LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7264 02.09.2019 Datum des Originals: 28.08.2019/Ausgegeben: 05.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2830 vom 6. August 2019 der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky AfD Drucksache 17/7075 Heranführung von Asylberechtigten zu gemeinnützigen Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Asylbewerber, die eine Anerkennung als Asylberechtigte oder als Flüchtlinge nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) erhalten, und jene, denen subsidiärer Schutz zugestanden wird, wechseln aus dem Rechtskreis der Bezieher von Asylbewerberleistungen in den Rechtskreis der Bezieher von Grundsicherung nach dem SGB II. Abhängig vom Schutzstatus wird gemäß § 26 Aufenthaltsgesetz eine Aufenthaltserlaubnis von bis zu 3 Jahren erteilt, die sich verlängert, wenn die Gründe für den Schutzstatus fortbestehen. Während dieser Zeit ist es möglich uneingeschränkt als Beschäftigter zu arbeiten. Gemäß SGB II, §16d besteht die Möglichkeit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zur Erhaltung oder Wiedererlangung ihrer Beschäftigungsfähigkeit, die für die Eingliederung in Arbeit erforderlich ist, Arbeitsgelegenheiten zuzuweisen. Diese müssen im öffentlichen Interesse liegen und wettbewerbsneutral sein. Zulässig ist grundsätzlich eine Zuweisungsdauer von max. 24 Monaten innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere 12 Monate. Die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten erhalten für diese Tätigkeiten zuzüglich zum Arbeitslosengeld 2 eine angemessene Entschädigung. Wie die Kleine Anfrage 20281 ergeben hat, befinden sich mit Stand 31.12.2018 aus den TOP 20 Herkunftsländern: 3.068 Asylberechtigte nach § 25, Abs.1, AufenthG 143.737 anerkannte Flüchtlinge nach § 25, Abs. 2 AufenthG und 58.644 subsidiär Schutzberechtigte nach § 25, Abs. 2 1 Vergl. Lt.-Drucksache 17/5677 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7264 2 zusammen also 205.449 anerkannte Flüchtlinge in Nordrhein-Westfalen. Da die Arbeitsmarktstatistik nur anhand der jeweiligen Nationalität geführt wird, ist es schwer abzuschätzen, wie hoch der Grad der Beschäftigung der seit 2014 ins Land gekommenen „Flüchtlinge“ ist. Folgendes ergibt aber die Statistik: Die Anzahl der Personen aus den Top-20 Herkunftsländern in NRW hat sich zwischen Juni 2014 und Juni 2018 um etwa 330.000 Personen erhöht. Die Anzahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten aus diesen Ländern hat sich in diesem Zeitraum um etwa 70.000 Personen erhöht, davon arbeiten aber nur etwa 47.000 Personen in Vollzeit. Der Anteil der Personen an diesem Beschäftigungszuwachs, der sich bereits vor dieser Zeit legal, ggf. mit Niederlassungserlaubnis, in NRW aufgehalten hat, lässt sich aus dieser Statistik nicht ablesen. Der Anteil der Tätigkeiten im Helferbereich ist bei vielen Nationalitäten unverhältnismäßig hoch (Syrien: 51%; Irak: 55%, Nigeria 67%, Eritrea 74%; Guinea 61%; Somalia: 72 %; Pakistan: 48%; Algerien: 48%). Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2830 mit Schreiben vom 28. August 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Wie schon in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2028 (Drucksache 17/5677) ausgeführt, gilt für die amtlichen Statistiken der Bundesbehörden nach dem Bundesstatistikgesetz, dass mit ihnen laufend Daten über Massenerscheinungen erhoben, gesammelt, aufbereitet, dargestellt und analysiert werden. Dabei gelten die Grundsätze der Neutralität, Objektivität und fachlichen Unabhängigkeit. Bei der Erhebung sind weitere rechtliche Vorgaben, wie die des Datenschutzes, zu beachten. Dies bedingt, dass eine Verknüpfung von Datensätzen – insbesondere unterschiedlicher Statistikkreise – nicht immer in der gewünschten Weise möglich ist. Hierauf wird in den nachfolgenden Antworten im Einzelnen verwiesen. Die amtlichen Statistiken in Bezug auf Arbeitsgelegenheiten unterscheiden nicht nach den in der Kleinen Anfrage genannten Kategorien, sondern lediglich nach Deutschen, Ausländern und Nichteuropäischen Asylherkunftsländern (Stand: Januar 2016: Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia, Syrien) bzw. nach Personen im Kontext von Fluchtmigration insgesamt. Die von der Kleinen Anfrage genannten Top-20 Herkunftsländer können daher insoweit (d. h. mit Ausnahme der Antwort zu Frage 1) nicht im Einzelnen aufgeschlüsselt werden, sondern es können immer nur Gesamtzahlen genannt werden. Die absolute Zahl der Personen nach den genannten Staatsangehörigkeiten darf im Übrigen nicht mit der Zahl der zuletzt Eingewanderten in dem jeweiligen Aufenthaltsstatus gleichgesetzt werden. Denn in den absoluten Zahlen sind auch Personen enthalten, die schon lange in Deutschland leben. Zudem werden durch das hier verwendete Aggregat nicht diejenigen nach Deutschland geflüchteten Menschen berücksichtigt, die eine andere Staatsangehörigkeit als die der genannten acht Staaten aufweisen. Die Dimension von Fluchtzusammenhängen kann daher allenfalls im Vergleich der entsprechenden Jahreszahlen abgeschätzt werden. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7264 3 In der Vorbemerkung zur Kleinen Anfrage wird der Begriff Flüchtlinge in Anführungszeichen gesetzt (Seite 2, 3. Zeile), womit vermutlich nahegelegt werden soll, dass diese Personen überwiegend keine legitimen Schutzansprüche hätten. Dem widersprechen bereits die in der Antwort zu Frage 1 enthaltenen Zahlen, die verdeutlichen, dass eine große Mehrheit der Geflüchteten, die in den letzten Jahren als Schutzsuchende nach Deutschland gekommen sind, einen legitimen Anspruch auf Schutz geltend machen kann. 1. Wie viele anerkannte Flüchtlinge der genannten drei Kategorien aus den Top-20 Herkunftsstaaten sowie insgesamt halten sich aktuell in NRW auf? (Bitte aufschlüsseln nach Nationalität der Top-20 Herkunftsländer, nach der Gesamtzahl und nach dem Schutzstatus gemäß AufenthG) Aus der nachfolgenden Tabelle ergibt sich aus dem Ausländerzentralregister (AZR) zum Stichtag 30.06.2019 die Anzahl der in NRW registrierten Personen aus den Top-20 Herkunftsländern (Drittstaaten). Insgesamt sind 214.227 anerkannte Schutzberechtigte aus den Top-20 Herkunftsländern in NRW erfasst. Die genaue Aufteilung kann der nachfolgenden Tabelle entnommen werden: Stand 30.06.2019 Gesamtzahl der in NRW erfassten Personen darunter: Gesamtzahl der Schutzberech - tigten Länder nach § 25 Abs. 1 AufenthG (Asylberechtigter ) nach § 25 Abs. 2 1. Alt. AufenthG (Flüchtlingseigen - schaft zuerkannt) nach § 25 Abs. 2 2. Alt. AufenthG (subsidiärer Schutz gewährt) Türkei 493.549 596 2.514 111 Syrien, Arabische Republik 214.574 1.314 91.320 48.499 Irak 81.994 237 29.397 6.659 Russische Föderation 53.009 51 491 184 Afghanistan 51.841 131 7.851 2.589 Marokko 37.360 3 122 74 Nordmazedonien 36.819 2 12 18 China 36.026 47 161 45 Iran, Islamische Republik 33.363 459 7.648 351 Ukraine 29.159 3 40 10 Indien 25.168 1 33 10 Nigeria 20.407 61 965 184 Albanien 17.702 0 54 112 Libanon 14.243 3 175 234 Pakistan 13.220 30 787 52 Eritrea 13.217 83 6.635 2.054 Sri Lanka 12.125 33 455 97 Ghana 11.230 0 57 25 Kasachstan 11.109 0 6 0 Guinea 10.777 39 943 160 Gesamt: 1.206.892 3.093 149.666 61.468 214.227 Quelle: AZR Stand 30.06.2019 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7264 4 Die darin enthaltenen Daten zur Anzahl der Personen, die sich zu einem bestimmten Zeitpunkt in NRW befanden, bilden nicht ab, ob es sich um Personen im erwerbsfähigen Alter handelt, seit wann die Personen sich in Deutschland befinden (Aufenthaltsdauer) und ob bzw. seit wann ein freier Zugang zum Arbeitsmarkt bestand. 2. Wie viele anerkannte Flüchtlinge der genannten drei Kategorien sind aktuell arbeitslos bzw. arbeitsuchend gemeldet? (Bitte aufschlüsseln nach Nationalität der Top-20 Herkunftsländer und der Gesamtzahl) Die Daten von arbeitslos bzw. arbeitsuchend gemeldeten Flüchtlingen werden nicht nach den in der Kleinen Anfrage genannten drei Kategorien differenziert. Es werden lediglich Personen im Kontext von Fluchtmigration und Personen mit sonstigem Aufenthaltsstatus ausgewiesen. Personen im Kontext von Fluchtmigration werden in der Statistik der Bundesagentur für Arbeit seit Juni 2016 auf Basis der Dimension „Aufenthaltsstatus“ abgegrenzt. Diese Abgrenzung entspricht nicht notwendigerweise anderen Definitionen von Flüchtlingen (z. B. juristischen Abgrenzungen). Ausschlaggebend ist insbesondere der Bezug zum Arbeitsmarkt. Personen im Kontext von Fluchtmigration umfassen Drittstaatsangehörige mit einer Aufenthaltsgestattung, einer Aufenthaltserlaubnis Flucht (§§ 18a, 22 – 26 AufenthG) und einer Duldung. Zu Personen mit sonstigem Aufenthaltsstatus zählen Personen mit Niederlassungserlaubnis, Blauer Karte EU, sonstiger Aufenthaltserlaubnis (außer §§ 22 – 26 AufenthG) und Visum. Auch Personen, die im Rahmen des Familiennachzugs (§§ 27ff AufenthG) zu geflüchteten Menschen nach Deutschland migrieren, zählen zu Personen mit sonstigem Aufenthaltsstatus. Danach ergeben sich aktuell (Stand: Juli 2019) folgende Zahlen: Arbeitsuchende und Arbeitslose im Kontext von Flucht oder mit sonstigem Aufenthaltsstatus nach Staatsangehörigkeit: Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistik (Zahlen für NRW) LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7264 5 3. Wie viele anerkannte Flüchtlinge der genannten drei Kategorien wurden seit 2014 gemäß SGB II, § 16d zu einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung herangezogen? (Bitte nach Jahr und Anzahl aufschlüsseln) Die amtliche Statistik enthält keine detaillierten Angaben zur Heranziehung von anerkannten Flüchtlingen der genannten drei Kategorien zu Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung. Für den Rechtskreis SGB II werden Arbeitsgelegenheiten insgesamt für Deutsche, Ausländer und Nichteuropäische Asylherkunftsländer ausgewiesen. Danach ergeben sich für den Rechtskreis SGB II folgende Bestände von Personen aus den genannten acht nichteuropäischen Asylherkunftsländern in Arbeitsgelegenheiten: Bestände von Teilnehmenden in Arbeitsgelegenheiten aus den acht Asylherkunftsländern: Stand: Anzahl: April 2019 1.563 April 2018 1.160 April 2017 1.028 April 2016 497 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistik (Zahlen für NRW) Darüber hinaus werden auch die Eintritte von Teilnehmenden in Arbeitsgelegenheiten (Mehraufwandsvariante) von Personen im Kontext von Fluchtmigration erfasst. Zur Definition dieser Personengruppe wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. Diese Personengruppe ist nicht identisch mit den Personen aus den genannten nichteuropäischen Herkunftsländern. Die Zahlen sind auch nicht isoliert für den Rechtskreis SGB II ausgewiesen. Sie stehen aus den in der Antwort zu Frage 2 genannten Gründen auch erst ab Mitte 2016 zur Verfügung. Eintritte von Teilnehmenden in Arbeitsgelegenheiten (Mehraufwandsvariante) mit Fluchtkontext: Stand: Anzahl: Januar - April 2019 1.766 2018 3.543 2017 2.940 Juli – Dezember 2016 1.289 Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Statistik (Zahlen für NRW) 4. Wie viele Arbeitsstunden wurden dabei seit 2014 geleistet? (Bitte nach Jahr und Berufsgruppen aufschlüsseln) Die Anzahl der dabei geleisteten Arbeitsstunden und deren Aufteilung nach Jahr und Berufsgruppen aufgeschlüsselt nach den genannten Personengruppen sind nicht Gegenstand der amtlichen Statistik. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7264 6 5. In welcher Höhe wurde für den genannten Personenkreis diesbezüglich seit 2014 eine Mehraufwandsentschädigung geleistet? (Bitte nach Jahr und Summe aufschlüsseln) Die Höhe der diesbezüglich geleisteten Mehraufwandsentschädigungen und deren Aufschlüsselung nach Jahr und Summe bezogen auf den genannten Personenkreis sind nicht Gegenstand der amtlichen Statistik.