LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7293 03.09.2019 Datum des Originals: 03.09.2019/Ausgegeben: 06.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2856 vom 9. August 2019 des Abgeordneten Josef Neumann SPD Drucksache 17/7136 Angebot an Methadon-Substitutionstherapien – wie ist die aktuelle Versorgungslage von opioidabhängigen Menschen in Solingen? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Für viele Opioidabhängige kann eine Methadon-Substitutionstherapie ein Ausweg aus der Abhängigkeitsspirale sein und kann wesentlich zu einer Stabilisierung beitragen. Sie ermöglicht es, auf weitere, realistisch erreichbare Therapieziele hinzuwirken. Der Bundesgesetzgeber hatte 2017 mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung (BtMVV) die Rechtsgrundlage für eine zeitgemäße Substitutionstherapie geschaffen. Ein Ziel des Methadon-Programmes ist es, die Folgen der Sucht für Abhängige und für die Gesellschaft so gering wie möglich zu halten. Daher sollte ein entsprechendes Therapieangebot flächendeckend sichergestellt sein. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2856 mit Schreiben vom 3. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung Klarstellend wird zunächst grundsätzlich darauf hingewiesen, dass die substitutionsgestützte Behandlung drogenabhängiger Patientinnen und Patienten seit langem ein bewährter Bestandteil der vertragsärztlichen Regelversorgung ist. Grundlegend hierfür waren die Erkenntnisse aus dem erfolgreich abgeschlossenen sog. „Methadonprogramm“ sowie zahlreicher nationaler und internationaler klinischer Studien. Methadon ist heute nur eines von mehreren für die Substitutionsbehandlung zugelassenen Medikamenten. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7293 2 1. Wie ist die aktuelle Versorgungslage von opioidabhängigen Menschen mit dem Methadonprogramm in Solingen? Die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung obliegt nach § 75 SGB V den Kassenärztlichen Vereinigungen. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) ist die Versorgung in Solingen derzeit ausreichend sichergestellt. 2. Wie viele Personen nehmen an dem Programm teil? Im Zeitraum vom 1. Januar 2018 bis zum 31. Dezember 2018 wurden 333 Substitutionsbehandlungen in Solingen an das Substitutionsregister des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte gemeldet. Zum Stichtag 1. Oktober 2018 befanden sich gemäß Substitutionsregister 200 drogenabhängige Menschen in Substitutionsbehandlung in Solingen. Aktuell befanden sich nach Auskunft der kommunalen Suchtkoordination am 20. August 2019 223 Personen in Substitutionsbehandlung. 3. Wie viele Ärzte sind in Solingen mit der Versorgung betraut? Nach Auskunft der KVNO sowie der Ärztekammer Nordrhein (ÄKNO) verfügen insgesamt vier Ärzte im Raum Solingen über die Genehmigung zur Durchführung von Substitutionsbehandlungen. Hiervon verfügt ein Arzt über die Genehmigung mit Konsiliarregelung, d. h. dieser Arzt kann ohne suchtmedizinische Qualifikation und in Abstimmung mit einem suchtmedizinisch qualifizierten Arzt bis zu zehn Patienten substituieren. Zwei Ärzte verfügen über die Genehmigung für eine individuelle Erhöhung der Patientenzahl. Insgesamt fünf Ärztinnen und Ärzte unter 65 Jahren haben die Zusatzweiterbildung „Suchtmedizinische Grundversorgung“ absolviert. Derzeit führen zwei Ärzte die Substitutionsbehandlung tatsächlich durch. Ein Arzt behandelt 150 Personen, der andere Arzt hat eine Praxis mit 75 Plätzen. Dort werden zurzeit 73 Personen behandelt. 4. Gibt es für die derzeit versorgenden Ärzte bei Ausfall/Verhinderung durch Krankheit/Urlaub oder Ausscheiden aufgrund des Rentenalters adäquaten ärztlichen/medizinischen Ersatz? 5. Wie wird die Versorgungsituation für Opioidabhängige, die am Methadonprogramm teilnehmen, nachhaltig und langfristig für das Stadtgebiet Solingen gesichert? Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Bei Vertretungsfällen durch Urlaub oder Krankheit sind der KVNO sowie der ÄKNO bislang keine Probleme bekannt bzw. gemeldet worden. Auch ein mögliches Ausscheiden aus der vertragsärztlichen Versorgung wurde der KVNO bislang nicht gemeldet. Aus kommunaler Sicht besteht die große Sorge, dass bei Aufgabe der Praxis oder längerem Ausfall einer der beiden Ärzte die Versorgung der Patienten nicht sichergestellt werden kann. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7293 3 Zudem liegt es nahe, dass ein Arzt aufgrund seines fortgeschrittenen Alters demnächst seine Tätigkeit beenden wird. In diesem Fall wollen KVNO und ÄKNO mit den anderen Ärzten, die eine Genehmigung zur Substitution besitzen, Kontakt aufnehmen und eine Erhöhung der Behandlungsfallzahl anstreben. Darüber hinaus ist die Kreisstelle Solingen der KV stets bemüht, Nachwuchs in diesem Bereich zu finden. Möglicherweise können demnächst noch Ärztinnen und Ärzte ohne die Fachkunde für die Konsiliarregelung zur Mitwirkung motiviert werden. Darüber hinaus gibt es unter der Leitung der Stadt Solingen einen Arbeitskreis Substitution, in dem die Thematik regelmäßig angesprochen wird. Auch das Land engagiert sich in der Sicherstellung und Weiterentwicklung der substitutionsgestützten Behandlung. Dies insbesondere mit Blick auf die mit der jüngsten Änderung der bundesrechtlichen Regelungen beabsichtigte Verbesserung der Substitutionsbehandlung. Die Ärztekammer Westfalen-Lippe hat auf Initiative des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (MAGS) eine auf Landesebene tätige AG „Weiterentwicklung der Substitution“ gegründet. Mitglieder der Arbeitsgruppe sind u. a. Vertretungen der Kassenärztlichen Vereinigungen, Ärzte- und Apothekerkammern und des MAGS sowie niedergelassene Ärzte und andere in der Suchthilfe und mit der Substitution befasste Institutionen. Ziel dieser Arbeitsgruppe ist es, die Substitution zu fördern und hierfür entsprechende Maßnahmen zu entwickeln. Unter Anderem wird eine Broschüre zur Bewerbung der Substitutionsbehandlung erstellt. Darüber hinaus wird ein Konzept „Fortbildung Substitution mit Konsiliararzt“ entwickelt. Zudem planen KVNO und ÄKNO Veranstaltungen auf Kreisstellenebene zur Gewinnung von substituierenden Ärztinnen und Ärzten. Aufgrund der generellen Problematik der Altersstruktur prüft die KVNO derzeit Modelle, um die ausscheidenden Ärztinnen und Ärzte weiterhin in der Substitution zu halten. Darüber hinaus fanden im April 2018 und Juli 2019 kostenlose Fortbildungsveranstaltungen im Bereich der Substitution durch die KVNO statt. Diese waren zwar insbesondere an die bereits substituierenden Ärztinnen und Ärzte gerichtet, sollten aber gleichzeitig als Plattform für die Neugewinnung von Ärztinnen und Ärzten genutzt werden. Geplant ist, künftig jährlich eine solche Veranstaltung anzubieten.