LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/6983 24.07.2019 Datum des Originals: 22.07.2019/Ausgegeben: 29.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2687 vom 27. Juni 2019 der Abgeordneten Alexander Langguth, Frank Neppe und Marcus Pretzell FRAKTIONSLOS Drucksache 17/6707 Zwischen friedlicher Demonstration und gewaltsamer Rebellion Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Zwischen dem 19. und 24. Juni 2019 führte das linksextremistisch geprägte Sammelbündnis „Ende Gelände“ seine Aktionstage zulasten von RWE aus. Die geplanten Aktionen dienten einer Machtdemonstration und der Einschüchterung von Energieerzeugern und Bevölkerung. Der NRW-Innenminister Herbert Reul sprach in dem Zusammenhang von „gewalttätigen Aktionen “1. Getreu dem Motto „Niemand kann uns aufhalten!“2 machten die Beteiligten keinen Halt davor, die bestellten Felder von Bauern zu verwüsten und Absperrungen zu durchdringen. Mit Sprühdosen, Pyrotechnik und Plastikeinhörnern gegen Umweltverschmutzung.3 Neben zahlreichen friedlichen Demonstranten war jedoch auch eine nicht vernachlässigbare große Gruppierung an einem friedlichen Protest nicht interessiert. Aufgrund der Medienberichterstattung wurde schnell klar, dass es diesen Teilnehmern eher um Gewalttourismus und einen Systemkampf als um Umweltschutz ging. Bei den Demonstrationen, insbesondere bei den Besetzungen, wurden offensichtlich zahlreiche Straftaten begangen. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2687 mit Schreiben vom 22. Juli 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie beantwortet. 1 https://www.welt.de/politik/deutschland/article195666545/Ende-Gelaende-Klima-Proteste-beendet- Reul-kritisiert-Aktivisten.html (abgerufen am 25.06.2019) 2 https://twitter.com/Ende_Gelaende/status/1142394680891629571 (abgerufen am 25.06.2019) 3 https://twitter.com/Ende__Gelaende/status/1142862401777352706, https://twitter.com/Ende__Gelaende /status/1142543970712588290 und https://twitter.com/KathrinAnna/status /1142791910131752960 (abgerufen am 25.06.2019) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6983 2 1. Wie viele Straftaten bzw. Ordnungswidrigkeiten wurden im Zusammenhang mit den Protesten gegen die Kohleverstromung zwischen dem 19. und 24. Juni 2019 registriert ? Bitte nach Tatbeständen aufschlüsseln. Laut der Lageabschlussmeldung vom 24.06.2019 wurden bislang 75 Straftaten und Ordnungswidrigkeiten im Sachzusammenhang gezählt. Diese Zahl ist nicht abschließend, da sich Strafund Ordnungswidrigkeitenanzeigen, die durch Fremdkräfte wie Bereitschaftspolizei oder Polizeikräfte anderer Bundesländer gefertigt werden, noch auf dem Weg zur Ermittlungskommission Hambach befinden und dann erst erfasst werden. Aus diesem Grund ist auch eine Aufschlüsselung nach Tatbeständen zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich. 2. In wie vielen Fällen aus Frage 1 waren die Tatverdächtigen minderjährig? In den derzeit vorliegenden Anzeigen wurde im Rahmen der Auswertung eine minderjährige Beschuldigte festgestellt. Diese Zahl ist nicht abschließend, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen und weitere Beschuldigte noch nicht abschließend identifiziert sind. Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 1. 3. In wie vielen Fällen aus Frage 1 waren die Tatverdächtigen nach Kenntnis der Landesregierung aus dem Ausland angereist? Im Rahmen der bisherigen Auswertung wurden keine aus dem Ausland angereisten Beschuldigten festgestellt. Diese Zahl ist nicht abschließend, da die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen und weitere Beschuldigte noch nicht abschließend identifiziert sind. Im Übrigen verweise ich auf meine Antwort zu Frage 1. 4. Wie hoch sind die bislang festgestellten, monetär quantifizierbaren Schäden aus den Fällen von Frage 1 (inkl. der Schäden, die RWE durch u. a. Produktionsausfall und -drosselung erlitten hat)? Der Kreispolizeibehörde Aachen lagen zum Stand 09.07.2019 weder eine Aufstellung des Gesamtschadens der RWE AG noch einzelne Schadensaufstellungen zu den bereits bekannten Delikten vor. Auf Nachfrage teilte das Unternehmen mit, dass die während der Aktionstage des Bündnisses Ende Gelände zwischen dem 19. und 24.06.2019 infolge entsprechender Aktionen (u.a. Gleisund Großgerätebesetzungen, Anschläge auf Pumpstationen, Schaltschränke und Fahrzeuge) entstandenen wirtschaftlichen Schäden derzeit ermittelt werden. 5. Wie bewertet die Landesregierung die einzelnen Aktionen der Aufstände gegen die Kohleverstromung im rheinischen Revier zwischen dem 19. und 24. Juni 2019 hinsichtlich Art. 8 GG? Die eingesetzten Polizeikräfte haben Straftaten konsequent verfolgt. Die abschließende Bewertung der eingeleiteten Ermittlungsverfahren obliegt der zuständigen Staatsanwaltschaft Mönchengladbach. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/6983 3 Soweit durch die Versammlungsteilnehmer die in Artikel 8 Grundgesetz benannten sachlichen Schutzbereiche eingehalten und keine Straftatbestände verwirklicht wurden, handelte es sich um durch die Norm geschützte Versammlungen. In Teilen wurden allerdings Versammlungsanmeldungen durch das Polizeipräsidium Aachen im Vorfeld nicht bestätigt, da diese nicht der friedlichen Meinungskundgabe dienten. Artikel 8 Grundgesetz garantiert das Grundrecht, sich friedlich und ohne Waffen zu versammeln . Unter Friedlichkeit wird in diesen Zusammenhang verstanden, dass die Versammlung nicht einen gewalttätigen oder aufrührerischen Verlauf nimmt. Hierbei ist zu beachten, dass der Schutz der Versammlungsfreiheit für die friedlichen Teilnehmer grundsätzlich auch dann erhalten bleiben muss, wenn eine Minderheit Ausschreitungen begeht. Andernfalls hätten Minderheiten es in der Hand, eine Demonstration durch ihr gewalttätiges Verhalten massiv zu stören, so dass diese ggf. aufgelöst werden muss.