LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7172 19.08.2019 Datum des Originals: 19.08.2019/Ausgegeben: 22.08.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2791 vom 24. Juli 2019 der Abgeordneten Verena Schäffer und Berivan Aymaz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/6991 Flüchtlingsfeindliche Straftaten im ersten Halbjahr 2019 Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In den vergangenen Jahren nahmen die Angriffe gegen Geflüchtete massiv zu. Die Debatten um den verstärkten Zuzug von Geflüchteten seit dem Jahr 2015 haben den sprunghaften Anstieg in den Jahren 2015 und 2016 ausgelöst. Die politisch rechts motivierten Straftaten im Themenfeld „Ausländer-Asylthematik“ des kriminalpolitischen Meldedienstes zur politisch motivierten Kriminalität lagen im Jahr 2014 bei 25 Fällen. In 2015 und 2016 stiegen sie auf 222 bzw. 484 Fälle an. Danach war ein Rückgang zu verzeichnen. Jedoch liegt die Zahl mit 150 Straftaten im Jahr 2018 immer noch weit über dem Niveau von 2014. Der größte Teil der Angriffe auf Geflüchtete und ihre Unterkünfte ist politisch rechts motiviert. Doch es finden auch im geringen Umfang Straftaten statt, die nicht als politisch motiviert eingeordnet werden. Der Großteil der mutmaßlichen Täterinnen und Täter kommt aus der unmittelbaren Umgebung von Flüchtlingsunterkünften und war der Polizei vorher nicht als Mitglied der rechten Szene bekannt. Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2791 mit Schreiben vom 19. August 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration sowie dem Minister der Justiz beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität" (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7172 2 Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten. sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben. durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet. Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105-108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a StGB als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet. Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK). 1. Wie viele Straftaten wurden im ersten Halbjahr 2019 gegen Flüchtlingsunterkünfte bzw. von Flüchtlingen bewohnte Wohnungen, gegen geplante bzw. im Bau befindliche Flüchtlingsunterkünfte, gegen Flüchtlinge bzw. Asylsuchende außerhalb ihrer Unterkunft bzw. Wohnung und gegen Einrichtungen, die sich unmittelbar für die Belange von Flüchtlingen einsetzen, verzeichnet? (Bitte jeweils nach Ort aufgeschlüsselt angeben.) Im ersten Halbjahr 2019 wurden in Nordrhein-Westfalen insgesamt 51 Straftaten (Stand: 30.07.2019) erfasst, welche die oben genannten Kriterien erfüllen. Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen. 2. Wie viele Personen wurden bei den in Frage 1 erfragten Fällen verletzt? Es wurden hierbei insgesamt fünf Personen verletzt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7172 3 3. Wie viele Tatverdächtige konnten im Zusammenhang mit den in Frage 1 erfragten Fällen ermittelt werden? (Bitte nach Alter und Geschlecht auflisten.) Es wurden insgesamt 28 Tatverdächtige ermittelt. Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 zu entnehmen. 4. In welche Phänomenbereiche der politisch motivierten Kriminalität fallen die unter Frage 1 erfragten Straftaten? Von den unter Frage 1 genannten Straftaten entfallen 49 auf den Phänomenbereich PMK- Rechts und zwei weitere Straftaten auf den Phänomenbereich PMK-nicht zuzuordnen. 5. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden im ersten Halbjahr 2019 wegen unter Frage 1 erfragten Straftaten mit welchem Ergebnis eingeleitet? Die Polizei eröffnet immer dann ein Ermittlungsverfahren, sobald sie Kenntnis von einer Straftat erhalten hat. Folglich sind in allen Fällen Ermittlungsverfahren eingeleitet worden. Die zur weiteren Beantwortung der Frage erforderlichen Daten liegen dem Ministerium der Justiz nicht vor und können nicht mit einem für die Strafrechtspflege vertretbaren Aufwand beschafft werden. Eine Erhebung der Daten würde eine Einzelauswertung der Akten aller in Betracht kommenden Verfahren erfordern. In den bundesweit einheitlichen Statistiken und Datenbanken der Justiz werden Ermittlungs- und Strafverfahren wegen flüchtlingsfeindlicher Straftaten nicht gesondert erfasst. Anlage 1 zur Kleinen Anfrage 2791 Aufschlüsselung der Straftaten (Anzahl) nach Ort Ort Anzahl Aachen 1 Altena 1 Bochum 1 Castrop-Rauxel 1 Dortmund 1 Essen 5 Geseke 1 Greven 1 Halver 1 Hamm 1 Heek 1 Herne 1 Herten 1 Höxter 1 Kamp-Lintfort 1 Kerpen 1 Köln 14 Langenfeld 1 Leichlingen 1 Lengerich 1 Leverkusen 3 Medebach 1 Minden 1 Münster 1 Oberhausen 1 Recklinghausen 1 Rheine 1 Salzkotten 1 Schwelm 1 Soest 1 Troisdorf 1 Wermelskirchen 1 Anlage 2 zur Kleinen Anfrage 2791 Alter/Geschlecht Tatverdächtige Alter Geschlecht 16 männlich 18 männlich 21 männlich 22 männlich 29 männlich 29 männlich 29 männlich 29 männlich 30 männlich 31 männlich 35 männlich 40 weiblich 41 männlich 44 männlich 45 männlich 47 männlich 48 männlich 48 weiblich 50 männlich 51 männlich 52 männlich 54 männlich 60 männlich 63 weiblich 66 männlich 69 weiblich 69 weiblich 74 männlich Leere Seite Leere Seite