LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7175 20.08.2019 Datum des Originals: 20.08.2019/Ausgegeben: 23.08.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2769 vom 17. Juli 2019 des Abgeordneten Jochen Ott SPD Drucksache 17/6935 Inklusiver Schulunterricht auf dem Schulflur? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Integrierte Gesamtschule Paffrath (IGP) in Bergisch Gladbach hat vor ca. einem halben Jahr die Bezirksregierung Köln darüber informiert, dass es ihr nicht mehr möglich ist, Inklusionskinder aufzunehmen, da die räumlichen und personellen Voraussetzungen an der Schule nicht gegeben sind. Daraufhin wurde die Schulleitung zu einem Gespräch bei der Bezirksregierung vorgeladen. Vor etwas mehr als zwei Monaten haben dann die Stadtverwaltung Bergisch Gladbach vertreten durch den Bürgermeister, dem Ko-Dezernenten und dem Fachbereichsleiter Schule gegenüber der Bezirksregierung noch einmal betont, dass die räumlichen Gegebenheiten an der Schule nicht ausreichen, um weiter Inklusionsschüler*innen aufzunehmen. Die Bezirksregierung hatte sich im Vorfeld Belegungspläne und Raumpläne zusenden lassen. Bei dem Termin mit dem Bürgermeister teilte sie dann mit, dass ein Gutachten oder Stellungnahme ihrerseits zu dem Schluss kommt, dass dies entgegen aller Angaben der Schule doch möglich sei und man mit den örtlichen Gegebenheiten kreativ umgehen soll. Als ein Beispiel wurde hier genannt, Unterricht in Fluren abzuhalten. Im vergangenen Schulausschuss der Stadt Bergisch Gladbach waren die Bezirksregierung und das Schulamt eingeladen. Die Bezirksregierung hatte sich zu der Einladung gar nicht geäußert und das Schulamt hat bis zum Schluss nicht mitgeteilt wer sie vertreten würde. Die Schulleiterin der Gesamtschule Paffrath legte noch einmal da, warum sie in diesem und auch im zukünftigen Schuljahr keine Inklusionskinder aufnehmen könnte. Dieser Bericht wurde des Weiteren durch einen anwesenden Schulleiter einer Realschule unterstützt, der auf die prekäre Situation an Realschulen hinwies. Die Diskussion im Schulausschuss löste ein breites Presseecho in Bergisch Gladbach und Umgebung aus, u.a. berichtete der Kölner Stadtanzeiger am 28. Juni 2019. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7175 2 Aus dem Rechtsrheinischen hört man nun, dass Sonderpädagog*innen aus anderen Gesamtschulen abberufen werden, um das Problem in Paffrath kurzfristig, zumindest personell, zu entschärfen. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2769 mit Schreiben vom 20. August 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wieso gibt die Bezirksregierung Köln ihr Gutachten zur Situation an der Gesamtschule Paffrath bzw. die konkreten Vorschläge, wie inklusiver Unterricht an der Gesamtschule trotz räumlicher und personeller Schwierigkeiten möglich ist, nicht an die dortige Schulleitung weiter? Wie zu einem solchen Verfahren üblich, wurde kein „Gutachten“ erstellt, sondern es wurden zur schulfachlichen Prüfung, ob die Bedingungen aus § 20 Absatz 3 und 5 SchulG NRW an der Integrierten Gesamtschule Paffrath erfüllt sind, durch die Bezirksregierung Köln nach eigenen Angaben Informationen bei der Schule eingeholt. Hierzu wurden unter anderem der Raumplan und der Raumbelegungsplan angefordert und geprüft. Hierbei konnten laut Aussage der Bezirksregierung keine mangelnden Raumbedarfe festgestellt werden, die dem Inklusionskonzept der Schule widersprächen. 2. Welche „Kompromisse und Improvisationen“ sieht die Handreichung für die Gesamtschule Paffrath seitens der Bezirksregierung konkret vor? 3. Wie kann Unterricht, der in der Regel Stühle, Tische und Schulunterlagen vorsieht, auf Fluchtwegen sowohl pädagogisch wert- und sinnvoll sowie versicherungstechnisch ohne Probleme stattfinden? Die Fragen 2 und 3 werden im Zusammenhang beantwortet. Eine Handreichung speziell für die Gesamtschule Paffrath existiert nicht. Die Bezirksregierung Köln hat im Mai 2019 eine Broschüre mit dem Titel: „Inklusion an Schulen – Eine Handreichung“ als Unterstützungsangebot für inklusive Schulentwicklungsprozesse veröffentlicht (https://www.bezregkoeln .nrw.de/brk_internet/leistungen/abteilung04/generalien/inklusion/inklusion.pdf). Das pädagogische Konzept zur inklusiven Bildung einer Schule macht auch Aussagen bzgl. der konzeptionellen Nutzung und Gestaltung von Räumen. Die Bezirksregierungen haben bei der Prüfung die neu eingeführten Qualitätsstandards zu beachten, zu denen auch die Raumausstattung zählt. Generell müssen für den Unterricht selbstverständlich geeignete Räumlichkeiten in ausreichendem Umfang durch den Schulträger bereitgestellt werden. Nach Auskunft der Bezirksregierung verfügt die genannte Schule demnach zum Beispiel über vier mögliche Differenzierungsräume. Um die Schulträger bei der sächlichen Ausstattung zur Inklusion zu unterstützen, stellt das Land den Kommunen umfangreiche und zusätzliche Mittel zur Verfügung. Die Entwicklung der Höhe der Mittel seit Inkrafttreten des Gesetzes stellt sich wie folgt dar: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7175 3 Schuljahr Ausgleich für wesentliche Belastungen der Schulträger nach § 1 („Korb 1“) Inklusionspau schale nach § 2 („Korb 2“) Gesamtvolumen 2014/2015 25 Mio. Euro 10 Mio. Euro 35 Mio. Euro 2015/2016 25 Mio. Euro 10 Mio. Euro 35 Mio. Euro 2016/2017 20 Mio. Euro 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 2017/2018 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 60 Mio. Euro 2018/2019 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 60 Mio. Euro 2019/2020 20 Mio. Euro 40 Mio. Euro 60 Mio. Euro Summe 130 Mio. Euro 160 Mio. Euro 290 Mio. Euro 4. Wie viele Sonderpädagog*innen werden aus anderen Gesamtschulen der Region abberufen? (Bitte aufschlüsseln nach Gesamtschulen und Anzahl der Lehrkräfte je Schule) 5. Wie gedenkt die Bezirksregierung, die durch die Abberufung fehlenden Sonderpädagog*innen an den anderen Gesamtschulen der Region zu ersetzen, damit dort ein inklusiver Unterricht weiterhin möglich ist? Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet. Da unter der Vorgängerregierung zu wenige Sonderpädagoginnen und Sonderpädagogen ausgebildet wurden, ist die gegenwärtige Personalausstattung in diesem wichtigen Bereich sehr angespannt. Die Schulaufsicht muss daher neben den zusätzlich geschaffenen Stellen Rechnung dafür tragen, einen bestmöglichen Ausgleich zwischen den Schulen herzustellen. Zum Schuljahr 2019/20 werden von der Gesamtschule Holweide zwei Lehrkräfte im Umfang einer Stelle und von der Katharina-Henoth-Gesamtschule in Köln-Kalk ebenfalls eine Lehrkraft im Umfang einer Stelle abgeordnet. Diese beiden Schulen erhalten jeweils als Kompensation die Möglichkeit einer Stellenausschreibung.