LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7276 02.09.2019 Datum des Originals: 02.09.2019/Ausgegeben: 05.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2826 vom 5. August 2019 des Abgeordneten Ibrahim Yetim SPD Drucksache 17/7067 Wie setzt die Landesregierung den Asyl-Stufenplan um? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im April 2018 hat das Landeskabinett den Asyl-Stufenplan beschlossen. In drei Schritten will die Landesregierung das Aufnahmesystem zur Steuerung von asylsuchenden Flüchtlingen in Nordrhein-Westfalen umstellen. Im Koalitionsvertrag wurde 2017 angekündigt, dass nur noch anerkannte Flüchtlinge oder Personen mit guter Bleibeperspektive auf die Kommunen verteilt werden. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 2826 mit Schreiben vom 2. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Hat die Landesregierung ihr Ziel, nur noch anerkannte Flüchtlinge oder Personen mit guter Bleibeperspektive auf die Kommunen zu verteilen, erreicht? Die Landesregierung hat das Ziel, die Kommunen im Bereich der Aufnahme, Betreuung und Rückführung von Flüchtlingen - soweit möglich -zu entlasten. In diesem Sinne hat die Landesregierung im April letzten Jahres den Asylstufenplan beschlossen. Die erste Stufe des Asylstufenplans, die die Implementierung des beschleunigten Verfahrens nach § 30a Asylgesetz (AsylG) sowie die Überstellung Asylsuchender, welche sich im Dublin-Verfahren befinden, aus den Landeseinrichtungen in die Mitgliedstaaten Polen und Schweiz vorsieht, ist bereits umgesetzt. Als weiterer Baustein des Stufenplans ist das im Dezember 2018 vom Landtag verabschiedete Ausführungsgesetz zur bundesgesetzlichen Regelung des § 47 Absatz 1b AsylG auf den Weg gebracht worden. Damit macht Nordrhein-Westfalen von der den Ländern vom Bundesgesetzgeber gewährten Möglichkeit Gebrauch, die Wohnverpflichtung in Landesaufnahmeeinrichtungen zu verlängern. Nunmehr können Asylsuchende bis zur Entscheidung des BAMF über den Asylantrag - und im Falle der Ablehnung des Asylantrags LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7276 2 als offensichtlich unbegründet oder unzulässig - bis zur Ausreise oder bis zum Vollzug der Abschiebungsandrohung oder -anordnung, längstens jedoch 24 statt sechs Monate in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes untergebracht werden. Davon ausgenommen sind nur Personensorge- und Erziehungsberechtigte mit minderjährigen Kindern und Jugendlichen, die grundsätzlich nach sechs Monaten zugewiesen werden. Die Umsetzungsschritte auf Stufe 3 bestehen in dem Aufbau von notwendigen Strukturen im Landesbereich, damit bisher von den Kommunen wahrgenommene Aufgaben übergeleitet werden können, und sollen daher perspektivisch und schrittweise realisiert werden. Der wichtigste Schritt auf Stufe 3 ist der Ausbau der Kapazitäten der Zentralen Ausländerbehörden. Damit die im Aufbau befindlichen Zentralen Ausländerbehörden Essen und Coesfeld den Betrieb aufnehmen können, bedarf es einer Änderung der Verordnung über die Zuständigkeiten im Ausländerwesen (ZustAVO), die sich derzeit im parlamentarischen Verfahren befindet. Wenn der Aufbau der beiden neuen Zentralen Ausländerbehörden vollzogen ist, ist auch eine Ausweitung der Dublin-Überstellungen aus den Landeseinrichtungen auf weitere EU- Mitgliedstaaten möglich. Ziel sollte es sein, perspektivisch grundsätzlich alle Dublin Rücküberstellungen aus Landeseinrichtungen vorzunehmen. Für die im Stufenplan vorgesehene Unterbringung Illegaler (unerlaubt eingereiste Ausländer nach § 15 a AufenthG) in Landeseinrichtungen sind die notwendigen Umsetzungsschritte eingeleitet worden. Aufgrund der bundesrechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen wird es sich auch künftig nicht vermeiden lassen, dass bestimmte abgelehnte Asylsuchende den Kommunen zugewiesen werden müssen. Dies gilt beispielsweise für Familien und Alleinreisende mit Kindern, da in diesen Fällen die maximalen Aufenthaltszeiten nicht ausgeschöpft werden sollen oder für Personen, deren maximale Wohnverpflichtung in einer Aufnahmeeinrichtung des Landes abgelaufen ist und deren Rückführung aus Gründen, die nicht in der Sphäre des Landes liegen (z.B. Lage im Herkunftsland, fehlende Kooperationsbereitschaft im Herkunftsland), nicht realisiert werden konnte. 2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung hinsichtlich der verlängerten Aufenthaltszeit in den Landeseinrichtungen vor? 3. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung hinsichtlich der verlängerten Aufenthaltszeit für Familien mit minderjährigen Kindern in den Landeseinrichtungen vor? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Im Zusammenhang mit den verlängerten Aufenthaltszeiten in den Landeseinrichtungen sind der Landesregierung bislang keine besonderen Probleme bekannt geworden. Familien mit minderjährigen Kindern werden weiterhin privilegiert und nach spätestens sechs Monaten zugewiesen. Diese Aufenthaltsdauer kann nur in begründeten Ausnahmefällen überschritten werden, wenn eine Ausreise oder Abschiebung unmittelbar bevorsteht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7276 3 4. Wie ist der Sachstand hinsichtlich des Ausbaus der Rückführungen aus den Landeseinrichtungen? Hierzu wird zunächst auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Die Ausweitung der Dublin- Überstellungen aus den Landeseinrichtungen wird sukzessive vorangetrieben. Die erste Erweiterung ist für das 4. Quartal 2019 vorgesehen. In einem nächsten Schritt sollen dann im 1. Halbjahr 2020 weitere EU-Mitgliedstaaten hinzukommen. Ziel ist, perspektivisch - im Rahmen des tatsächlich und rechtlich Möglichen - alle Dublin-Rücküberstellungen aus Landeseinrichtungen vorzunehmen.