LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6905 15.07.2019 Datum des Originals: 15.07.2019/Ausgegeben: 18.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2627 vom 6. Juni 2019 der Abgeordneten Alexander Langguth, Frank Neppe und Marcus Pretzell FRAKTIONSLOS Drucksache 17/6567 Gefährdung des Hambacher Forsts durch anarchistische Besetzer Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Besetzerszene des Hambacher Forsts verstößt nicht nur mit ihren Baumhäusern gegen das Bauordnungsrecht NRW sondern auch mit ihrem Verhalten gegen das Landesforstgesetz NRW. Hierbei ist insbesondere die Waldgefährdung durch Feuer zu betrachten. In § 47 LFoG heißt es: „Im Wald oder in einem Abstand von weniger als einhundert Meter vom Waldrand ist außerhalb einer von der Forstbehörde errichteten oder genehmigten und entsprechend gekennzeichneten Anlage das Anzünden oder Unterhalten eines Feuers oder die Benutzung eines Grillgerätes sowie das Lagern von leichtentzündlichen Stoffen nicht zulässig.“ Die Besetzer hält dies jedoch nicht davon ab, offene Feuer zu entzünden.1 Dies stellt insbesondere in den anstehenden trockenen Sommermonaten eine weitreichende Gefahr für den Hambacher Forst dar. Da die Besetzung des Hambacher Forsts respektive das dauerhafte Wohnen der Besetzer in Baumhäusern im Hambacher Forst seit Oktober 2018 von der Landesregierung trotz bekannter Mängel, insbesondere hinsichtlich des Brandschutzes und der Rettungswege, geduldet wird, muss die Landesregierung für die hieraus wachsenden Risiken für den Hambacher Forst Vorsorge treffen. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2627 mit Schreiben vom 15. Juli 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern, dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie sowie der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1 https://www.nrz.de/region/niederrhein/hambacher-forst-so-leben-die-aktivisten-im-waldid 216189667.html (abgerufen am 14.05.2019) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6905 2 Vorbemerkung der Landesregierung Offene Feuer im Wald stellen grundsätzlich nicht nur eine Gefährdung des Waldes, sondern auch der Bevölkerung dar. Dies gilt in besonderem Maße für das dichtbesiedelte Bundesland Nordrhein-Westfalen. Nordrhein-Westfalen gehört aufgrund der Waldstruktur und der forstlichen Standorteigenschaften zu den Bundesländern mit der bislang geringsten Waldbrandgefährdung. Selbst im trockenen Sommer 2018 lag die Summe der rund 160 Waldbrände bei 39 Hektar. 1. Wie viele Feuerstellen, wie sie beispielhaft im Video aus dem Hambacher Forst unter Fußnote 1 zu sehen sind, sind der Landesregierung im Hambacher Forst bekannt? Die letzte dem Landesbetrieb Wald und Holz vorliegende Dokumentation des Polizeipräsidenten Aachen gab zum 25.03.2019 mindestens drei offene Feuerstellen als ungenehmigt errichtete Bodenstrukturen im Walde an. Diese wurden beseitigt. 2. Wurden die Feuerstellen im Hambacher Forst von der Forstbehörde genehmigt und entsprechend gekennzeichnet? Feuerstellen im Hambacher Forst wurden weder beim zuständigen Regionalforstamt Rhein- Sieg-Erft beantragt, noch von ihm genehmigt. 3. Liegt nach Ansicht der Landesregierung durch das Verhalten der Besetzer für den Hambacher Forst eine erhöhte Waldbrandgefahr vor? Der Betrieb einer ungenehmigten offenen Feuerstelle im Wald stellt unabhängig vom Verursacher immer eine Gefahr dar. 4. Falls die Landesregierung unter Frage 3 keine erhöhte Waldbrandgefahr durch die Feuerstellen der Besetzer erkennt, welchem Zweck dient § 47 LFoG, wenn nicht dem Schutz des Waldes vor Bränden? Siehe Antwort zur Frage 3 und Vorbemerkung. 5. Welche Funktionsstärken der Feuerwehr können in welcher Hilfsfrist bei einem Waldbrand im Hambacher Forst, bei dem durch die Besetzung auch Menschenleben gefährdet sind, den Brand bekämpfen und die Menschen aus den Baumhäusern evakuieren? Die Trägerin des Brandschutzes und der Hilfeleistung ist gemäß § 2 Abs. 1 des Gesetzes über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz (BHKG) die Gemeinde. Die Gemeinden stellen nach § 3 Abs. 3 Brandschutzbedarfspläne auf. In den Brandschutzbedarfsplänen wird unter anderem das Gefahrenpotential der Gemeinde LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6905 3 analysiert und darauf aufbauend die Gefahrenabwehrpotentiale der Feuerwehr individuell angepasst. Die Gemeinden legen somit das Schutzniveau für ihre Bevölkerung selbst fest. In den betroffenen Gemeinden Kerpen und Merzenich wird im Falle eines gemeldeten Waldbrandes gemäß Alarm- und Ausrückordnung beim Einsatzstichwort „Wald“ bei den Feuerwehren eine entsprechende Einsatzmittelkette alarmiert. Diese setzt sich aus mehreren Einheiten der Feuerwehr sowie des Rettungsdienstes zusammen und beinhaltet sowohl wasser- als auch schlauchführende Sonderfahrzeuge. Abhängig von der konkreten Notrufmeldung werden bei Bedarf weitere Einheiten alarmiert und/oder durch die ersteintreffenden Einheiten nachgefordert. Hierdurch ist in beiden Fällen gewährleistet, dass die Hilfsfristen gemäß kommunalem Brandschutzbedarfsplan mit entsprechenden Qualifikationen eingehalten werden. Die Hilfsfristen beziehen sich auf die Erreichung des Waldrandes, für eine Anfahrt zu einer Einsatzstelle ist innerhalb des Waldes weitere Zeit nötig. Die „Evakuierung“ von Baumhäusern wird dann, je nach Gefährdungslage, wahrscheinlich zu den ersten Maßnahmen gehören, die die Feuerwehreinsatzkräfte durchführen. Der Erfolg hängt diesbezüglich insbesondere von der Bauart (Höhe) der Behausung und von der Mitarbeit und der Kooperationsbereitschaft der Bewohner ab.