LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6940 18.07.2019 Datum des Originals: 17.07.2019/Ausgegeben: 23.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2643 vom 18. Juni 2019 der Abgeordneten Nadja Lüders SPD Drucksache 17/6624 Welche Informationen liegen der Landesregierung zu rechtsterroristischen Kontakten in NRW vor? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nicht erst seit dem offenbar rechtsextremistisch motivierten Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke wird die Existenz rechtsterroristischer Zellen öffentlich diskutiert. Bereits 2013 lagen so z.B. Hinweise auf wiedererstarkende Netzwerke der Gruppierung „Combat 18“ vor. Die besondere Militanz wurde erneut offenkundig durch einen Einsatz der GSG 9 im September 2017 an der bundesdeutschen Grenze zu Tschechien, als mehrere Mitglieder der Organisation mit scharfer Munition und auf dem Weg zu einer Waffenübung in Gewahrsam genommen wurden1. Ob der derzeit der Tat verdächtigte Stephan E. tatsächlich Mitglied von „Combat 18“ ist, wird sich im Laufe der weiteren Ermittlungen wohl erst zeigen. Allerdings verdichten sich nach Medienrecherchen die Hinweise, dass E. seit vielen Jahren auf vielfältige Weise im rechtsextremen Spektrum vernetzt war - auch über Hessen hinaus, z.B. in Nordrhein- Westfalen. Unbestätigt ist bisher eine mutmaßliche Spende an die AfD2. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2643 mit Schreiben vom 17. Juli 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1 https://www.spiegel.de/panorama/justiz/combat-18-wiederbelebung-einer-neonazi-terrorgruppe-a- 1131957.html 2 https://www.zeit.de/politik/deutschland/2019-06/walter-luebcke-kassel-mordfall-ermittlungen LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6940 2 1. Wie viele potenzielle rechtsterroristische Zellen in NRW sind der Landesregierung derzeit bekannt (Anmerkung: nach der üblichen Operationsweise von z.B. Combat 18 können als Zellen auch Einzelpersonen oder minimale Verbünde von z.B. zwei Personen gelten)? Die Sicherheitsbehörden orientieren sich bei der Verwendung des Begriffs „Terrorismus“ am Straftatbestand der Bildung einer terroristischen Vereinigung nach § 129a Abs. 1, Abs. 2 Strafgesetzbuch. Danach setzen terroristische Vereinigungen einen auf längere Dauer angelegten und organisierten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen zur Verfolgung eines übergeordneten gemeinsamen Interesses voraus, deren Zweck oder Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, im Strafgesetzbuch ausdrücklich benannte schwere Straftaten wie z.B. Morde oder Straftaten gegen die Menschlichkeit zu begehen. Täter und damit Terrorist ist, wer einen solchen Zusammenschluss gründet oder sich daran beteiligt. Die Sicherheitsbehörden in Nordrhein-Westfalen beobachten alle rechtsextremistischen Organisationen auch daraufhin, ob Anhaltspunkte für rechtsterroristischen Strukturen im Sinne des Strafrechts vorliegen. Die Entscheidung, ob eine terroristische Vereinigung vorliegt, treffen die Strafermittlungsbehörden und Gerichte. 2. Gab es in der laufenden Legislaturperiode konkrete Hinweise auf geplante rechtsextremistisch motivierte Anschläge auf Leib und Leben? Der Landesregierung ist ein von dem Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof geführtes Ermittlungsverfahren bekannt, dem die alleinige Informationshoheit obliegt. 3. Sind der Landesregierung Kontakte zwischen Stephan E. und der Partei „Die Rechte“ in NRW bekannt? Die Frage betrifft ein umfangreiches und laufendes Ermittlungsverfahren. Der bisherige Zwischenstand ist (Stand: 02.07.2019), dass Stephan E. am 01.05.2009 an einer Spontanversammlung der mittlerweile verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ (NWDO) in Dortmund teilgenommen hat. Die Partei „Die Rechte“ ist eine Auffangstruktur für den 2012 verbotenen NWDO. 4. Gab es nach Informationen der Landesregierung persönliche Kontakte zwischen Mitgliedern der nordrhein-westfälischen AfD und Stephan E.? Entsprechende Informationen liegen der Landesregierung nicht vor. 5. Wie viele Personen in NRW werden derzeit vor dem Hintergrund möglicher rechtsterroristischer Aktionen durch den Verfassungsschutz beobachtet? Unter besonderer Beobachtung stehen derzeit 19 Personen, bei denen Grund zur Annahme besteht, dass ein erhöhtes Gefahrenpotential vorliegt, aus dem sich Ansätze für rechtsterroristische Aktivitäten künftig entwickeln können.