LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6981 24.07.2019 Datum des Originals: 24.07.2019/Ausgegeben: 29.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2640 vom 19. Juni 2019 der Abgeordneten Nadja Lüders SPD Drucksache 17/6621 Welche Informationen liegen der Landesregierung zu den sogenannten „Kampfsportgruppen“ vor? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In der Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/5711) auf die Kleine Anfrage 2311 und ebenso in der Antwort auf die Kleine Anfrage 2373 wird die Vernetzung sogenannter „Kampfsportgruppen“ mit rechtsextremen Parteien und Gruppierungen deutlich. Darüber hinaus scheinen die „Kampfsportgruppen“ eine nationale wie internationale Scharnierfunktion auszuüben, so dass etwa Kooperationen zwischen den Parteien „Die Rechte“ und „Der III. Weg“ über diese Ebene ermöglicht werden. Zudem gibt es Hinweise, dass die sogenannten „Kampfsportgruppen“ eine Möglichkeit zur Nachwuchsrekrutierung für die rechtsextreme Szene darstellen. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2640 mit Schreiben vom 24. Juli 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Seit wann bestehen die ersten der sogenannten „Kampfsportgruppen“ mit Kontakten in das rechtsextreme Milieu in NRW? Maßgeblich für den Kampfsport mit Kontakten in das rechtsextremistische Milieu in Nordrhein- Westfalen ist der „Kampf der Nibelungen“. Dabei handelt es sich zum einen um ein rechtsextremistisches Label, welches Textilien vertreibt, zum anderen um eine unter diesem Namen veranstaltete Kampfsportreihe. Erstmalig wurde die damals noch als „Ring der Nibelungen“ bezeichnete Veranstaltung 2013 durchgeführt. 2014 übernahm mit Alexander Deptolla eine Führungsperson des Dortmunder Kreisverbandes „Die Rechte“ die Organisation der Veranstaltung. Seit 2015 firmiert die Veranstaltungsreihe unter dem Namen „Kampf der Nibelungen“. Bei der Veranstaltung im Jahr 2018 trat der russische Rechtsextremist Denis LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6981 2 Kapustin als Mitorganisator hinzu, der bis zum Frühjahr 2019 seinen Wohnsitz in Nordrhein- Westfalen hatte. Dieser ist mit seiner Organisation "White Rex" europaweit aktiv und hat maßgeblich dazu beigetragen die rechtsextremistische Kampfsportszene zu professionalisieren. Damit hat er die Popularität des Kampfsports in der Szene weiter erhöht. Seit 2017 ist in der rechtsextremistischen Kampfsportszene in Deutschland auch die Kampfsportgruppe „Wardon 21“ aktiv, von der ein Mitglied im Ruhrgebiet wohnt. Diese beteiligte sich inzwischen an mehreren rechtsextremistischen Kampfsportturnieren und unterhält auch Kontakte zu ausländischen rechtsextremistischen Kampfsportgruppen. 2. Wie viele Trainingszentren bzw. „Kampfsportgruppen“ sind der Landesregierung aktuell bekannt? (bitte benennen und nach Städten aufschlüsseln) In Bezug auf dauerhaft angelegte Trainingszentren liegen der Landesregierung aktuell keine Erkenntnisse vor. In jüngerer Vergangenheit fand der „Kampf der Nibelungen“ in Hamm (2015) und Kirchhundem (2017) statt. In diesem Jahr (2019) wurde darüber hinaus von den Organisatoren der Veranstaltung ein „Selbstverteidigungsseminar“ ausgerichtet, welches nach den aktuellen Erkenntnissen in einem Sport- bzw. Fitnessstudio in Castrop-Rauxel stattfand. In den letzten Jahren haben Rechtsextremisten überdies mehrfach zeitweise „Trainingsgruppen“ gebildet, in denen sie unter anderem Kampfsport trainierten. 3. Wie hat sich die Bedeutung der sogenannten „Kampfsportgruppen“ für die rechtsextreme Szene entwickelt? Die Relevanz des Kampfsports innerhalb der rechtsextremistischen Szene ist in den letzten Jahren stark angestiegen. So besteht mittlerweile ein europaweit agierendes Netzwerk diverser Kampfsportlabels (etwa „Kampf der Nibelungen“/Deutschland, „White Rex“/Russland/Ukraine, „Pride France“/Frankreich, „Black Legion“/Deutschland), Bekleidungsmarken und Organisatoren. In ideologischer Hinsicht betten die unterschiedlichen Akteure den Kampfsport in ihr rechtextremistisches Weltbild ein. Der Kampfsport fungiert als ein Katalysator, dessen ideologische Botschaften in die gesamte Szene einwirken und zugleich aufgrund seines „Event-Charakters“ das Rekrutierungspotential und die Attraktivität enorm erhöht. Durch die professionell durchgeführten Veranstaltungen und die Selbstinszenierung in den sozialen Netzwerken entwickelt sich der Kampfsport – neben rechtsextremistischer Musik sowie dem gewaltaffinen Fußballspektrum – zu einer weiteren Säule eines „erlebnisorientierten Lebensstils“ der Szene. 4. Wie viele Mitglieder rechnet die Landesregierung derzeit den ihr bekannten Trainingszentren bzw. „Kampfsportgruppen“ zu? (bitte nach Gruppierungen bzw. Standorten aufschlüsseln) Der Hauptprotagonist von „Kampf der Nibelungen“ stammt aus Nordrhein-Westfalen. Bei der Durchführung seiner Veranstaltungen wird er von einer niedrigen zweistelligen Zahl von Rechtsextremisten aus Nordrhein-Westfalen – überwiegend aus der Dortmunder Szene – und einer niedrigen zweistelligen Zahl von Rechtsextremisten aus anderen Bundesländern unterstützt. Der Gruppierung „Wardon“ wird deutschlandweit eine niedrige zweistellige Zahl an Rechtsextremisten zugeordnet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6981 3 Die Zahl von Rechtsextremisten, die sich zeitweise zu Trainingsgruppen zusammengefunden haben, schwankt zwischen einer einstelligen Zahl bis zu einer niedrigen zweistelligen Zahl von Mitgliedern. 5. Wie viele Mitglieder der sogenannten „Kampsportgruppen“ sind gleichzeitig aktive Mitglieder anderer rechtsextremer Parteien und Gruppierungen? (bitte nach Parteien bzw. Gruppierungen aufschlüsseln) Die wesentlichen Protagonisten der Veranstaltungsreihe „Kampf der Nibelungen“ stammen aus der Partei „Die Rechte“. In die Organisation der Veranstaltungsreihe sind außerdem die „Hammerskins“ eingebunden. Weiterhin war zuletzt auch eine Person von „Combat 18“ in die Organisation eingebunden. Bei „Wardon 21“ gibt es personelle Überschneidungen zur rechtsextremistischen Band „Terrorsphära“.