LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6977 24.07.2019 Datum des Originals: 24.07.2019/Ausgegeben: 29.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2651 vom 27. Mai 2019 des Abgeordneten Christian Loose AfD Drucksache 17/6656 Mogelpackung Strukturwandelprojekte – Was ist neu am S11-Ergänzungspaket und der Westspange? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Plenarsitzung vom 23.05.2019 hat Ministerpräsident Armin Laschet unter dem Titel „Klima-Konsens 1.1 umsetzen – neue Arbeitsplätze und Zukunftsperspektiven für die Kohlereviere“ die Abgeordneten im Landtag Nordrhein-Westfalen über Planungen und Projekte informiert, mit deren Hilfe die zu erwartenden Arbeitsplatzverluste in Folge des sog. Braunkohleausstiegs kompensiert werden sollen. Die Bundesregierung hatte zuvor, im Juni 2018, die sog. Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ eingesetzt, die im Januar 2019 ihren Abschlussbericht vorlegte. Die hier dargelegten Empfehlungen münden in einer nunmehr verlautbarten, strukturpolitischen Unterstützung durch die Bundesregierung. Ziel ist es, die durch den Kohleausstieg wegfallenden wirtschaftlichen Möglichkeiten und Arbeitsplätze durch den Aufbau neuer Wertschöpfungschancen zu kompensieren.1 Als eines der in den Eckpunkten genannten Infrastrukturprojekte findet sich für NRW das „S-11-Ergänzungspaket“ im Knoten Köln, das in Zusammenhang mit dem dort ebenfalls genannten Projekt „Westspange“ steht.2 Diese beiden Projekte sind aufgeführt unter der Überschrift „Vorhaben im Knoten Köln“. Zu den Vorhaben führt die Deutsche Bahn aus: „Um dem prognostizierten Wachstum des Reisendenaufkommens gerecht zu werden, ist geplant, die Kapazität im Kölner S-Bahn-Netz 1 vgl. Eckpunkte zur Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“, https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/E/eckpunktestrukturwandel .pdf?__blob=publicationFile, Seite 3. Abgerufen am 18.06.2019 2 Ebenda, Seite 19 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6977 2 zu steigern. Dazu sind Ausbauarbeiten an der S-Bahn-Stammstrecke von Köln Messe/Deutz über den Hauptbahnhof bis Köln Hansaring, einschließlich der Modernisierung der Leit- und Sicherungstechnik, sowie der Ausbau einzelner Zuführungsstrecken erforderlich. Ziel ist ein umfangreicheres und zuverlässigeres Angebot für die Reisenden. Das Projekt zum Ausbau der S11/S-Bahn-Stammstrecke Köln ist das Schlüsselprojekt für den S-Bahn-Ausbau im Bahnknoten Köln. Die Vorplanung wurde Ende 2018 abgeschlossen.“3 Das „Ergänzungspaket“ beschreibt die Deutsche Bahn so: Als Ergänzung zum Ausbau der S 11/S-Bahn-Stammstrecke Köln ist vorgesehen, die ebenfalls stark nachgefragte Regionalbahn RB 38 („Erftbahn“) von Bedburg bis Horrem zu einer vollwertigen elektrifizierten S-Bahn mit 20-Minuten-Takt auszubauen. Zum Ergänzungspaket gehört zudem der Bau eines S-Bahn- Haltepunktes in Köln-Mülheim (Köln Berliner Straße) im Verlauf der S 6, um eine weitere Umsteigemöglichkeit zum Bus- und Stadtbahnnetz (Linie 4) zu schaffen. Darüber hinaus ist der Neubau einer Abzweigverbindung am Haltepunkt Köln-Müngersdorf Technologiepark für die zukünftige Führung von S-Bahnen in Richtung Pulheim geplant. Die Vorhaben des Ergänzungspakets sind nicht Bestandteil der Planungen zum Ausbau der S 11/S-Bahn- Stammstrecke. Dazu ist im August 2017 eine separate Planungsvereinbarung abgeschlossen worden.4 Bei dem Projekt des Kölner S-Bahn-Westrings (seit Mitte der 2010er Jahre auch als Köln Westspange bezeichnet) geht es darum, die linke Rheinstrecke zwischen Köln und Bonn- Mehlem viergleisig auszubauen. Beide Projekte erwecken aufgrund der Planungshistorie nicht den Anschein, in irgendeinem Zusammenhang mit dem sog. Braunkohleausstieg zu stehen. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 2651 mit Schreiben vom 24. Juli 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Von wann bis wann erstreckten sich die Planungen zu dem Projekt „S-11- Ergänzungspaket“? Der Ausschuss für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr (ABWSV) hat in seiner Sitzung vom 14. April 2016 sein Einvernehmen zur Aufnahme der Maßnahme „Ausbau der Erftbahn zur S-Bahn, Kerpen-Horrem-Bedburg“ („Erft-S-Bahn“, NVR) in die Stufe 1 des ÖPNV- Bedarfsplans des Landes Nordrhein-Westfalen erklärt. Die Planungsvereinbarung für die Leistungsphasen 1 (Grundlagenermittlung) und 2 (Vorplanung) gemäß der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zwischen dem Land, dem Zweckverband Nahverkehr Rheinland, der DB Netz AG und DB Station & Service AG wurde am 29. Mai 2017 unterzeichnet. Der Abschluss beider Leistungsphasen wird nach Auskunft des Vorhabenträgers für Ende 2019 angestrebt. Die Ergebnisse bleiben abzuwarten. Hieran schließen sich die Leistungsphasen 3 (Entwurfsplanung) und 4 (Genehmigungsplanung) an. 3 vgl. https://bauprojekte.deutschebahn.com/p/koeln-s-11-stammstrecke. Abgerufen am 18.06.2019 4 Ebenda LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6977 3 2. Von wann bis wann erstreckten sich die Planungen zu dem Projekt „Westspange“? Die Westspange ist seit dem 06. Februar 2019 durch Bestätigung des Verkehrsausschusses Bestandteil des ÖPNV-Bedarfsplans und des ÖPNV-Infrastrukturfinanzierungsplans des Landes Nordrhein-Westfalen. Am 11. Februar 2019 wurde eine Planungsvereinbarung für die Leistungsphasen 1 und 2 gemäß HOAI unterzeichnet. Der Abschluss der Planungen (LPH 1+2) ist für das Jahr 2023 vorgesehen. Hieran schließen sich die Leistungsphasen 3 (Entwurfsplanung) und 4 (Genehmigungsplanung) an. 3. Inwieweit ist es sachgerecht solche Projekte, die ihren Ursprung ohne Zweifel lange Zeit vor der Entscheidung zur Formierung der sog. „Kohlekommission“ haben, als Projekte zu bezeichnen, die den durch den sog. Kohleausstieg zu erwartenden Arbeitsplatzverlust kompensieren sollen? 4. Die Schaffung wie vieler zusätzlicher Arbeitsplätze erwartet die Landesregierung dadurch, dass die beiden Projekte nunmehr als Teil der Maßnahmen des Strukturstärkungsgesetzes gekennzeichnet werden? 5. Die Schaffung wie vieler zusätzlicher Arbeitsplätze erwartete die Landesregierung ursprünglich durch die beiden Projekte? Die Fragen 3 bis 5 werden aufgrund ihres Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Region beschäftigt sich schon seit Jahren mit dem bevorstehenden Strukturwandel. Dieser ist keine Folge der Beratungen der Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, sondern die Kommission ist eine Folge des sich schon jahrelang abzuzeichnenden Strukturwandels. Die zukunftsfähige Neuausrichtung des Rheinischen Reviers erfordert den Ausbau geeigneter Verkehrsinfrastrukturen, um den Raum zu erschließen und dessen Entwicklungspotenziale optimal an die großen Ballungszentren wie Köln, Düsseldorf, Mönchengladbach und Aachen anzubinden. Neue intelligente Verkehrsangebote in Kombination mit innovativen Technologien und Antriebssystemen können dabei helfen, Distanzen leichter zu überwinden und urbane wie ländliche Qualitäten besser miteinander zu verknüpfen. Eine gute infrastrukturelle Anbindung des Rheinischen Reviers zu den umliegenden Oberzentren und zur Entlastung dieser Oberzentren ist eine wesentliche Voraussetzung für das Gelingen dieses Konzepts. Dazu gehören u.a. die Schienenverkehrsmaßnahmen Westspange Köln und der Ausbau der Regionalbahn 38 zur Erft-S-Bahn. Mit der Aufnahme der o.a. Projektvorschläge in die "Eckpunkte zur Umsetzung der strukturpolitischen Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ bietet sich die Chance einer verlässlichen und beschleunigten Umsetzung. Hierzu sind neben investiven Mitteln genauso Mittel für Personal und Planung sowie die von der Kommission geforderten ordnungspolitischen Sonderregelungen erforderlich. Die Landesregierung, die Deutsche Bahn AG sowie die zuständigen Zweckverbände haben mit der Zeichnung eines Memorandum of Understanding am 17. Juli 2019 verabredet, die Umsetzung der in den Eckpunkten für ein „Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen“ bzw. im „Sofortprogramm Kohlekommission“ als prioritär definierten Schienenprojekte zu beschleunigen.