LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/713 22.09.2017 Datum des Originals: 21.09.2017/Ausgegeben: 27.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 245 vom 29. August 2017 der Abgeordneten Josefine Paul und Matthi Bolte-Richter BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/473 Scheitert die Ehe für Alle an der Standesamtssoftware? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut Berichterstattung der Berliner Zeitung vom 27. August 20171 stehen die Berliner Standesämter bei der Umsetzung der Ehe für alle vor einem Softwareproblem. Die in den Berliner Standesämtern eingesetzte Software sei nicht in der Lage, zwei Frauen oder zwei Männer als Ehegatt*innen einzutragen. Laut Zeitungsbericht, muss in Berliner Standesämtern ein Partner mit einem falschen Geschlecht eingetragen werden. Die Behebung dieses Softwareproblems solle noch bis 2018 dauern. Der Innenminister hat die Kleine Anfrage 245 mit Schreiben vom 21. September 2017 namens der Landeregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Am 28. Juli 2017 ist das „Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts“ im Bundesgesetzblatt verkündet worden. Nach seinem Artikel 3 Absatz 1 tritt es damit am 1. Oktober 2017 in Kraft. Das Gesetz regelt indessen nicht die für seine ordnungsgemäße Anwendung durch die Standesämter erforderlichen Konkretisierungen der personenstandsrechtlichen Vorschriften. Es bedarf daher insbesondere noch auf Bundesebene der Änderung des Personenstandsgesetzes, der Personenstandsverordnung und der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Personenstandsgesetz. Diese Vorschriften geben im Zusammenhang mit der standesamtlichen Registrierung einer gleichgeschlechtlichen Ehe 1 http://www.berliner-zeitung.de/berlin/ehe-fuer-alle-hetero-software-der-standesaemter-stellt-paarevor -dilemma-28230888 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/713 2 bzw. der Umwandlung einer bestehenden Lebenspartnerschaft in eine Ehe vor, welche Daten im elektronischen Register zu beurkunden sind, welche Feldüberschriften (Leittexte) die einzelnen Datenfelder haben und wie sich der elektronische Mitteilungsverkehr gegenüber anderen Standesämtern und Behörden gestaltet. Die eingesetzten Formate sehen zurzeit nur eine Ehe verschiedengeschlechtlicher Eheleute vor und bedürfen daher einer Anpassung. Des Weiteren müssen für die technische Umsetzung der noch ausstehenden Änderung der personenstandsrechtlichen Vorschriften u.a. die für das Personenstandswesen eingesetzten elektronischen Fach-, Register- und Datenaustauschverfahren angepasst werden. Konkret handelt es sich dabei um die Anpassung der von allen deutschen Standesämtern genutzten Formate für den elektronischen Datenaustausch (XPersonenstand) und die Registerschnittstelle (XPersonenstandsregister) sowie der von den Standesämtern genutzten Fachbzw . Registerverfahren. Anpassungen von XPersonenstand und XPersonenstandsregister erfolgen nach den Vorgaben der Personenstandsverordnung durch eine Spezifizierung in den dafür zuständigen Fachgremien , ihre Abnahme durch den Arbeitskreis I der Innenministerkonferenz sowie ihre anschließende Veröffentlichung im Bundesanzeiger. Im Anschluss daran werden in einem zweiten Schritt die für das Personenstandswesen eingesetzten Fach-, Register- und Datenaustauschverfahren programmiert, getestet und ausgeliefert. Hierfür steht den Verfahrensherstellern grundsätzlich eine Vorlaufzeit von neun Monaten zur Verfügung. Die entsprechenden Versionswechsel der v.g. Verfahren werden regelmäßig zum 1. November eines Jahres vorgenommen . Nach Mitteilung des Bundesministeriums des Innern werden die erforderlichen Änderungen der personenstandsrechtlichen Vorschriften und die Anpassung des Datenaustauschformates XPersonenstand und der Registerschnittstelle XPersonenstandsregister im Laufe des Jahres 2018 durchgeführt und voraussichtlich zum 1. November 2018 in Kraft treten. Der Landesregierung ist es wichtig, in diesem Zusammenhang aber darauf hinzuweisen, dass trotz dieser Umstände ab dem 1. Oktober 2017 in Nordrhein-Westfalen - wie im übrigen Bundesgebiet - Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare bzw. Umwandlungen bestehender Lebenspartnerschaften in Ehen erfolgen und den Eheleuten anschließend auch korrekt ausgestellte Eheurkunden ausgehändigt werden können. Die dargestellten technischen Probleme wirken sich ‚allein‘ auf die Eintragungen im elektronischen Register aus. 1. Sind der Landesregierung die in der Vorbemerkung beschriebenen Probleme auch aus Nordrhein-Westfälischen Kommunen bekannt? Die Probleme treten aus den in der Vorbemerkung der Landesregierung dargestellten Gründen in allen Bundesländern auf. 2. Wird die in Berlin eingesetzte Software nach Kenntnis der Landesregierung auch in Nordrhein-Westfälischen Kommunen eingesetzt? (bitte einzeln angeben) Das Nachrichtenaustauschformat XPersonenstand und die Registerschnittstelle XPersonenstandsregister werden von allen deutschen Standesämtern benutzt. Der Landesregierung liegen keine Angaben darüber vor, welche nordrhein-westfälischen Kommunen in ihren Standesämtern darüber hinaus ein Fachverfahren (sog. ‚Standesamtsoftware‘) einsetzen. Die Kommunen entscheiden hierüber in eigener Zuständigkeit und Verantwortung. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/713 3 3. Welche Auswirkungen hat dieses Softwareproblem ggf. auf betroffene gleichgeschlechtliche Paare, beispielsweise in Bezug auf eine später durchzuführende Änderung und deren Kosten, wenn die Softwareprogramme umgestellt sind? Wie in der Vorbemerkung der Landesregierung ausgeführt, wirkt sich die ausstehende technische Anpassung weder auf die Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare und die Umwandlungen bestehender Lebenspartnerschaften in Ehen aus, noch verhindert sie die Ausstellung von Eheurkunden an die Betroffenen. Sie ist jedoch Voraussetzung für korrekte Eintragungen in das elektronische Eheregister. Die dort zur Zeit verwendeten Datenfeldüberschriften (Leittexte) sehen die neuen Eheformen noch nicht vor, so dass für die Registrierung gleichgeschlechtlicher Eheleute bis zur Registeranpassung lediglich die derzeit zur Verfügung stehenden Leittexte "Ehemann" und "Ehefrau" verwendet werden können. Die ab dem 1. Oktober 2017 erfolgenden Registrierungen gleichgeschlechtlicher Ehepartner müssen somit nach der technischen Anpassung korrigiert werden. Daher hat das Bundesministerium des Innern darauf hingewiesen, dass beglaubigte Ausdrucke aus dem Eheregister für Ehen gleichgeschlechtlicher Ehegatten und umgewandelte Ehen nach § 17a PStG bis zur Änderung der gesetzlichen Vorschriften bzw. des technischen Verfahrens nicht ausgestellt werden sollen. Da für eine technische Anpassung der Fach-, Register- und Datenaustauschverfahren die in der Vorbemerkung der Landesregierung dargestellte Vorgehensweise einzuhalten ist, sind der Landesregierung die mit ihrer verfahrenstechnischen Umsetzung und der erforderlichen Korrektur der zwischenzeitlich erfolgten unzutreffenden Leittexteintragungen verbundenen Einzelheiten zurzeit noch nicht bekannt. Das nordrhein-westfälische Gebührenrecht sieht eine Umlage der mit der Vornahme der Korrekturen im Eheregister verbundenen Kosten auf die betroffenen Ehepaare nicht vor. Eine Einzelabfrage aller Kommunen in Nordrhein-Westfalen war in der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 4. Welche Maßnahmen mit welcher Zeitperspektive beabsichtigt die Landesregierung , um betroffene Kommunen dabei zu unterstützen, ihre Software möglichst schnell auf den Stand zu bringen, dass bei Eheschließungen gleichgeschlechtlicher Paare nicht ein Partner oder eine Partnerin mit dem jeweils anderen Geschlecht eingetragen werden muss? Da es sich um eine alle deutschen Standesämter betreffende Problematik handelt, die einer bundeseinheitlichen Lösung bedarf, sind spezifisch nordrhein-westfälische Maßnahmen nicht zielführend.