LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/717 22.09.2017 Datum des Originals: 21.09.2017/Ausgegeben: 27.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 240 vom 28. August 2017 der Abgeordneten Arndt Klocke, Josefine Paul, Mehrdad Mostofizadeh und Horst Becker BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/460 Beabsichtigt die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW die Landesförderung der Sozialtickets zu streichen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In weiten Teilen Nordrhein-Westfalens erhalten Personen mit nur geringen Einkünften für die Nutzung von Bussen und Bahnen rabattierte Tickets. Insbesondere Bezieherinnen und Bezieher von Hilfen nach SGB II und SGB XII sowie Regelleistungen nach dem ALG, Kriegsopferfürsorge oder Bundesversorgungsgesetzt können hiermit den örtlichen öffentlichen Nahverkehr zu reduzierten Preisen nutzen. In einigen Kommunen geht der begünstige Personenkreis noch darüber hinaus. Das Sozialticket ermöglicht somit eine Teilhabe all derer, für die die Fahrt mit Bus und Bahn in ihrer Kommune sonst zu teuer wäre. Städte und Gemeinden bzw. Verkehrsunternehmen und -verbünde werden seit 2011 vom Land bei der Finanzierung der örtlichen Sozialtickets unterstützt. Anfangs jährlich mit 30 Mio. Euro, seit 2016 mit 40 Mio. Euro pro Jahr. Wie auch bereits der Beantwortung der Kleinen Anfrage (17/303) zu entnehmen ist, ist seit 2011 die Inanspruchnahme der Sozialtickets kontinuierlich gewachsen. Der Fördertopf konnte im Jahr 2016 fast vollständig abgerufen werden. Mittlerweile gibt es in den meisten Regionen Nordrhein-Westfalens entsprechende Angebote an Sozialtickets für Menschen mit niedrigen Einkünften. Rund 85% aller Berechtigten haben somit Zugang zu einem Sozialticket. Sozialtickets sind ein guter und wichtiger Schritt, um ärmeren Menschen die Teilnahme am ÖPNV und somit Mobilität zu ermöglichen. Darüber hinaus bieten einige Kommunen weitere Vergünstigungen für Kultur- und Freizeitangebote an. Sie leisten damit auch einen wichtigen Beitrag zur Ermöglichung von Teilhabe, hierunter auch für viele Kinder und Jugendliche, die in Familien aufwachsen, die mit wenig Geld auskommen müssen oder in Armut leben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/717 2 Wie bereits 2015 eine Umfrage zeigt, sind 94 Prozent der Nutzerinnen und Nutzern mit ihrem Sozialticket zufrieden oder sogar sehr zufrieden (vgl. NRW-TarifReport 2015/16). 2015 nutzten bereit an die 300.000 Personen dieses Ticket. Es ist anzunehmen, dass die Anzahl bis heute noch deutlich gestiegen ist. Allerdings lassen öffentliche Verlautbarungen der neuen Landesregierung wie auch die Beantwortung der oben genannten Kleinen Anfrage befürchten, dass die schwarz-gelbe Landesregierung beabsichtigt die Landesfinanzierung zur Förderung von Sozialtickets einzustellen. Bereits in den vergangenen Jahren hatte die CDU-Fraktion bei Haushaltsberatungen die Abschaffung der Landesförderung für die Sozialtickets gefordert. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 240 mit Schreiben vom 21. September 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. In welchen Gebietskörperschaften (Kommunen und Kreise) gibt es mittlerweile ein Sozialticket? Folgende Gebietskörperschaften haben im Jahr 2017 ein Angebot im Rahmen des Sozialtickets: alle Kommunen im VRR alle Kommunen im AVV alle Kommunen im VRS Hochsauerlandkreis Kreis Borken Kreis Coesfeld Kreis Gütersloh (nur Stadt Gütersloh) Kreis Herford Kreis Lippe (nur Detmold, Augustdorf, Barntrup, Lügde, Dörentrup, Extertal, Schieder- Schwalenberg, Blomberg, Horn-Bad Meinberg, Kalletal, Leopoldshöhe, Lage, Schlangen) Kreis Minden-Lübbecke Kreis Olpe Kreis Siegen-Wittgenstein Kreis Soest Kreis Steinfurt Kreis Unna Kreis Warendorf Stadt Bielefeld Stadt Hamm Stadt Münster LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/717 3 2. In welchen Kommunen ist das Sozialticket mit einem Sozialpass verbunden, der auch Vergünstigungen bei Kultur-, Sport- und Freizeitangeboten vorsieht? Die Kombination des Sozialtickets mit weiteren Vergünstigungen erfolgt in eigener Entscheidung vor Ort. Die Daten liegen der Landesregierung nicht vor und können auch nicht innerhalb der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen vorgesehenen Frist beschafft werden. 3. Wie viele bedürftige Menschen wären von einer Streichung der Sozialtickets in Nordrhein-Westfalen betroffen? Der vom Land Nordrhein-Westfalen im Rahmen der Förderrichtlinie festgelegte Mindest- Berechtigtenkreis besteht aus den Empfängern von Arbeitslosengeld II und Sozialgeld (SGB II), Leistungen für Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung sowie laufende Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen („Sozialhilfe“, SGB XII), Regelleistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz oder laufender Leistungen der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz. Er kann vor Ort in eigener Entscheidung erweitert werden. Unter Verweis auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 70, LT-Drs. 17/303, wird nochmals darauf hingewiesen, dass die örtlichen Verkaufszahlen der unterschiedlichen Angebote des Sozialtickets der Landesregierung nicht vorliegen. 4. Bereitet die Landesregierung mit dem Hinweis auf die Erarbeitung neuer Tarifstrukturen ihren Ausstieg aus der Förderung der Sozialtickets vor? 5. Ist beabsichtigt, die bisherigen Haushaltsmittel für die Förderung von Sozialtickets und damit die Unterstützung von Menschen mit geringen Einkünften bei der Teilnahme am ÖPNV für andere verkehrspolitische Vorhaben bzw. zur Haushaltskonsolidierung zu verwenden? Wegen des sachlichen Zusammenhangs und unter Verweis auf die Beantwortung der Kleinen Anfrage Nr. 70, LT-Drs. 17/303, werden die Fragen 4 und 5 zusammen beantwortet. Aktuell berät die Landesregierung über eine Veränderung des Ticketwesens im ÖPNV. Erste Ergebnisse werden im Herbst erwartet. Diese bleiben abzuwarten.