LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7290 03.09.2019 Datum des Originals: 03.09.2019/Ausgegeben: 06.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2835 vom 6. August 2019 der Abgeordneten Berivan Aymaz BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7082 Anwendungspraxis des §§49 und 50 AsylG: Zuweisungsverfahren von Personen mit ablehnenden Asylbescheiden Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Im Zusammenhang mit einer Erweiterung der Aufenthaltsdauer von Asylsuchenden in Landesunterkünften sieht der Erlass „Steuerung des Asylsystems in Nordrhein-Westfalen ab 2018“ vor, dass Asylsuchende gemäß §§ 49 und 50 AsylG einer Kommune zuzuweisen sind. Danach ist die Wohnverpflichtung in einer Landeseinrichtung unverzüglich – d.h. ohne schuldhaftes Zögern – zu beenden, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen: Vollziehbare Abschiebungsandrohung und Abschiebung kurzfristig nicht möglich (§ 49 Abs. 1 AsylG) Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) teilt der Bezirksregierung mit, dass nicht oder nicht kurzfristig entschieden werden kann, dass der Asylantrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist und ob die Voraussetzungen für die Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen (§ 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AsylG) oder Verwaltungsgericht hat die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Negativentscheidung des BAMF angeordnet (§ 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AsylG). Die zuständige Zentrale Ausländerbehörde ist gemäß dem Erlass zur Steuerung des Asylsystems vom 29.03.2017 nach Identifizierung entsprechender Fälle gemeinsam mit der Bezirksregierung Arnsberg für die Zuteilung in die Kommunen zuständig.1 In der Stellungnahme der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V. (GGUA) (Stellungnahme 17/1040) vom 03.01.2019 zum Antrag der Grünen „Für eine menschenwürdige und integrative Unterbringung: Kommunen stärken – keine Kasernierung 1 Erlass zur Steuerung des Asylsystems vom 29.03.2017 Az: 123-39.19.03-16-004 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7290 2 von Geflüchteten“ (Drs. 17/3793) wurde jedoch kritisiert, dass es „bei Personen, über deren Asylantrag das BAMF noch nicht entschieden hat, regelmäßig an der rechtlich erforderlichen Mitteilung an die Bezirksregierung [fehle], dass über den Antrag gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AsylG nicht kurzfristig entschieden werden kann“. Ähnliches gelte für Personen, bei denen das BAMF bereits das Vorliegen eines nationalen Abschiebungsverbots nach §60 Abs. 5 oder 7 AufenthG festgestellt oder einen Antrag als einfach unbegründet abgelehnt hat (ebd.). Zudem bestehe die Bezirksregierung Arnsberg darauf, dass im Falle einer einfachen Ablehnung des Asylantrags eine Klage beim Verwaltungsgericht eingelegt werde und dies mit einer Klageeingangsbestätigung nachzuweisen sei (ebd.). Dieses Verfahren widerspricht jedoch den gesetzlichen Vorgaben nach §§ 50 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AsylG, aus dessen Wortlaut sich ergibt, dass „Personen unverzüglich zuzuweisen sind, deren Asylantrag unzulässig oder offensichtlich unbegründet ist“ unabhängig davon, ob sie gegen diesen Bescheid Rechtsmittel einlegen oder nicht. Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 2835 mit Schreiben vom 3. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie wird sichergestellt, dass das Land die benötigte Mitteilung des § 50 Abs. 1 S.1 AsylG vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erhält? Die Pflicht, eine Mitteilung nach § 50 Abs. 1 S. 1 AsylG an die zuständige Ausländerbehörde herauszugeben, obliegt ausschließlich dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Die Mitteilung wird bei Vorliegen der Voraussetzungen per Fax an die zuständige Zentrale Ausländerbehörde übersandt. Anhaltspunkte dafür, dass das BAMF seiner Verpflichtung nach § 50 Abs. 1 S. 1 AsylG nicht nachkommt, sind der Landesregierung nicht bekannt. 2. Wie viele Personen wurden im Zeitraum zwischen 2015 und 2019 auf die Kommunen gemäß §§ 49 und 50 AsylG verteilt? Bitte nach Rechtsgrundlagen und Jahren aufschlüsseln. Rechtsgrundlage für die Verteilung von Asylsuchenden in die Kommunen ist § 50 AsylG in Verbindung mit § 3 Flüchtlingsaufnahmegesetz (FlüAG). Die Zuweisungen für die Jahre 2015 bis 2019 stellen sich wie folgt dar: 2015: 184.389 2016: 64.670 2017: 25.806 2018: 25.631 2019: 12.449 (Stichtag: 30.06.2019). 3. Wie lange ist die Verweildauer von Personen, auf die §§ 49 und 50 AsylG anwendbar sind, in den einzelnen Zentralen Unterbringungseinrichtungen (ZUE) (bitte nach ZUE, Personengruppe (Familie mit Kindern/Frau mit Kindern/Frau ohne Kinder/Mann mit Kindern/Mann ohne Kinder/Paar ohne Kinder/Unbekannt ohne Kinder) und Verweildauer in Monaten aufschlüsseln)? LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7290 3 4. Wie lange ist die Verweildauer in den einzelnen ZUE von Personen, bei denen gemäß § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG ein Abschiebungsverbot vorliegt (bitte nach ZUE, Personengruppe (Familie mit Kindern/Frau mit Kindern/Frau ohne Kinder/Mann mit Kindern/Mann ohne Kinder/Paar ohne Kinder/Unbekannt ohne Kinder) und Verweildauer in Monaten aufschlüsseln)? Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Eine statische Erfassung der Verweildauer der genannten Gruppen ist automatisiert nicht möglich. Da eine den Anforderungen entsprechende Fachanwendung auf dem Markt nicht zur Verfügung steht, arbeitet die Landesregierung daran, eine Landesdatenbank als Fachverfahren zur informationstechnischen Unterstützung für Nordrhein-Westfalen in den Bereichen Unterbringung, Versorgung, Verteilung, Zuweisung und Rückführung von Flüchtlingen (DiAs NRW) zu entwickeln. Teil des Fachverfahrens ist auch ein Tool zur automatisierten Auswertung von Informationen zu Asylsuchenden (z.B. Geschlecht, Alter, Familienzugehörigkeit, Aufenthaltsdauer) in den Landeseinrichtungen. Eine Auswertung der Verweildauer von Asylsuchenden im Landessystem ist über DiAs NRW zwar grundsätzlich möglich. Die mit den Fragen 3 und 4 abgefragten Filterkategorien sind dort indes nicht implementiert. Die Erhebung der Daten könnte nur auf der Grundlage einer Einzelfallprüfung durch die Bezirksregierungen in allen Landeseinrichtungen erfolgen. Eine solche Abfrage ist aufgrund des erheblichen Zeit- und Arbeitsaufwands in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. 5. Wie viel Zeit vergeht durchschnittlich zwischen BAMF-Bescheid, Eingang des Bescheids bei der Bezirksregierung, Zuweisung der Bezirksregierung auf die Kommunen und dem tatsächlichen Transfer in die Kommune (bitte nach einzelnen Prozessphasen und ZUE aufschlüsseln)? Zuweisungen infolge positiver Entscheidungen des BAMF erfolgen grundsätzlich innerhalb von drei Werktagen nach Eingang des Bescheides bei der Bezirksregierung Arnsberg. Der Transfer in die Kommunen wird sodann mit einem Vorlauf von einer Woche durchgeführt. Dieser Transfer-Vorlauf beträgt bei anderen Entscheidungen des BAMF - sofern nach dem Erlass zur Steuerung des Asylsystems vom 16.07.2019 keine Unterbringung in Landeseinrichtungen in Betracht kommt - zwei Wochen. Diese Prozessphasen gelten für alle Zentralen Unterbringungseinrichtungen des Landes gleichermaßen.