LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7037 31.07.2019 Datum des Originals: 29.07.2019/Ausgegeben: 05.08.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2706 vom 5. Juli 2019 des Abgeordneten Horst Becker BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6812 Kinderklinik in Sankt Augustin soll geschlossen werden Vorbemerkung der Kleinen Anfrage WDR und Tagespresse berichteten in den letzten Tagen von der drohenden Schließung des Kinderklinikums Sankt Augustin. Durch das mit Landesmitteln in dreistelliger Millionen-Euro- Höhe neugebaute Herz- und Eltern-Kind-Zentrum der Uniklinik Bonn, sei der Sankt Augustiner Klinik wichtiges Fachpersonal abgeworben worden. Durch den Weggang der Chefärzte des Kinder-Herz-Zentrums sowie weiterer Ärzte und hochqualifizierter Pflegerinnen und Pfleger sei die Aufrechterhaltung der hochspezialisierten Abteilung nicht möglich. Durch diesen Wegfall büße das Kinderkrankenhaus 45 Prozent der Einnahmen ein und sei somit in der Zukunft wirtschaftlich nicht mehr tragbar. Die Kinderklinik Sankt Augustin hat nach diesen Berichten beim Land Nordrhein-Westfalen Fördermittel aus dem Strukturfonds des Bundes zur Schließung des gesamten Klinikstandorts beantragt. Für den Fall, dass die Finanzmittel zur vollständigen Schließung der Klinik nicht bewilligt würden, fordere die Klinik hilfsweise Finanzmittel zur Schließung der Kinderherzchirurgie und Kinderkardiologie sowie damit verbunden die Gewährung eines Sicherstellungszuschlags für den verbleibenden Krankenhausbetrieb. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2706 mit Schreiben vom 29. Juli 2019 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7037 2 1. Wie bewertet die Landesregierung die Absicht des Krankenhausbetreibers zur Schließung der Kinderklinik Sankt Augustin für die regionale Gesundheitsversorgung (auch ambulante) von Kindern und Jugendlichen? a) Stationäre Versorgung Die Frage kann erst beantwortet werden, sobald der Träger eine Entscheidung über die Zukunft der Klinik getroffen hat. Wenn ein Krankenhaus, das im Krankenhausplan aufgenommen ist schließt, prüft das MAGS, ob es für die Versorgung der Bevölkerung notwendig ist. Entscheidend ist, dass die Versorgung für das gesamte Gebiet betrachtet wird. Nur dann kann abschließend bewertet werden, ob ein Standort zur Versorgung der Bevölkerung erforderlich ist oder nicht. Sollte der Träger den Versorgungsauftrag kurzfristig abgeben, könnten folgende Krankenhäuser (hier mit Entfernungen von St. Augustin zu den nächsten Krankenhäusern) in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden: Krankenhaus Ungefähre Entfernung in Kilometer Ungefähre Entfernung in Minuten Universitätsklinikum Bonn Kinderklinik Adenauerallee bis zum Umzug 13,1 18 Universitätsklinikum Bonn Venusberg-Campus nach dem Umzug 18,2 27 GFO Kliniken Bonn Robert-Koch-Straße 16,1 22 Krankenhaus Porz am Rhein Urbacher Weg 22,5 31 Kinderkrankenhaus Köln-Riehl Amsterdamer Straße 34,2 35 Universitätsklinikum Köln Kerpener Straße 35 41 St. Josef-Hospital (GFO Kliniken Troisdorf ) Hospitalstraße 6,3 11 St. Johannes-Krankenhaus (GFO Kliniken Troisdorf ) Wilhelm-Busch-Straße 10 15 Die sehr spezialisierten herzchirurgischen Leistungen könnten im Falle einer Schließung von St. Augustin in der Region von den aufgeführten Universitätskliniken durchgeführt werden. Darüber hinaus stehen in Nordrhein-Westfalen für diese hochkomplexen Behandlungen weitere Einrichtungen zur Verfügung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7037 3 b) Ambulante Versorgung Die Klinik in Sankt Augustin dient in erster Linie der stationären Versorgung. An dem Krankenhaus sind bisher acht Krankenhausärzte zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt. Die Ermächtigungen beziehen sich auf eher spezialisierte Fachgebiete wie Kinder-Rheumatologie , Kinder-Endokrinologie und -diabetologie, Kinder-Hämatologie und -onkologie, Neonatologie und Kinderchirurgie. Darüber hinaus werden im Zuge der Ermächtigungen auch kinder-gastroenterologische, kinder -urologische, kinder-pneumologische und kinder-allergologische Leistungen erbracht. Die Ermächtigungen wurden ausgesprochen, weil für die entsprechende Leistungserbringung vor Ort ein Bedarf gesehen wurde, der qualitativ oder quantitativ nicht durch die niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte abgedeckt werden kann oder weil die Leistungserbringung die speziellen Kenntnisse eines Krankenhausarztes voraussetzt. Sofern die Kinderklinik geschlossen wird, werden diese Ermächtigungen automatisch entfallen und die jeweiligen spezialisierten Leistungen für die ambulante Versorgung vor Ort nicht mehr zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund müssten die spezialisierten Versorgungsleistungen an anderen Krankenhausstandorten sichergestellt werden. Eine konkrete Aussage, an welchem Krankenhausstandort dies möglich ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Dies bedarf einer gesonderten Prüfung. 2. Wie wäre aus Sicht der Landesregierung im Falle einer Schließung der Kinderklinik für Eltern, Kinder und Jugendliche in Bezug die ortsnahe medizinische Versorgung sichergestellt? Gemäß der ambulanten Bedarfsplanung bzw. des derzeit gültigen Bedarfsplans der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein beträgt der Versorgungsgrad für die kinderärztliche Versorgung im Planungsbereich Rhein-Sieg-Kreis 157 Prozent. Insgesamt sind 41,5 Kinderärztinnen / Kinderärzte zugelassen oder in Anstellung vertragsärztlich tätig. Im Sinne der Bedarfsplanung ist somit die grundsätzliche ortsnahe vertragsärztliche Versorgung der Kinder und Jugendlichen im Rhein-Sieg-Kreis sichergestellt. Zur stationären Versorgung verweise ich auf die Antworten zu den Fragen 1 und 3. 3. Welche Auswirkungen hätte die Krankenhausschließung für die örtliche Notfallversorgung ? Aus Sicht der Landesregierung ist eine frühzeitige Information der rettungsdienstlichen Träger sehr wichtig. Nur so können ggf. notwendige rettungsdienstliche Anpassungen erfolgen und kann gleichzeitig den Bedenken des Trägers des Rettungsdienstes hinsichtlich der Veränderungen in der Versorgung im Rhein-Sieg-Kreis (RSK) Rechnung getragen werden. Die präklinische Versorgung von Kindern und Neugeborenen durch den Rettungsdienst ist aufgrund der medizinischen Ausstattung der Rettungsmittel gewährleistet. Dies bleibt bei einer Schließung der Asklepios Klinik auch unberührt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7037 4 Die Klinik hält in Zusammenarbeit mit dem Rettungsdienst des Rhein-Sieg-Kreises ein Neugeborenen -Transportsystem vor, welches pro Jahr über 300 Neugeborene transportiert. Hier müsste ein anderes Krankenhaus diese Zusammenarbeit übernehmen. Es wäre aber im Hinblick auf die in der Notfallrettung einzuhaltenden Eintreffzeiten auch zu prüfen, ob bei Schließung der Klinik eine Erhöhung der rettungsdienstlichen Vorhaltung des RSK mit dementsprechender Anpassung der Rettungsdienstbedarfsplanung erforderlich wäre. 4. Bis wann wird die Landesregierung über den Antrag des Klinikbetreibers Asklepios auf Mittel aus dem Krankenhausstrukturfonds entscheiden? In der Förderperiode 2019/2020 des Krankenhausstrukturfonds wird dem ersten formellen Antragsverfahren (01.10.2019-31.03.2020) ein Interessensbekundungsverfahren (01.07.2019- 30.09.2019) vorgeschaltet. Gemäß der Krankenstrukturfondsverordnung richtet sich die Bewirtschaftung von Fördermitteln nach dem Haushaltsrecht der Länder. Die Bewirtschaftung der Fördermittel umfasst nicht nur die haushaltsrechtliche Vereinnahmung von Mitteln und die Auszahlung dieser Mittel, sondern das gesamte zuwendungsrechtliche Förderverfahren. In diesem Rahmen wird das MAGS für das Antragsverfahren ein den Vorgaben des Zuwendungsrechts des Landes entsprechendes Antragsformular den Krankenhausträgern zur Verfügung stellen. Ein Rechtsanspruch auf die Förderung besteht nicht. Vielmehr werden die im Zeitraum vom 01.10.2019-31.03.2020 eingehenden Anträge der Krankenhausträger vom Ministerium für Arbeit , Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen beraten. Das Ministerium entscheidet im Einvernehmen mit den Krankenkassen und Ersatzkassen, welche Vorhaben förderfähig sind und stellt Anträge beim Bundesversicherungsamt (BVA). Wenn das BVA die Anträge bewilligt, werden die anteiligen Bundesmittel vom BVA an das Ministerium überführt. Mittelbewilligungen und Mittelauszahlungen (Bundesmittel und Landesmittel ) an die Krankenhausträger erfolgen letzten Endes durch die Bezirksregierung Münster als Prüf- und Bewilligungsbehörde. Da es sich hierbei um ein mehrstufiges Antragsverfahren mit mehreren Akteuren handelt, kann zu der Bearbeitungszeit keine genaue Angabe erfolgen. Dies hängt im Einzelnen von der Komplexität und dem Umfang des Vorhabens und demzufolge von dem Prüfungsaufwand ab. Eine Bescheidung des Krankenhausträgers kann nur dann erfolgen, wenn das BVA den Antrag des Ministeriums positiv bescheidet. Sobald die Mittelbewilligung durch die Bezirksregierung Münster erfolgt, werden die Fördermittel an die Krankenhausträger ausgezahlt. Ein genauer Zeitpunkt der Mittelauszahlung kann auch hier nicht genannt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7037 5 5. Plant die Landesregierung Sicherungszuschläge, um den Klinikstandort Sankt Augustin zu erhalten? Der Sicherstellungszuschlag ist durch den Gesetzgeber geschaffen worden, um ein für die Versorgung der Bevölkerung notwendiges Leistungsangebot gerade in ländlichen Regionen aufrechterhalten zu können. Die bundeseinheitlichen Voraussetzungen sind vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) festgelegt worden. Das Land prüft, ob die entsprechenden Voraussetzungen für den Sicherstellungszuschlag vorliegen. Der Krankenhausträger hat einen Antrag auf Sicherstellungzuschlag gestellt, der aktuell geprüft wird.