LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7001 26.07.2019 Datum des Originals: 24.07.2019/Ausgegeben: 31.07.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2705 vom 1. Juli 2019 des Abgeordneten Sven W. Tritschler AfD Drucksache 17/6809 „Das Erste“ twittert: Ist die Neutralitätspflicht im Rundfunkstaatsvertrag nur Makulatur? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Nach § 11 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der Erfüllung ihres Auftrags „die Grundsätze der Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Meinungsvielfalt sowie die Ausgewogenheit ihrer Angebote zu berücksichtigen.“ Am 1. Juli 2019 wurde auf dem offiziellen Twitteraccount des Ersten Deutschen Fernsehens (@daserste)1 folgender Tweet mehrfach veröffentlicht: „Die Redaktionen der Talksendungen bemühen sich insbesondere, AfD-Vertreterinnen kein Forum für ihre Zwecke zu bieten. Je nach Thema ist es aber von Fall zu Fall nötig, AfD-PolitikerInnen selbst zu Wort kommen zu lassen.“2 Damit gibt es nun von offizieller Seite eine Bestätigung, dass Vertreter der größten Oppositionspartei im deutschen Bundestag gezielt und vorsätzlich nicht zu ARD-Talkshows eingeladen werden. Eine solche Praxis scheint die Vorschriften des Rundfunkstaatsvertrags zu verletzten. Der Ministerpräsident hat die Kleine Anfrage 2705 mit Schreiben vom 24. Juli 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1 https://twitter.com/DasErste 2 https://twitter.com/DasErste/status/1145656954079076352; „Gender“-Schreibweise wie im Original. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7001 2 1. Inwiefern sieht die Landesregierung in einer solchen Praxis einen Verstoß gegen die Regelungen des Rundfunkstaatsvertrags oder andere rechtliche Bestimmungen? In der Kleinen Anfrage wird der Vorwurf geäußert, dass Vertreter der AfD gezielt und vorsätzlich nicht zu ARD-Talkshows eingeladen würden. Als Beleg hierfür wird ein Tweet der ARD-Zuschauerredaktion zur Talksendung „hart aber fair“ zum Thema „Aus Worten werden Schüsse: Wie gefährlich ist rechter Hass?“, die am 1. Juli 2019 im Programm der ARD ausgestrahlt wurde, angeführt. Die Behauptung eines Ausschlusses von Politikern der AfD steht bereits im Widerspruch zu der Tatsache, dass in der konkret betroffenen Sendung Uwe Junge, AfD-Fraktionsvorsitzender im Landtag von Rheinland-Pfalz, als Diskussionsteilnehmer eingeladen war. Ein Ausschluss ist auch nicht der hier betroffenen Kommunikation in den sozialen Medien zu entnehmen. Der in der Kleinen Anfrage zitierte Tweet der ARD-Zuschauerredaktion vom 1. Juli 2019 ist in seinem Gesamtzusammenhang zu sehen. Dem Tweet vorausgegangen waren Tweets, in denen die Einladung von Uwe Junge in die Talksendung massiv kritisiert wurde. Auf diese Tweets reagierte eine Mitarbeiterin bzw. ein Mitarbeiter der ARD-Zuschauerredaktion am 1. Juli mit dem in der Kleinen Anfrage zitierten Tweet. Diesem Tweet folgte am selben Tag ein Tweet der Leiterin der ARD-Zuschauerredaktion: „Dieser Tweet war leider nicht mit der Redaktion von @Hartaberfair abgestimmt. Dafür entschuldigen wir uns. Wir betonen, dass bei uns für alle Parteien dieselben Standards gelten. Sabine Knott, Leiterin der Zuschauerredaktion Das Erste“ Der in der Kleinen Anfrage aufgegriffene und ohne Zusammenhang wiedergegebene Tweet war insofern die nicht abgesprochene Reaktion einer einzelnen Mitarbeiterin bzw. eines einzelnen Mitarbeiters. Dieser Tweet wurde noch am selben Tag korrigiert, verbunden mit einer Entschuldigung und der Klarstellung, dass für alle Parteien dieselben Standards gelten. Ergänzend hat der WDR, der in der Sache um Stellungnahme gebeten wurde, auf Folgendes hingewiesen: „Die Entscheidung, welcher Gast zu welchem Thema eingeladen wird, orientiert sich nicht an der Logik reiner Parteibuch-Arithmetik, sondern entlang der Frage, wer zu welchem Thema Relevantes zu sagen hat und wie am Panel ein möglichst breites Meinungsspektrum abgedeckt werden kann. Die jeweiligen Themen werden danach ausgewählt, was gerade aktuell gesellschaftlich relevant ist. Da die politischen Parteien zudem unterschiedliche Profile und Schwerpunktsetzungen haben, ist auch aus diesem Grund ein Herangehen im Sinne eines Proporzgedankens verfehlt. Das gilt erst recht, wenn es sich – wie hier – um Sendungen handelt, die nicht im Zusammenhang mit Wahlen stehen.“ Bei einer Gesamtschau dieser Umstände ist eine „Praxis“, in welcher AfD-Politiker gezielt und vorsätzlich nicht zu ARD-Talkshows eingeladen würden, nicht ersichtlich. Mangels einer solchen ist aus rechtsaufsichtlicher Sicht auch kein Verstoß gegen Maßgaben des Rundfunkstaatsvertrags oder des WDR-Gesetzes erkennbar. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7001 3 2. Wie plant die Landesregierung gegen solche Verstöße vorzugehen? 3. Welche Möglichkeiten haben Betroffene gegen eine solche Behandlung vorzugehen? Wie in der Antwort zu Frage 1 dargelegt, ist ein Verstoß nicht ersichtlich. 4. Welche Schritte plant die Landesregierung zu unternehmen, um den öffentlichrechtlichen Rundfunk neutraler, objektiver und/oder unabhängiger zu gestalten? Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt die Aufgaben und die Bedeutung eines – staatsfernen – öffentlich-rechtlichen Rundfunks hervorgehoben. Die Landesregierung bekennt sich zu einem starken öffentlich-rechtlichen Rundfunk, der seinem verfassungsrechtlichen Auftrag gerecht wird. Zu diesem Auftrag gehört auch die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, wie sie in § 11 Abs. 2 Rundfunkstaatsvertrag einfachgesetzlich normiert wurde.