LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7046 01.08.2019 Datum des Originals: 01.08.2019/Ausgegeben: 06.08.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2669 vom 27. Juni 2019 der Abgeordneten Johannes Remmel, Wibke Brems und Horst Becker BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6689 Betriebs- und Emissionsdaten für das rheinische Braunkohlekraftwerk Neurath E 1) (Abbaugebiete Garzweiler und Hambach) offenlegen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2214 vom 25. März 2019 der Abgeordneten Johannes Remmel, Wibke Brems und Horst Becker (Drucksache 17/5931) erfüllt aus unserer Sicht nicht die Anforderungen, die sich aus dem „Priggen-Urteil“ ergeben. In einem Organstreitverfahren hatte der damalige NRW-Landtagsabgeordnete Reiner Priggen gegen die Landesregierung Nordrhein-Westfalen geklagt. Er beantragte darin, festzustellen, dass die Antragsgegnerin ihm zustehende Informationsansprüche, u.a. im Zusammenhang mit den finanziellen Lasten für das Land aus den Steinkohlebeihilfen, nicht oder nur teilweise erfüllt habe. Der Verfassungsgerichtshof (VGH) für das Land Nordrhein-Westfalen gab dem Abgeordneten Priggen in seinem Urteil vom 19. August 2008 (Landtagsvorlage 14/2019) in einigen wesentlichen Punkten recht. So stellt der VGH in seiner Urteilsbegründung (Vorlage 14/2019 - S. 29) unmissverständlich fest: „Der in Art. 30 Abs. 2 LV NRW gewährleistete Status des Abgeordneten schließt einen grundsätzlichen Anspruch auf vollständige und zutreffende Beantwortung seiner an die Landesregierung gerichteten parlamentarischen Anfrage ein […].“ Das Anfragerecht erstrecke sich lt. VGH-Urteil auf alle Bereiche, für welche die Regierung zuständig sei, was nicht nur das Regierungshandeln im engeren Sinne betreffe, sondern es umfasse „darüber hinaus alle Gegenstände, für welche die Regierung unmittelbar oder mittelbar zuständig […]“ sei (S. 30). 1) Der Block E des Braunkohlekraftwerks Neurath (604 MW), Baujahr 1976, Wirkungsgrad (elektrisch) ca. 36,6%, hat einen spezifischen Kohleverbrauch von 1,1 kg/kWh (oder umgerechnet 1,1 Mio. t/TWh). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7046 2 Weiter heißt es: „Kontrollobjekt sind somit sowohl die von der Regierung selbst wahrgenommenen Aufgaben als auch der von ihr verantwortete Aufgabenbereich. Das parlamentarische Fragerecht bezieht sich folglich auf jede politische Angelegenheit, in der die Regierung oder eines ihrer Mitglieder tätig geworden ist oder kraft rechtlicher Vorschriften tätig werden kann. Unerheblich ist insoweit, ob die Regierung sich der Handlungsformen des öffentlichen oder des privaten Rechts bedient. Auch privatwirtschaftlich organisierte öffentliche Unternehmen können daher Gegenstand parlamentarischer Anfragen sein.“ (a.a.O.) Dies sei der z.B. der Fall, „ […] wenn der Staat […] mit einem privaten Unternehmen im eigenen Interesse funktional verzahnt ist und einen entsprechenden Einfluss ausübt.“ (ebda.) Dieser Fall wurde vom VGH hinsichtlich der RAG AG als gegeben festgestellt, da zwischen den Geschäftsinteressen und den energiepolitischen Belangen ein direkter Zusammenhang, eine „Verzahnung“ bestehe. Zitat aus der VGH-Begründung: „Zwar ist das Unternehmen rein privatwirtschaftlich organisiert und der Staat an ihm kapitalmäßig nicht beteiligt. Seine Geschäftstätigkeit weist jedoch einen intensiven öffentlichen Bezug auf. Die RAG AG hat auf dem Gebiet des nationalen Steinkohlebergbaus eine monopolartige Stellung inne. Ihren diesbezüglichen Aktivitäten kam daher über Jahrzehnte hinweg eine herausragende Bedeutung für die Erfüllung der (gesamt-)staatlichen Aufgabe der Energiesicherung zu.“ (S. 34) Die Bedeutung, die der RAG AG in Sachen Steinkohle zukam, hat die RWE Power AG in der Energieversorgung durch Braunkohle. Auch hier gibt es eine Monopolstellung im rheinischen Revier, auch hier sind die Interessen der Energiewirtschaft und die der Landesregierung eng verzahnt. Vor diesem Hintergrund ist es aus unserer Sicht nicht ausreichend, dass die Landesregierung in ihren Antworten auf die vier Einzelfragen in der Kleinen Anfrage 2214 lediglich konstatiert, dass ihr weder „Stromproduktionsdaten“ (Frage 1) noch „detaillierte Daten zum tatsächlichen Kohleverbrauch“ (Fragen 2 und 3) noch „blockspezifische Angaben zu den tatsächlichen CO2- Emissionen“ (Frage 4) vorliegen. Vor dem Hintergrund des berechtigten Informationsinteresses der anfragenden Abgeordneten kann die Landesregierung die angefragten Daten auf unterschiedlichen Wegen erschließen oder erfassen, z.B. durch eigene Unterlagen (Genehmigungsentscheide, Emissionsberichte, etc.) oder schlicht beim Unternehmen erfragen. Sollten aus Sicht der Landesregierung entgegen unserer Auffassung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse betroffen sein, bietet die Verschlusssachenordnung des Landtags Nordrhein-Westfalen ausreichend Möglichkeiten dem Informationsrecht der Abgeordneten trotzdem nachzukommen. Wir gehen davon aus, dass die Landesregierung verpflichtet ist, die gewünschten Informationen zu erfragen bzw. auf der Grundlage der bislang den Genehmigungs- bzw. Immissionsschutzbehörden vorliegenden Daten zu erschließen und den Fragestellerinnen und Fragestellern zugänglich zu machen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7046 3 Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2669 mit Schreiben vom 1. August 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Wie viele TWh Strom wurden in den Jahren 2014 – 2018 jeweils durch das Kraftwerk Neurath E erzeugt? Die durch das Kraftwerk Neurath E jeweils erzeugte elektrische Arbeit (angegeben in Terrawattstunden TWh) in den Jahren 2014 – 2018 ist nachfolgender Tabelle zu entnehmen: erzeugte jährliche elektrische Arbeit; angegeben in TWh 2014 2015 2016 2017 2018 3,6 4,3 4,4 3,3 4,1 2. Wieviel Braunkohle wurde im Kraftwerk Neurath E in den Jahren 2014 – 2018 jeweils verbraucht? Daten zum Braunkohleverbrauch liegen den zuständigen Behörden nicht vor und wurden beim Betreiber abgefragt. Dieser hat mitgeteilt, dass der Kohleverbrauch für eine Braunkohleblockanlage der 600 MW – Klasse, zu der die Anlage Neurath E zählt, bei durchschnittlichem Heizwert üblicherweise in der Bandbreite von rund 4,5 – 5,5 Mio. t Braunkohle pro Jahr liege. 3. In wieweit ist mit größeren Abweichungen des Kohleverbrauchs im Kraftwerk Neurath E in der Zukunft zu rechnen? Die jährlich verbrauchte Kohlemenge für einen Kraftwerksblock ist abhängig von der erzeugten elektrischen Arbeit, die wiederum durch eine Vielzahl von Faktoren beeinflusst wird. Dazu gehören die Entwicklung der Nachfrage, die Höhe der Einspeisung der erneuerbaren Energien, die Entwicklung der Commodity-Preise, die Heizwerte der eingesetzten Kohlen, die Anzahl der Volllast- und Teillaststunden sowie die planmäßige und nichtplanmäßige Nichtverfügbarkeit der Anlage. Hinzu kommen sich verändernde energiepolitische Rahmenbedingungen wie z.B. die Umsetzung der Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“. Eine Prognose des zukünftigen Kohleverbrauchs im Kraftwerk Neurath E ist aus den genannten Gründen belastbar nicht möglich. 4. Wie hoch ist die in dem immissionsrechtlichen Genehmigungsbescheid – einschließlich etwaiger späterer Änderungen – festgelegte jährliche Verbrennungsmenge (Jahresleistung) des Braunkohlekraftwerks Neurath E? Nach Auskunft der zuständigen Genehmigungsbehörden wurden keine jährlichen Verbrennungsmengen in den immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsbescheiden festgelegt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7046 4 5. Wie hoch waren die CO2-Emissionen des Kraftwerks Neurath (allgemein bezogen auf den Kraftwerksstandort und spezifisch durch den Kraftwerksblock E) gemäß der jährlichen Emissionsberichte in den Jahren 2014 bis 2018? Blockscharfe Daten über CO2-Emissionen liegen bei den zuständigen Behörden nicht vor und wurden beim Betreiber abgefragt. Dieser hat folgende Auskunft gegeben: „Die CO2-Emissionen werden durch den Betreiber jährlich standortscharf erfasst und im Rahmen der PRTR-Berichte (Hinweis: Pollutant Release and Transfer Register) übermittelt. Es ergeben sich folgende Mengen“: Für den Standort Neurath insgesamt (angegeben in Mio. t): 2014 2015 2016 2017 2018 32,4 32,1 31,3 29,9 32,2