LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/723 25.09.2017 Datum des Originals: 25.09.2017/Ausgegeben: 28.09.2017 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 225 vom 22. August 2017 des Abgeordneten Sven W. Tritschler AfD Drucksache 17/412 „Wähle Jon – Demokratie braucht keine Alternative!“ Verletzt das Land NRW seine Neutralitätspflicht im Wahlkampf? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 27. August 2017 findet von 16 bis 22 Uhr auf dem Hohenzollernring in Köln die Veranstaltung „Wähle Jon – Demokratie braucht keine Alternative!“ statt. Die Veranstaltung bildet den Abschluss der Kampagne „Du bes Kölle!“, die vom Verein Arsch huh e.V. initiiert wird und findet im Rahmen des „gamescom city festivals“ statt. Im Vorfeld wurden im gesamten Kölner Stadtgebiet Werbeplakate der Kampagne verbreitet. Als Partner werden auf der Homepage von Arsch huh e.V. u.a. die Stadt Köln, die Koelnmesse GmbH sowie die Landeszentrale für politische Bildung NRW aufgeführt.1 Der Slogan „Demokratie braucht keine Alternative“ in Zusammenhang mit dem Aufruf zur Bundestagswahl am 24. September 2017 stellt eine eindeutige politische Positionierung gegen die Partei Alternative für Deutschland (AfD) dar, die zur Bundestagswahl antritt. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 16. Dezember 2014 die besondere staatliche Neutralitätspflicht in Zeiten des Wahlkampfs festgestellt.2 Staatsorganen sei es untersagt , sich im Hinblick auf Wahlen mit politischen Parteien oder Wahlwerbern zu identifizieren oder solche mit staatlichen Mitteln zu unterstützen – insbesondere durch Werbung, die die Entscheidung des Wählers beeinflussen könnte. Weiterhin verlangt das Gebot der freien Wahl (Art. 20 Abs. 2, Art. 38 Abs. 1 GG), dass der Wähler in einem freien und offenen Prozess der Meinungsbildung nicht von staatlicher Seite beeinflusst werden darf. Es greift zudem das 1 https://www.dubeskoelle.de/impressum. 2 https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen /DE/2014/12/es20141216_2bve000214.html; vgl. hierzu auch die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags über Zulässigkeit und Grenzen von Wahlkampfbeschränkungen der Parteien vom 22. Januar 2015, S. 12ff.: https://www.bundestag .de/blob/412078/045c36c02ee52cd25f81c338875ca094/wd-3-315-14-pdf-data.pdf. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/723 2 Recht politischer Parteien auf Chancengleichheit (Art. 21 Abs. 1, Art. 38 Abs. 1 GG). Auch im Rahmen von Öffentlichkeitsarbeit muss die Grenze zur Wahlwerbung scharf gezogen werden. Die Landeszentrale für politische Bildung NRW gehört zum Geschäftsbereich des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 225 mit Schreiben vom 25. September 2017 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder , Familie, Flüchtlinge und Integration, dem Finanzminister und dem Innenminister beantwortet . Vorbemerkung der Landesregierung Aufgabe der Landeszentrale für politische Bildung ist es, gerade vor Wahlen Bürgerinnen und Bürger über die Demokratie und die Bedeutung von Wahlen zu informieren. Zur Information gehört zum einen die Aufklärung über Demokratie und Wahlen im Allgemeinen und die Aufforderung zur Teilnahme an der anstehenden Wahl im Besonderen. Die Landeszentrale bedient sich zur Erfüllung dieser Aufgabe verschiedener Mittel, u.a. der Herausgabe von Publikationen und von online-Medien, der Unterstützung oder Förderung von Aktionen und Kooperationen sowie der Entwicklung eigener Veranstaltungsformate. Zu den Fragen: 1. Sieht die Landesregierung ihre verfassungsrechtliche Neutralitätspflicht im Wahlkampf durch die offizielle Unterstützung der Kampagne „Wähle Jon – Demokratie braucht keine Alternative!“ u.a. durch die steuerfinanzierte Landeszentrale für politische Bildung NRW gewahrt und wenn ja, warum? 2. In welchem Umfang unterstützt die Landeszentrale für politische Bildung NRW besagte Veranstaltung (bitte alle Zuwendungen aufschlüsseln)? Die Fragen zu 1. und 2. werden gemeinsam beantwortet: Die in der Kleinen Anfrage angesprochene Veranstaltung ist von der Landeszentrale für politische Bildung nicht finanziell gefördert oder sonst unterstützt worden. Wie dem Aufrufplakat zu der Veranstaltung zu entnehmen ist, wurde die Veranstaltung von der Bundeszentrale für politische Bildung unterstützt. 3. Welche anderen Zuwendungen erhält die Kampagne „Du bes Kölle“ bzw. besagte Veranstaltung durch das Land NRW (bitte alle Zuwendungen aufschlüsseln)? Die AG Arsch Huh hat in 2017 eine „Du bes kölle! Arsch Huh – Veedelstour“ mit vier Terminen in den Stadtbezirken bzw. -teilen Chorweiler, Bickendorf, Kalk und Porz organisiert. Diese dienen dem quartiers-orientierten Austausch über das Leben und die demokratische Teilhabe im Viertel. Diese vier Veranstaltungen werden von der Landeszentrale für politische Bildung im Rahmen eines Kooperationsvertrages mit bis zu € 5.000,00 je Veranstaltung unterstützt. Da die Reihe noch nicht beendet ist, liegt noch keine vollständige Abrechnung vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/723 3 4. Das „gamescom city festival“ findet im Rahmen der „Games-com“ statt, der größten Videospielemesse der Welt, zu der jährlich ca. 345.000 Besucher erwartet werden . Inwiefern sieht die Landesregierung ihre verfassungsrechtlich gebotene Neutralitätspflicht im Wahlkampf durch offizielle Unterstützung besagter Veranstaltung zum Abschluss des „gamescom city festivals“ gewahrt, insbesondere hin-sichtlich Ausnutzung der überaus besucherstarken Plattform? 5. Welche weiteren Kosten trägt der Steuerzahler in NRW für die Veranstaltung „Wähle Jon – Demokratie braucht keine Alternative!“ (bitte aufschlüsseln)? Die Fragen zu 4. und 5. werden gemeinsam beantwortet: Es gibt keine „offizielle Unterstützung“ der besagten Veranstaltungen durch das Land.