LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7154 15.08.2019 Datum des Originals: 15.08.2019/Ausgegeben: 20.08.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2755 vom 12. Juli 2019 des Abgeordneten Michael R. Hübner SPD Drucksache 17/6899 Wie verhindert die Landesregierung ineffektive Förderung beim Breitbandausbau? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Digitalisierung ist ein gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technologischer Megatrend, den wir verschlafen, wenn in Nordrhein-Westfalen kein flächendeckender Ausbau der Breitbandnetze umgesetzt wird. Ziel sowohl der Bundes- als auch der Landesregierung ist deshalb, dass bis zum Jahr 2025 in ganz Deutschland ein flächendeckendes Gigabit-Netz verfügbar ist. In unterversorgten Gebieten, in denen vorrangig wegen zu hoher Investitionskosten private Investoren kein Gigabit-Netz errichtet haben und dieser Ausbau in den kommenden drei Jahren auch nicht erfolgt, fördert die Bundesregierung Städte, Gemeinden und Kreise bei der Bereitstellung der kostenintensiven passiven Infrastruktur. Ziel ist es, bis 2025 alle „weißen Flecken“ im deutschen Breitbandnetz zu beseitigen. Um den nordrhein-westfälischen Gebietskörperschaften Zugang zum Bundesförderprogramm Breitband zu ermöglichen, stellt das Land NRW eine Kofinanzierung bereit. Auch der Kreis Recklinghausen hat Fördermittel aus diesem Bundes- sowie dem begleitenden Landesprogramm beantragt. 11.000 Haushalte im Kreisgebiet befanden sich 2017 in unterversorgten Gebieten. Um die förderfähigen Gebiete benennen zu können, müssen die Antragsteller in einem Markterkundungsverfahren erfragen, in welchen Gebieten Telekommunikationsunternehmen (TKU) in den kommenden drei Jahren einen Breitbandausbau vornehmen möchten. Diese sind für die TKU nicht bindend. Der Kreis musste in seinem Antrag im Februar 2017 jedoch verbindlich festlegen, für welche Gebiete er eine Ausbauförderung beantragt. Wenn sich ein TKU nach der Antragstellung im Februar 2017 entschieden hat, ein Gebiet entgegen seiner Planung nicht auszubauen, ist das Gebiet unverändert von der aktuellen Förderung ausgeschlossen. Ebenso gibt es Straßenzüge, in denen nun geförderte Anschlüsse hergestellt werden, die in den letzten zwei Jahren eigenwirtschaftlich mit Glasfaser versorgt worden sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7154 2 So wurden z. B. in Dorsten gut die Hälfte der Haushalte im geförderten Gebiet – vorrangig im Stadtteil Rhade – in der Zwischenzeit durch ein TKU an das Breitbandnetz angeschlossen. In Haltern hat ein TKU hingegen seine Ausbaupläne zurückgezogen. Leider ist daher in Haltern auch kein geförderter Ausbau mehr möglich. Durch eine jeweilige Anpassung des Antrags könnte der Kreis Recklinghausen viel Zeit bis zum Start des geförderten Ausbaus verlieren oder müsste gar eine komplette Ablehnung der Förderung befürchten. Der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie hat die Kleine Anfrage 2755 mit Schreiben vom 15. August 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. 1. Warum sind in den vorgeschriebenen Verfahren (Markterkundungsverfahren und Interessenbekundungsverfahren) die Auskünfte der TKU für die antragstellenden kommunalen Gebietskörperschaften bindend und für die TKU nicht? 3. Ließe sich das Vergabeverfahren aus Sicht der Landesregierung beim Bundesförderprogramm Breitband so verändern, dass Antragsteller auch flexibel auf eine veränderte Marktlage reagieren können, ohne dass es zu zeitlichen Verzögerungen oder einer Gefährdung der gesamten Förderung kommt? Die Fragen 1 und 3 werden gemeinsam beantwortet. In der Richtlinie des Bundes „Förderung zur Unterstützung des Breitbandausbaus in der Bundesrepublik Deutschland“ in der Fassung vom 03.07.2018 wird unter Ziffer 5. als besondere Zuwendungsvoraussetzung festgelegt, dass eine Förderung nur in Betracht kommt, wenn und soweit nicht innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren marktgetrieben ausgebaut wird. Dieses Vorgehen ist zwingend notwendig, da eine zuverlässige Versorgung mit 30 Mbit pro Sekunde nach den geltenden Vorgaben der Europäischen Kommission bereits ein NGA-Netz1 ausmacht und diese Gebiete beihilferechtlich nicht förderfähig sind. In der Folge wird das Ausbaugebiet so abgegrenzt, dass die Fördermaßnahme nicht zu einer Überlagerung bestehender oder zum Aufbau vorgesehener Infrastruktur führt. Durch diese europa- und bundesrechtliche Vorgabe wird der Vorrang des privaten Telekommunikationsinfrastrukturausbaus gewährleistet: Der Staat darf nur dort öffentliche Mittel einsetzen, wo sicher kein eigenwirtschaftlicher Ausbau stattfindet. Daher ist das Verfahren für die Kommunen bindend. Eine Bindung für die Telekommunikationsunternehmen (TKU) ist bisher nicht vorgesehen, da diese einen Eingriff in die unternehmerische Freiheit bedeuten und den TKU die Möglichkeit nehmen würde, auf geänderte Nachfragen mit der Verschiebung von Kapazitäten zu reagieren. Flexibilisierungsmöglichkeiten bei der Vergabe sind im Einzelfall zu betrachten. Exemplarisch sind z.B. Veränderungen der Angebotsfristen, Anpassungen der Leistungsbeschreibung oder Zurückversetzungen des Vergabeverfahrens grundsätzlich möglich, um auf veränderte Bedingungen reagieren zu können. Allerdings sind diese Anpassungsmechanismen in einem laufenden Vergabeverfahren in der Regel mit zeitlichen Verzögerungen verbunden. 1 Next-Generation-Access (NGA) ist nach der Definition der EU ein hochleistungsfähiges Zugangsnetz mit mindestens 30 Mbit pro Sekunde im Downstream zzgl. weiterer Merkmale LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7154 3 2. Welche Hilfe bietet die Landesregierung den Antragstellern, eine Überschneidung zwischen gefördertem und eigenwirtschaftlichem Ausbau zu verhindern? Die Landesregierung fördert Gigabitkoordinatorinnen und Gigabitkoordinatoren auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte. Sie haben die Aufgabe, den gesamten Kreis einschließlich der kreisangehörigen Gemeinden beziehungsweise die gesamte kreisfreie Stadt bei der Umsetzung mit flächendeckenden Gigabit-Netzen in allen Belangen zu unterstützen. Dazu gehört unter anderem die Erstellung und Verwaltung einer Netz-datenbank auf Kreisbeziehungsweise Städteebene, die der Planung des Ausbaus und der einfachen und schnellen Bereitstellung von Informationen dient. Die Planung umfasst sowohl den geförderten als auch den eigenwirtschaftlichen Ausbau. Aus diesem Grund stehen die Gigabitkoordinatorinnen und Gigabitkoordinatoren auch in engem Austausch mit den Netzbetreibern. Zusätzlich unterstützen die Geschäftsstellen Gigabit in den Bezirksregierungen die Kommunen bei der Gestaltung der Förderprojekte. Das Kompetenzzentrum Gigabit des Landes berät zu den Möglichkeiten des eigenwirtschaftlichen Ausbaus.