terrororganisation, die u.a. sogar die Hamas als Tochterorganisation hat. Aiman A. Mazyek, Vorsitzender des Zentralrates der Muslime in Deutschland, zeigte in der Vergangenheit keine Berührungsängste mit hochrangigen Vertretern, die dem Aktionsgeflecht der Muslimbruderschaft zugerechnet werden, wie beispielsweise am 26.12.2016 mit Ali al Q..6,7 Bereits 2015 gab es ein Treffen im Islamischen Kulturverein Bochum e.V., welcher nach Auskunft des Innenministeriums aktuell unter Beobachtung des Verfassungsschutzes steht.8,9 Ali al Q. war Presseberichten folgend lange Zeit Stellvertreter von Yusuf Al Q., der in einer Videobotschaft u.a. für die Vernichtung der Juden verbunden mit dem Märtyrertum plädiert hat sowie die Shoa im Nachhinein für gerechtfertigt hielt. („This was a devine punishment for them“)10,11 Die Bundesregierung bestätigte im Rahmen der Antwort auf eine kleine Anfrage der AfD - Abgeordneten Hess, Baumann und Curio die Verbindung zwischen der MB und der DMG – damit also auch zum ZMD.12 Der zunehmende Einfluss der MB in Deutschland spiegelte sich auch im Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Erdogan anlässlich der Eröffnung der DITIB-Moschee in Köln. Mehrfach zeigte Präsident Erdogan bei dieser Gelegenheit den Rabia-Gruß der MB. Eine weitere Mitgliedsorganisation im ZDM ist die Union der Türkisch-islamischen Kulturvereine in Europa e.V. (ATIB). Gemäß Verfassungsschutzbericht Hessen wird diese Gruppierung dem türkischen Nationalismus, den „Grauen Wölfen/ Ülkücü-Bewegung“ 4 http://www.bpb.de/veranstaltungen/dokumentation/129994/die-islamische-charta-des-zentralrats-dermuslime -in-deutschland 5 Vergleiche Verfassungsschutzbericht NRW 2017 6 Vergleiche http://nrw-direkt.net/schulung-fuer-jugendliche-durch-muslimbrueder/ 7 http://islam.de/27070?fbclid=IwAR2eptqEcRgLRzpoENWidl3srd35Bd5sttKtfgfPxoD5G7s6uoSvv1R48c 8 8 https://vunv1863.wordpress.com/2018/12/23/bochum-al-qaradaghi-ante-portas/#more-16050 9 https://scontent-dus1-1.xx.fbcdn.net/v/t31.0- 8/p843x403/886222_426739180857429_5918850676722401964_o.jpg?_nc_cat=104&_nc_ht=sconte nt-dus1-1.xx&oh=1308b7686845ef570e194e15fdfb9087&oe=5D316D5E 10 https://www.youtube.com/watch?v=VcB_DZ4YQYQ&feature=youtu.be 11 https://vunv1863.wordpress.com/2018/12/23/bochum-al-qaradaghi-ante-portas/#more-16050 12 Vergleiche Bundestagsdrucksache 19/7570 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6768 4 zugerechnet.13 Im aktuellen Verfassungsschutzbericht NRW wird diese Organisation wie folgt beschrieben: „Durch ihr extrem nationalistisches Gedankengut bestehen tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht, dass die »Ülkücü-Bewegung« Ziele verfolgt, die sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung beziehungsweise gegen das friedliche Zusammenleben der Völker richten und zugleich gegen den im Grundgesetz garantierten Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Sie erfüllt damit die Voraussetzungen zur Beobachtung durch die Verfassungsschutzbehörden (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 4 VSG NRW)“ Das Islamische Zentrum Aachen e.V. stand, wie eine kleine Anfrage des Abgeordneten Sieveke (CDU) 2016 ergeben hat, in der Zeit von 1981 bis ca. 2009 dem syrischen Zweig der islamistischen Muslimbruderschaft nahe.14 Einem Bericht der Jüdischen Allgemeine folgend gab es allerdings auch im Jahre 2015 noch Beziehungen zur Muslimbruderschaft.15 Das Islamische Zentrum Aachen wurde vom Führer der syrischen Muslimbruderschaft, Issam al- A., von 1978 – 1996 geleitet.16,17 Auch die Bundeszentrales für politische Bildung betrachtet das IZ Aachen sehr kritisch. In einer Analyse heißt es: „Das IZ Aachen gibt sich nach außen unpolitisch, konzentriert seine Aktivitäten auf islamische Bildung und Erziehung und beteiligt sich gerne an interreligiösen Initiativen. Über seine Website bietet es allerdings Bücher des Chefideologen der MB Sayyid Muhammad Q. (1906-66), von Yusuf al-Q. sowie dem syrischen MB-Aktivisten Mustafa as-S. (1915-1964) an und lässt auf Veranstaltungen einschlägige Redner zu Wort kommen wie den Imam der MB-nahen Kölner Abu Bakr Moschee Mitwalli M. und Khaled H. Letzterer ist mit dem EIHW (Europäisches Institut für Humanwissenschaften), dem RIGD (Rat der Imame und Gelehrten in Deutschland) und dem ECFR (Europäischer Fatwarat) gleich in mehreren MB-affinen Organisationen tätig.“18 Das Islam Zentrum Hamburg (IZH), welches ebenfalls zum ZMD gehört, ist dem geistlichen Oberhaupt des Iran unmittelbar unterstellt und wird somit durch das Mullah-Regime im Iran kontrolliert. Nach Aussage der Behörde für Inneres und Sport in Hamburg „verfolgt das IZH als verlängerter Arm der Teheraner Revolutionsführung konsequent das Ziel, islamistisches Gedankengut nach heimatlichem Vorbild in Deutschland zu verbreiten.“19 Auf dem FDP-Parteitag Ende April 2019 fasste der FDP-Liberté Mitbegründer Tobias H. seine Kritik am Zentralrat der Muslime in einer direkten Ansprache in Richtung Aiman Mazyek wir folgt zusammen: „ […] auch bei Ihren Mitgliedsverbänden werden Freiheit, Demokratie und Menschenrechte wenn überhaupt nur sehr, sehr klein geschrieben. […] Der Bundesregierung ist seit Langem bekannt, dass zu den Mitgliedsvereinen des Zentralrats der Muslime in einem beträchtlichen Umfang auch Organisationen gehören, die von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachtet werden. Zur Erklärung: Es sind unter anderem die faschistischen Grauen Wölfe, der iranische Staatsislam und die 13 https://web.archive.org/web/20160621213337/https://lfv.hessen.de/sites/lfv.hessen.de/files/contentdownloads /Graue_Woelfe_Internet_0_0.pdf 14 Vergleiche Drucksache 16/12655 15 https://www.juedische-allgemeine.de/politik/islamische-kakophonie/ 16 https://izaachen.de/geschichte/ 17 https://de.wikipedia.org/wiki/Issam_al-Attar 18 https://m.bpb.de/politik/extremismus/islamismus/290422/die-muslimbruderschaft-indeutschland ?fbclid=IwAR3FOSXZn20NJnwfNrLKLiZejeGX0eSbOnr7ITIzBkZsPPliJmbY9aW4bUg 19 https://www.hamburg.de/innenbehoerde/archiv/232318/fuehrungswechsel-izh-artikel/ LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6768 5 dem Terrorismus verbundenen Muslimbrüder. Der Zentralrat der Muslime ist ein Verband mit Islamisten, Rassisten und Nationalisten.“20 Zusammenfassend kommt die Bundeszentrale für politische Bildung, in einer Analyse über die Muslimbruderschaft, zu folgendem Urteil über den ZMD: „In Deutschland wird 1994 mit erheblicher Beteiligung der MB-nahen Organisationen IGD, IZ München und IZ Aachen der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) gegründet. Zu seinen etwa 30 Mitgliedsverbänden zählen u.a. die ATİB, eine Abspaltung der rechtsextremen Auslandsvertretung der Grauen Wölfe, die sich heute nach eigenem Bekunden auf die islamische Religionsausübung konzentriert; das Islamische Zentrum Hamburg (IZH) als Satellit der iranischen Geistlichkeit und Regierung auf deutschem Boden; sowie der Bundesverband für Islamische Tätigkeiten mit seinem Vorsitzenden Mitwalli M.. Liberale Stimmen des Islams in Deutschland sucht man im Zentralrat vergebens, stattdessen ist man eifrig bemüht, selbige mundtot zu machen.“17 Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2584 mit Schreiben vom 2. Juli 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Auf der Internetseite des Zentralrats der Muslime wird seit 2016 keine aktuelle Liste der Mitgliedsorganisationen veröffentlicht.21 Das ist nicht förderlich für die Transparenz. Welche Mitgliedsorganisationen des ZMD sind der Landesregierung bekannt? 2- Wie werden, abgesehen von der DMG, der ATIB und dem IZ Aachen, die Mitgliedsorganisationen und die entsprechenden Moscheegemeinden des ZMD – was deren Imame, Gast-Imame und Vorsitzenden einschließt – von den Sicherheitsbehörden bzw. vom Verfassungsschutz bewertet? (bitte alle Mitgliedsorganisationen des ZMD auflisten und im Falle einer besonderen Beobachtung diese Maßnahme einzeln begründen, z.B. Kontakte/ Verbindungen zu verfassungsfeindlichen Gruppierungen/ Einzelpersonen, Vorsitzender bzw. Imame einer Mitgliedsorganisation/ einer Moscheegemeinde im Fokus der Sicherheitsbehörden oder des Verfassungsschutzes, ausreichender bzw. bisher noch nicht ausreichender Verdacht von verfassungsfeindlichen Bestrebungen oder Tätigkeiten in allen bzw. einzelnen Moscheegemeinden einer Mitgliedsorganisation etc.) Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Der Landesregierung liegt keine aktuelle Liste über den vollständigen Mitgliederbestand des Zentralrats der Muslime in Deutschland (ZMD) vor. Weitergehende Erkenntnisse und Bewertungen zu einzelnen Mitgliedern des ZMD können nicht mitgeteilt werden, weil dadurch Rückschlüsse auf den Erkenntnisstand und die Arbeitsweise des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes gezogen werden könnten. Dies würde die Funktionsfähigkeit des Verfassungsschutzes nachhaltig beeinträchtigen. 20 https://www.achgut.com/artikel/fundstueck_herr_mayzek_war_nicht_amuesiert?fbclid=IwAR2iWWcjuK dQuu39Nf5o6ulws9IJiiMX-60bPb9FFINALlyWKT12y0zvn6w 21 http://zentralrat.de/28128.php LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6768 6 3. Welche Mitgliedsorganisationen des ZMD sollen – trotz der Beobachtung von mindestens 3 dieser Organisationen durch den Verfassungsschutz – zukünftig im Rahmen der Neuausrichtung der Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und den organisierten Musliminnen und Muslimen – unter organisatorischer Begleitung der neuen Koordinierungsstelle „Muslimisches Engagement in NRW“ – eingebunden werden? Die Landesregierung hat ein Interesse daran, in die künftige Zusammenarbeit mit muslimischen Zusammenschlüssen neben dem ZMD als Dachverband auch interessierte Mitgliedorganisationen einzubeziehen. Voraussetzung für die Zusammenarbeit mit dem Land ist, dass sich die mitwirkenden Vereine zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und ihr Handeln an der geltenden Rechtsordnung ausrichten. 4. Sind die aufgeführten kritischen Aspekte der Islamischen Charta kompatibel mit dem Anspruch der Landesregierung für eine gelingende Integration in die deutsche Gesellschaft? (bitte einzeln begründen) Zur Integration gehört die Anerkennung der hier geltenden Werte und Rechtsnormen. Indes ist Religion selbst kein Handlungsfeld der Integrationspolitik. Die Glaubensauslegung und – praxis von religiösen Gemeinschaften unterliegen der im Grundgesetz garantierten Religionsfreiheit. Dabei gilt die Einschränkung, dass Grundrechte oder andere Güter von Verfassungsrang nicht verletzt und die geltende Rechtsordnung nicht missachtet werden dürfen. Religiöse Gemeinschaften, die hierzu nicht bereit sind, werden konsequent vom Verfassungsschutz beobachtet. Religiös motivierte Straftaten werden nach Maßgabe geltenden Rechts verfolgt und geahndet. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 2 der Kleinen Anfrage 2375, Drucksache 17/6326, verwiesen. 5, Betrachtet die Landesregierung den Zentralrat der Muslime noch als verlässlichen Ansprechpartner in Anbetracht mindestens dreier verfassungsfeindlicher Mitgliedsverbände? Der Landesregierung ist seit langem bekannt, dass zu den Mitgliedsvereinen des ZMD auch Organisationen gehören, die von den Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder beobachtet werden. Die Zusammenarbeit der Landesregierung mit dem ZMD und anderen muslimischen Verbänden und Gemeinden erfolgt auf der Grundlage der geltenden Rechtsordnung. Die Landesregierung hat den Dialog mit islamischen Einrichtungen auf eine breite Basis gestellt, die die Vielfalt dieser Religion widerspiegelt und ihr gerecht wird. Vor diesem Hintergrund ist der ZMD, der in seiner Binnenstruktur selbst heterogen aufgestellt ist, einer von vielen Ansprechpartnern der Landesregierung. Dabei gestaltet die Landesregierung ihren Dialog mit dem ZMD und allen übrigen muslimischen Verbänden und Gemeinden immer auf Grundlage aller zur Verfügung stehenden Erkenntnisse zu deren Positionen und deren Mitgliedern aus. Die Landesregierung ist im Übrigen davon überzeugt, dass kritische Fragen nicht durch Ausschluss, sondern nur im Dialog behandelt werden können. Dies gilt auch für Fragen mit Bezug auf die Islamische Charta.