LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7261 30.08.2019 Datum des Originals: 30.08.2019/Ausgegeben: 04.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2818 vom 30. Juli 2019 der Abgeordneten Stefan Kämmerling und Stefan Zimkeit SPD Drucksache 17/7034 Gewerbesteuer-Kannibalisierung in NRW: Schaut die Landesregierung nur zu? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Am 25. Juli 2019 haben 30 Kommunen die „Zonser Erklärung“ unterzeichnet. Ausgangspunkt der Erklärung ist das teilweise starke Gefälle der Gewerbesteuerhebesätze zwischen den Kommunen in NRW. Die unterschiedliche Wirtschaftskraft der Kommunen in NRW eröffnet lediglich finanzkraftstarken Kommunen die Möglichkeit niedriger Gewerbesteuersätze. Finanzkraftschwächere Kommunen sind in der Gestaltung ihrer Steuersätze stark eingeschränkt, teilweise auch durch aufsichtsrechtliche Rahmenbedingungen. Großkonzerne üben darüber hinaus zunehmend Druck auf Kommunen bei der Gestaltung ihrer Hebesätze aus. Teilweise wird unverhohlen mit der steuerlichen Verlagerung des Unternehmens gedroht. Bereits in der Vergangenheit sind solche, rein steuerlichen Verlagerungen erfolgt. Dabei bleibt die Produktion des Unternehmens am bisherigen Standort, jedoch werden Unternehmenskonstruktionen derart vorgenommen, dass Gewinne in eine Kommune verlagert werden, die über einen niedrigeren Hebesatz verfügt. Das führt zu einer doppelten Belastung der Kommunen der produzierenden Standorte. Einerseits verringert sich dadurch das Gewerbesteueraufkommen. Andererseits bleibt die Inanspruchnahme der kommunalen Infrastruktur weiter gegeben. Diese Infrastruktur, die zum Großteil durch die Kommunen aufrechterhalten werden muss, verursacht hohe Kosten, die nun nicht mehr durch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer getragen werden können. Dies führt dazu, dass sich Unternehmen nicht mehr an der Unterhaltung der für sie notwendigen Infrastruktur beteiligen. Auch die Akzeptanz der Bevölkerung von Belastungen durch Industriebetriebe vor Ort sinkt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7261 2 Ein Rückbau der Infrastruktur unter Inkaufnahme der Verlagerung auch der Produktion ist für die Kommune dabei keine Option. Abgesehen von der wirtschaftspolitischen Notwendigkeit von Industriestandorten müssen und wollen Kommunen Arbeitsplätze für Menschen vor Ort vorhalten. Der Minister der Finanzen hat die Kleine Anfrage 2818 mit Schreiben vom 30. August 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie sowie der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung beantwortet. 1. Wie steht die Landesregierung zur „Zonser Erklärung“ und den darin geforderten Punkten? 2. Was unternimmt oder beabsichtigt die Landesregierung zu unternehmen, um die Verlagerung von Besteuerung von Produktionsstandorten hin zu „Briefkastenstandorten“ zu unterbinden? 3. Welche Initiativen ergreift die Landesregierung auf Bundesebene, um die Problematik zu lösen? 4. Was unternimmt oder beabsichtigt die Landesregierung zu unternehmen, um die große Spreizung der Gewerbesteuerhebesätze in NRW zu verringern? 5. Was unternimmt oder beabsichtigt die Landesregierung zu unternehmen, um die im Bundesvergleich hohen Gewerbesteuerhebesätze in NRW wettbewerbsfähig zu machen? Die Fragen 1 bis 5 werden zusammen beantwortet. Jede Kommune ist berechtigt, das ihr durch Art. 28 Abs. 2 GG eingeräumte Hebesatzrecht in eigener Verantwortung auszuüben. Daraus folgende Hebesatzunterschiede sind Ausfluss der verfassungsrechtlich garantierten Hebesatzautonomie der Gemeinden. In anderer Weise beurteilt die Landesregierung Steuergestaltungen einzelner Unternehmen, mit deren Hilfe ohne Betriebsverlagerung das Steuersatzgefälle etwa durch konzerninterne Lizenzzahlungen ausgenutzt wird. Die Landesregierung begrüßt daher die Ankündigung, konkrete Änderungsvorschläge erarbeiten zu wollen. Sobald diese Vorschläge vorliegen, wird die Landesregierung sie eingehend prüfen. Hinsichtlich der Fragen 4 und 5 wird überdies auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2772 verwiesen (LT-Drs. 17/7127).