LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/716 22.09.2017 Datum des Originals: 21.09.2017/Ausgegeben: 27.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 202 vom 21. August 2017 der Abgeordneten Arndt Klocke und Mehrdad Mostofizadeh BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/383 Einhaltung der Nachtflugbeschränkungen am Düsseldorfer Flughafen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Nachtflugbeschränkungen am Düsseldorfer Flughafen besagen, dass zwischen 22.00 Uhr (21.50 Uhr Off-Block) und 6.00 Uhr keine planmäßigen Starts mehr durchgeführt werden dürfen, zwischen 23.00 Uhr und 6.00 Uhr planmäßige Landungen unzulässig sind, verspätete Landungen im Fluglinien- oder planmäßigen Bedarfsflugverkehr bis 23:30 Uhr bzw. für sog. Homebase-Carrier bis 24 Uhr und ab 5 Uhr erlaubt sind. Darüber hinausgehende Starts und Landungen bedürfen einer individuellen Ausnahmegenehmigung der Luftaufsicht. Eigentlich sollte also für Anwohnerinnen und Anwohner unter den Abflugrouten des Düsseldorfer Flughafens nach 22 Uhr und unter der Anflugroute nach 23 Uhr Ruhe herrschen mit gelegentlichen Ausnahmen bis 24 Uhr unter der Anflugroute. Nach Angaben des NRW-Verkehrsministeriums gab es am Flughafen Düsseldorf im Jahr 2016 folgende Verspätungsflüge: 1.401 gelandete Strahlflugzeuge zwischen 23.00 und 23.29 Uhr (Vorjahr 2015: 1.039 Strahlflugzeuge), 521 gelandete Strahlflugzeuge zwischen 23.30 und 23.59 Uhr (Vorjahr: 244 Flugzeuge), 47 gelandete Strahlflugzeuge zwischen 00.00 und 05.00 Uhr (Vorjahr: 50 Flugzeuge), 22 gelandete Strahlflugzeuge zwischen 05.01 und 06.00 Uhr (Vorjahr: 30 Flugzeuge), 133 gestartete Strahlflugzeuge zwischen 22.00 und 22.59 Uhr (Vorjahr 2015: 113 Flugzeuge), 7 gestartete Strahlflugzeuge zwischen 23.00 und 23.59 Uhr (Vorjahr: 3 Flugzeuge), 13 gestartete Strahlflugzeuge zwischen 00.00 und 06.00 Uhr (Vorjahr 2015: 6 Flugzeuge). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/716 2 Obwohl der Flughafen immer wieder betont, dass er sich bemüht, die Verspätungen abzubauen, ist jedoch auch in diesem Sommer die Situation mindestens genauso unerträglich für die Anwohnerinnen und Anwohner. Der Verein „Bürger gegen Fluglärm“ hat mit Hilfe der Angaben auf der Homepage des Flughafens Düsseldorf folgende Daten ermittelt: Seit Inkrafttreten des Sommerflugplans am 26. März 2017 gab es keine einzige Nacht, in der eine reguläre Situation geherrscht hat ohne Starts nach 22 Uhr und ohne Landungen nach 23 Uhr. In den Monaten Mai, Juni und Juli 2017 starteten mindestens 83 Maschinen nach 22 Uhr. In der gleichen Zeit landeten mindestens 883 Maschinen nach 23 Uhr, das sind durchschnittlich (!) 9,6 Maschinen pro Nacht. Statt der in der Betriebsgenehmigung erlaubten 33 planbaren Landungen nach 22 Uhr wurden in den Monaten Mai bis Juli tatsächlich insgesamt 3.633 Flugbewegungen durchgeführt, das sind durchschnittlich (!) nahezu 40 Flugbewegungen pro Nacht. Es wurden in dieser Zeit 53 Ausnahmegenehmigungen erteilt. 8 Flugbewegungen fielen unter die Nachtflugbestimmungen, wurden jedoch nicht genehmigt. Der deutlich größere Flughafen Frankfurt /Main (ca. 460.000 Flugbewegungen pro Jahr gegenüber ca. 210.000 Flugbewegungen am Düsseldorfer Flughafen) verfügt über eine deutlich striktere Nachtflugregelung, die auch von der Luftaufsicht schärfer kontrolliert wird. Zwischen 23:00 h und 05:00 h finden am Frankfurter Flughafen keine planmäßigen Flugbewegungen statt. Verspätete Starts zwischen 23:00 h und 00:00 h können im Einzelfall durch die örtliche Luftaufsichtsstelle genehmigt werden, wenn die Verspätung auf Gründen beruht, die außerhalb des Einflussbereichs des jeweiligen Luftverkehrsunternehmens liegen. In der Zeit von 00:00 h bis 05:00 h sind Flugbewegungen nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig (meteorologische, technische oder sonstige Sicherheitsgründe sowie Starts und Landungen von Flugzeugen in Katastrophen- oder medizinischen Hilfseinsätzen). Gemäß der Übersichten der durchgeführten Flugbewegungen am Flughafen Frankfurt wurden in den Monaten Mai, Juni und Juli 2017 insgesamt folgende Verspätungsflüge am Frankfurter Flughafen verzeichnet (Quelle: Homepage des hessischen Verkehrsministeriums): 246 verspätete Landungen zwischen 23.00 und 00.00 Uhr, 232 verspätete Starts zwischen 23.00 und 00.00 Uhr, 17 verspätete Starts und Landungen zwischen 00.00 und 05.00 Uhr. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 202 mit Schreiben vom 21. September 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Der gegenwärtige (Nacht-)Flugbetrieb am Verkehrsflughafen Düsseldorf findet auf bestandskräftig gesicherter rechtlicher Basis statt. Die zuletzt für den Flughafen Düsseldorf erteilte Änderungsgenehmigung vom 09.11.2005 in der Fassung der ergänzenden Entscheidung vom 07.05.2007 ist bestandskräftig. Die dazu ergangenen klageabweisenden LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/716 3 Urteile des Oberverwaltungsgerichts des Landes Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) sind rechtskräftig. Verspätete Landungen von Strahlflugzeugen nach ICAO Annex 16, Band 1, Kapitel 3, die in der jeweiligen geltenden Fassung der Bonusliste des Bundesverkehrsministeriums enthalten sind, sind bis 23:30 Uhr ohne Ausnahmegenehmigung zulässig. Verspätete Landungen solcher Strahlflugzeuge, die im Fluglinien- oder planmäßigen Bedarfsluftverkehr eingesetzt werden und Luftfahrtunternehmen gehören, die auf dem Flughafen Düsseldorf einen von der Genehmigungsbehörde anerkannten örtlichen Wartungsschwerpunkt unterhalten (sog. Home Base Carrier), sind bis 00:00 Uhr Ortszeit sowie zwischen 05:00 Uhr und 06:00 Uhr Ortszeit ohne Ausnahmeerlaubnis zulässig. Darüber hinaus kann die Bezirksregierung Düsseldorf (Luftaufsichtsstelle am Flughafen Düsseldorf) in begründeten Einzelfällen weitere Ausnahmen von den Regelungen der Nachtflugbeschränkungen insbesondere dann zulassen, wenn dies zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr oder in Fällen besonderen öffentlichen Interesses erforderlich ist. Die an anderen Verkehrsflughäfen in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Betriebsregelungen, die auf die individuelle dortige Situation zugeschnitten sind, entfalten für den Verkehrsflughafen Düsseldorf keine rechtliche Relevanz. 1. Decken sich die vom Verein „Bürger gegen Fluglärm“ ermittelten oben genannten Angaben mit den Erkenntnissen der Luftaufsicht? (Falls nein, bitte die korrigierten Werte der Monate Mai, Juni und Juli 2017 angeben.) Betreffend die Anzahl der nächtlichen Flugbewegungen (Starts und Landungen) am Verkehrsflughafen Düsseldorf wird eine offizielle Statistik beim für den Verkehr zuständigen Ministerium geführt (vgl. Anlage). Die Erläuterung der dort ausgewiesenen Flugbewegungszahlen bzw. ihrer Hintergründe ist ein obligatorischer Tagesordnungspunkt einer jeden Sitzung der Kommission nach § 32b Luftverkehrsgesetz für den Verkehrsflughafen Düsseldorf (Fluglärmkommission). Der Initiative „Bürger gegen Fluglärm e.V.“, als Mitgliedsverband der „Bundesvereinigung gegen Fluglärm“, die ihrerseits zwei ordentliche Kommissionsmitglieder in der Fluglärmkommission stellt, ist die offizielle Statistik nebst Erläuterungen stets bekannt. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die nach Ziffer 6.4 der geltenden Betriebsgenehmigung in der Stunde zwischen 22:00 Uhr und 23:00 Uhr bestehende Beschränkung auf 33 koordinierte Landungen ausschließlich die Anzahl der durch den Flughafenkoordinator für die Bundesrepublik Deutschland zu vergebenden Zeitnischen (Slots) rechtlich beschränkt und nicht die tatsächliche Anzahl der Flugbewegungen. Erst jüngst mit Urteil vom 22.03.2017 hat das OVG NRW diesen Koordinierungseckwert von 33 Landungen nochmals bestätigt und ein hierauf gerichtetes Aufhebungsbegehren abgewiesen (vgl. OVG NRW, Urteil vom 22.03.2017 - 20 D 30/14.AK). 2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die konkreten Ursachen der vielen Verspätungen in den Monaten Mai, Juni und Juli dieses Jahres? Die Verspätungen in den Monaten Mai, Juni und Juli sind aufgrund weiträumigen Vernetzungen des Luftverkehrs sowie der Vielzahl der beteiligten Akteure (u.a. Flughäfen, Fluggesellschaften, Flugsicherung, Bodenabfertigungsdienste und Sicherheitsdienste) nicht monokausal begründet, sondern gehen auf eine Vielzahl von Ursachen zurück, die sich zudem LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/716 4 regelmäßig einer unmittelbaren Einflussnahme durch die Flughafenbetreiberin entziehen. Zu nennen sind hier konkret: - zahlreiche Sommergewitter sowohl am Flughafen Düsseldorf, als auch auf den Flugrouten und an anderen Flughäfen; - erhebliche Zunahme des Verkehrs aus ganz Europa in Richtung westliches Mittelmeer bedingt durch politische Unruhen sowie in Folge dessen durch die Deutsche Flugsicherung bzw. Euro-control veranlasste Regulierungen im Luftraum; - technische Defekte an Luftfahrzeugen und nachfolgende Flugzeugwechsel; - verlängerte Wartezeiten durch Personalengpässe bei den Sicherheitskontrollstellen mit nachfolgend verzögerten Abflügen; - Personal-/ Besatzungsengpässe bei Luftfahrtgesellschaften; - operative Verzögerungen im Zusammenhang mit Abfertigungsproblemen an einem anderen deutschen Flughafen. Gemeinsam mit den Luftfahrtgesellschaften, den Abfertigungsdienstleistern und der Deutschen Flugsicherung arbeitet die Flughafen Düsseldorf GmbH in diversen Arbeitsgruppen daran, die Pünktlichkeit weiter zu steigern. 3. Was gedenkt die Landesregierung gegen die vielen verspätungsbedingten Verstöße gegen die Nachtflugbeschränkung zu unternehmen? Maßgebliche Rechtsgrundlage für die Beurteilung der Zulässigkeit von Nachtflugbewegungen sind die geltenden Nachtflugbeschränkungen als Bestandteil der bestandskräftigen Betriebsgenehmigung. Danach sind auch Starts und Landungen, die unter Ausnutzung der Verspätungstatbestände oder auf Grundlage einer Ausnahmegenehmigung der Luftaufsicht erfolgen, rechtlich zulässig und stellen keine Verstöße gegen die Nachtflugbeschränkungen dar. Die Verspätungen am Flughafen Düsseldorf sind hiernach im Regelfall rechtlich nicht zu beanstanden. Vereinzelte Flugbewegungen, die nicht als ungeplante, sondern nachweisbar als fahrlässig oder gar vorsätzlich herbeigeführte Verspätungen einzustufen wären und nicht unter die vorgenannten Verspätungstatbestände fallen, können durch das insoweit zuständige Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) bzw. dessen nachgeordnete Behörde, das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden. Die Anzeige entsprechender Rechtsverstöße gegenüber dem BAF erfolgt im Einzelfall durch den Flughafenkoordinator der Bundesrepublik Deutschland (FHKD). 4. Sieht die Landesregierung in der großzügigen Verspätungsregelung einen Anreiz für die Fluggesellschaften, diese auszunutzen und Verspätungen zumindest billigend in Kauf zu nehmen? Der Luftverkehr ist durch seine internationale Vernetzung und vielfältigen Einflüsse anerkanntermaßen verspätungsanfällig. Die betreffend den Flughafen Düsseldorf bestehenden, insbesondere auch unter dem Gesichtspunkt des Schutzes vor Fluglärm gerichtlich bestätigten Nachtflugbeschränkungen als Bestandteil der geltenden Betriebsgenehmigung ermöglichen flexible Reaktionen auf entsprechende Sondersituationen. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/716 5 5. Wie steht die Landesregierung insgesamt zu den Nachtflugregelungen am Düsseldorfer Flughafen insbesondere im Vergleich zur wesentlich restriktiveren Nachtflugregelung am deutlich größeren Flughafen Frankfurt? Zur Beantwortung wird auf die Ausführungen unter „Vorbemerkung“ verwiesen. Grundsätzlich begrüßt die Landesregierung im Sinne des umweltbezogenen Gesundheitsschutzes wirksame Nachtflugregelungen.