LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7243 28.08.2019 Datum des Originals: 28.08.2019/Ausgegeben: 02.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2801 vom 22. Juli 2019 des Abgeordneten Helmut Seifen AfD Drucksache 17/7007 Mediziner, Pädagoge, Verwalter = Lehrer? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 4. April 2019 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in zweiter Instanz entschieden, dass ein Fall aus dem Jahre 2013, als ein zu dem Zeitpunkt 18-Jähriger Gymnasiast zusammengebrochen war und von seinen Lehrern zwar in die stabile Seitenlage gebracht worden war, diese es jedoch unterließen ihn wiederzubeleben, neu verhandelt werden müsse. Die Eltern des seit dem Vorfall zu 100 Prozent schwerbehinderten 24-Jährigen hatten das Land Hessen wegen unzureichender Erste-Hilfe-Maßnahmen verklagt. Der Vorsitzende des Verbands für Bildung und Erziehung, Udo Beckmann, wünscht sich eine breite Diskussion über dieses Thema und spricht sich für eine verbindliche Ausbildung zum Ersthelfer für alle Lehrkräfte aus. Des Weiteren kritisiert er die fehlende Infrastruktur sowohl hinsichtlich der Erlangung des Erste-Hilfe-Scheins als auch in der Auffrischung der Erste-Hilfe- Prüfung. Nicht zuletzt verweist er darauf, dass Lehrkräfte vielerorts heutzutage medizinische Betreuung für Schülerinnen und Schüler mit chronischen Krankheiten gewährleisten müssen und dies weit über das hinausgehe, was Lehrkräfte können und vor allem dürfen. Auf einer amtlichen Seite informiert das Land NRW vorsorglich wie folgt: „Alle Unfälle, bei denen Erste Hilfe geleistet wird, werden wegen möglicher Spätfolgen in einem Verbandbuch vermerkt. Es kann beim Träger der gesetzlichen Schülerunfallversicherung bezogen werden.“1 1 https://www.schulsport-nrw.de/sicherheits-und-gesundheitsfoerderung/erlass-sicherheitsfoerderungim -schulsport/faq/sofortmassnahmen-und-erste-hilfe-bei-unfaellen.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7243 2 Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2801 mit Schreiben vom 28. August 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen beantwortet. 1. Liegen der Landesregierung Fälle vor, in denen Schülerinnen und Schüler aufgrund unzureichender Erste-Hilfe-Maßnahmen schwere Schäden erlitten haben? Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor. 2. Wie wird die Erste-Hilfe-Schulung bislang von dem Land NRW gehandhabt? In Nordrhein-Westfalen finden Maßnahmen zur Ausbildung in Erster Hilfe auf Grundlage der Erlasse „Aus- und Fortbildung von Lehr- und Fachkräften in Schulen in Erster Hilfe“ bzw. „Ausund Fortbildung von Schülerinnen und Schülern in Erster Hilfe“ statt. In Schulen mit bis zu zehn Lehrkräften erhalten zwei Lehrkräfte, in Schulen mit mehr als zehn Lehrkräften erhalten bis zu 20 Prozent der Lehrkräfte eine Aus- und Fortbildung als Ersthelferinnen und Ersthelfer. Auch Lehramtsanwärterinnen und Lehramtsanwärter sowie weiteres in Schule tätiges Personal können einbezogen werden. Inhalt und Umfang entsprechen den bundesweiten Regeln der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung. Die Ausbildung zur Ersthelferin oder zum Ersthelfer umfasst neun Unterrichtseinheiten. Im Abstand von jeweils zwei Jahren ist eine Fortbildung von ebenfalls neun Unterrichtseinheiten erforderlich. Anbieter der Lehrgänge sind die anerkannten Hilfsorganisationen sowie weitere von den Unfallversicherungsträgern anerkannte Institutionen. Die Finanzierung erfolgt auf der Grundlage einer Vereinbarung aus Mitteln der Unfallkasse NRW im Rahmen eines Gutscheinsystems, das von jeder Schule genutzt werden kann. Für Lehrkräfte und weiteres pädagogisches Personal besteht darüber hinaus die Möglichkeit des Erwerbs einer Lehrberechtigung für Erste Hilfe. Des Weiteren verfügen in Nordrhein-Westfalen alle Sportlehrkräfte über eine Ausbildung in Erster Hilfe, die regelmäßig aufgefrischt werden muss. Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufen I und II können - z.B. im Rahmen des Schulsanitätsdienstes - freiwillig ebenfalls an einer Aus- und Fortbildung im Umfang von jeweils neun Unterrichtseinheiten teilnehmen. 3. Plant die Landesregierung eine Ausweitung der Erste-Hilfe-Pflicht auf den Chemie-Unterricht? Gemäß den aktuell gültigen Richtlinien zur Sicherheit im Unterricht an allgemeinbildenden Schulen und an Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen (RISU-NRW u. RISU-BK-NRW, Ausgabe 2017) müssen vor einer Tätigkeit mit Gefahrstoffen passende Erste-Hilfe- Maßnahmen durch die verantwortliche Lehrkraft festgelegt und erforderliche Erste-Hilfe- Einrichtungen bereitgestellt werden. Darüber hinaus müssen die Lehrkräfte den Schülerinnen und Schülern vor Aufnahme der Tätigkeiten mit Gefahrstoffen gezielte Anweisungen zu den bei dem einzelnen Versuch/Arbeitsverfahren eingesetzten Gefahrstoffen, deren sichere Handhabung und der sachgerechten Entsorgung, geben. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7243 3 Zudem ist für Schülerinnen und Schüler im naturwissenschaftlichen Unterricht eine allgemeine Sicherheitsunterweisung zu Beginn eines jeden Schulhalbjahres durchzuführen, die schriftlich zu vermerken ist. Eine darüber hinausgehende Ausweitung von Maßnahmen erscheint nicht erforderlich und wird auch nicht angestrebt. 4. Plant die Landesregierung verpflichtende Erste-Hilfe-Kurse für alle Lehrkräfte? Eine Ausweitung der eingangs beschriebenen Maßnahmen zur Aus- und Fortbildung von Lehrkräften (Ersthelferinnen und Ersthelfer) ist zurzeit nicht geplant. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass aktuell ein dreijähriges Modellprojekt „Laienreanimation an Schulen in Nordrhein-Westfalen“ durchgeführt wird, das sich die Erhöhung der Wiederbelebungskompetenz von Schülerinnen und Schülern, Lehrkräften sowie von allen am Schulleben beteiligten Personen zum Ziel gesetzt hat. Daran sind landesweit inzwischen mehr als 170 Schulen beteiligt. Das Land folgt hier einer Empfehlung des Schulausschusses der Kultusministerkonferenz und arbeitet mit drei ärztlichen Fachgesellschaften zusammen. Bzgl. des in der Fragestellung erwähnten BGH-Urteils zu einem Schulsportunfall im Land Hessen wurde dieses Engagement des Landes Nordrhein- Westfalen in der Presseberichterstattung positiv hervorgehoben.