LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7321 05.09.2019 Datum des Originals: 05.09.2019/Ausgegeben: 10.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2847 vom 8. August 2019 des Abgeordneten Rüdiger Weiß SPD Drucksache 17/7113 Was hat die Landesregierung bisher unternommen, um den europäischen Gedanken in der Bildung zu stärken? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In ihrem Koalitionsvertrag verspricht die Landesregierung, die Europakompetenzen der Bürgerinnen und Bürger zu stärken, unter anderem durch eine „Stärkung des europäischen Gedankens in der Bildung“ (siehe S. 115 und 116) – etwa durch dem Europagedanken gewidmeten Schulfahrten ins europäische Ausland. Weiter soll geprüft werden, in welchem Umfang und in welcher Form die Themen Europa und EU noch stärker als bisher im Schulunterricht behandelt werden können. Schwierigkeiten beim Übergang aus des System der Europäischen Schulen und den Schulen anderer europäischer Länder in das nordrheinwestfälische Bildungssystem sollen beseitigt werden. Auch sollen Internationale Schulen, Europaschulen und europäische Studiengänge ausgebaut werden. Die Landesregierung verspricht darüber hinaus, Hochschulen bei der Etablierung eines europäischen Wissenschaftsnetzes zu unterstützen, indem Programme wie „Horizon 2020“ stärker in Anspruch und durch Landesmittel ko-finanziert werden sollen. Dem Koalitionsvertrag folgend liegt der Fokus der Landesregierung bei der stärkeren Verankerung des europäischen Gedankens überproportional auf der höheren Bildung – Internationale und Europaschulen etwa sind zu einem Großteil Gymnasien. Grundsätzlich bleiben eine Vielzahl von Versprechungen der schwarz-gelben Landesregierung auch knapp zweieinhalb Jahre nach Übernahme der Regierungsgeschäfte unkonkret und die Landesregierung selbst einen Nachweis über deren Verwirklichung oder zumindest die hierzu unternommenen Anstrengungen schuldig. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2847 mit Schreiben vom 5. September 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft und dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7321 2 1. Welchen Beitrag leistet die Landesregierung, um politische Bildung und insbesondere europapolitische Bildung in Nordrhein-Westfalen zu stärken? Die Landesregierung leistet einen umfassenden Beitrag zur Stärkung der europapolitischen Bildung in Nordrhein-Westfalen. Dabei hat sie sowohl formale als auch nicht-formale Bildungsprozesse im Fokus. Mit unserem etablierten Hochschulformat „NRW debattiert Europa“ fördert die Landesregierung aktiv die Europakenntnisse von Studierenden aus ganz Nordrhein-Westfalen. Durch die Unterstützung unserer über 200 Europaschulen im Land trägt die Landesregierung ebenfalls aktiv zur europapolitischen Bildung von Kindern und Jugendlichen bei. Die Landesregierung fördert die Auseinandersetzung mit dem europäischen Gedanken in allen Schulformen und Schulstufen. Obligatorisch im Unterricht aufzugreifende Inhalte und zu entwickelnde Kompetenzen mit expliziten Europabezügen finden sich vielfältig insbesondere in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern und in den Fremdsprachen. So benennen zum Beispiel die Kernlehrpläne für das Gymnasium als zentrales Ziel des Fremdsprachenunterrichts die Kompetenz der „interkulturellen Handlungsfähigkeit“, die – insbesondere bei allen europäischen Sprachen – die Vermittlung europäischer und europapolitischer Themen zwingend miteinschließt. Die europäische Bildungszusammenarbeit ist von den Prinzipien der Freiwilligkeit und des regen Austauschs geprägt. In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Vereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union unterzeichnet, die die Zusammenarbeit in Europa sowie die nationalen Bildungssysteme stärken. Hierzu zählt beispielsweise die „Politische Erklärung zur Zusammenarbeit“ zwischen den Benelux-Ländern und Nordrhein- Westfalen, die am 2. April 2019 vereinbart wurde, um die bestehenden und weiteren Kooperationen zu verstärken und auszubauen. Im Rahmen der europapolitischen Kommunikation der Landesregierung werden bei Veranstaltungen, Wettbewerben, Projekten und Kooperationen nahezu alle gesellschaftlichen Gruppen adressiert und einbezogen. Auch die Unterstützung proeuropäischer Initiativen und Akteure, die Europa und seine Institutionen allen Bürgerinnen und Bürgern näherbringen, stärkt die Europakompetenz der Gesellschaft. Zu den Maßnahmen und Projekten im Schulbereich zählen insbesondere: Förderung grenzüberschreitender Schüleraustausche (z.B. EU-Bildungsprogramm Erasmus+), Schulpartnerschaften und Begegnungsmaßnahmen, Stärkung von Euregio-Schulen und Entwicklung einer grenzüberschreitenden Bildungsstrategie z.B. durch das Euregioprofil-Schulprogramm und das Euregioprofil- Zertifikat für Schulen, bilingualer Unterricht an zzt. rd. 390 Schulen unterschiedlicher Schulformen, Exzellenzlabel CertiLingua, das gezielt die Vermittlung europabezogener Kompetenzen in den Bereichen Wissen und Haltungen fordert, Zusatzqualifikation „Internationale berufliche Mobilität“ für Schülerinnen und Schüler sowie Zertifikat „10%-strategisch-beruflich-mobil“ für Berufskollegs. „Europa“ ist auch ein zentrales Thema der Landeszentrale für politische Bildung. Diese fördert die demokratische Kultur in Nordrhein-Westfalen und unterstützt Bürgerinnen und Bürger bei der Herausbildung einer demokratischen Haltung. Bereits im Koalitionsvertrag vom Juni 2017 haben sich die Landesverbände von CDU und FDP darauf verständigt, die Tätigkeit der Landeszentrale für politische Bildung institutionell und sachlich zu stärken. Gegenüber dem Jahr 2017 sind bis zum Haushalt 2019 die Haushaltsmittel für die Landeszentrale für politische LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7321 3 Bildung in Einzelpunkten erhöht und auch vereinzelt zusätzliche Stellen eingerichtet worden. Bürgerinnen und Bürger bzw. insbesondere Jugendliche für ein demokratisches Europa zu begeistern und zu eigener politischer Teilhabe zu motivieren stellt ein zentrales Ziel dar. Die Vermittlung von Wissen über die Europäische Union, aber auch über Europa als geografischer und kultureller Raum, ist Anliegen der Landeszentrale. Insbesondere die Wahl zum Europäischen Parlament am 26. Mai 2019 war Anlass für vielfältige Projekte und Maßnahmen, die im Umfeld der Wahl und darüber hinaus umgesetzt wurden und werden. Zu den Projekten gehören u.a.: "demokratie leben. Die Europatour durch NRW", „Europateam NRW“, "Was zählt sind wir!? - Europapolitischer Workshop zur Partizipation und für Demokratie" und Publikations- und Medienangebote zum Themenschwerpunkt Europa. 2. Wie möchte die Landesregierung sicherstellen, dass ein gestärktes „Europagefühl bei jungen Menschen“ nicht zu einem Elitenphänomen wird sondern vor allem auch junge Menschen mit bildungsfernem Hintergrund daran teilhaben können? Die Landesregierung sieht es als ihre Aufgabe, das Europagefühl gerade von Jugendlichen zu stärken. So wurden im Vorfeld der Europawahl auch Aktivitäten initiiert und Veranstaltungen unterstützt, die sich an junge Menschen richten, die bisher wenig oder keine Berührung mit dem Thema Europa hatten. Beispielsweise hat die Landesregierung gemeinsam mit dem Landtag über das Projekt „Juniorwahl“ als auch mit dem SimEP über eine weitere Kooperation mehrere hundert Schulen nahezu aller Schulformen mit dem Thema Europa erreicht. Die Landesinitiative „Europa erleben und lernen“ sorgt dafür, dass Auszubildende mittelständischer Unternehmen dabei unterstützt werden, im Ausland Europakompetenzen zu sammeln und auszubauen. Darüber hinaus vermitteln auch digitale, niedrigschwellige Formate europapolitisches Wissen an alle Jugendliche und unterstützen damit gezielt die europapolitische Bildungsarbeit. Durch Förderung von Begegnungsmaßnahmen und grenzüberschreitender Zusammenarbeit unterstützt die Landesregierung auch die Teilnahme junger Menschen mit bildungsfernem Hintergrund. 3. Was hat die Landesregierung unternommen, um die von ihr identifizierten Schwierigkeiten beim Übergang aus dem System der Europäischen Schulen und den Schulen anderer europäischer Länder in das nordrhein-westfälische Bildungssystem zu beseitigen? Der Schulwechsel beispielsweise zwischen der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, dem Großherzogtum Luxemburg sowie dem Königreich der Niederlande und NRW kann bereits seit 2010 direkt über die jeweils aufnehmende Schulleitung eingeleitet werden. Grundlage für die Eingliederung in die jeweiligen Schulsysteme sind sogenannte Äquivalenzlisten, in denen die unterschiedlichen Bildungsgänge gegenübergestellt werden und Aussagen zu den im jeweiligen Partnerland damit verbundenen Abschlüssen und Berechtigungen enthalten sind. Darüber hinaus ist der Übergang aus den Schulen anderer europäischer Länder in das nordrhein-westfälische Hochschulsystem seit Längerem Gegenstand von hochschulzugangssowie hochschulzulassungsrechtlichen Rechtssetzungsvorhaben der Landesregierung. So ermöglichen nach Abschnitt 4 der Verordnung über die Gleichwertigkeit von Bildungsnachweisen mit der Hochschulreife und der Fachhochschulreife (Gleichwertigkeitsverordnung) ausländische Bildungsnachweise, soweit die Bewertungsvorschläge der Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen beim Sekretariat LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7321 4 der Kultusministerkonferenz dies vorsehen, den direkten oder indirekten Hochschulzugang in Nordrhein-Westfalen. Bildungsnachweise, die zum direkten Hochschulzugang berechtigen, sind der Hochschulreife gleichwertig. Bildungsnachweise, die indirekt zum Hochschulzugang berechtigen, ermöglichen in Verbindung mit einer Feststellungsprüfung oder erfolgreichen Studienzeiten im Herkunftsland die Studienaufnahme. Mit der Gleichwertigkeitsverordnung normierte die Landesregierung bereits 2014 die Gleichwertigkeit von ausländischen Bildungsnachweisen mit nordrhein-westfälischen Hochschulzugangsberechtigungen. Zulassungsrechtlich sind europäische Bewerberinnen und Bewerber Deutschen gleichgestellt. 4. Wie viele innereuropäische Auslandsfahrten haben Schülerinnen und Schüler an nordrhein-westfälischen Schulen in den Jahren 2016, 2017 und 2018 unternommen (bitte auflisten nach Schulform und Jahrgang und Zielort) Schulen entscheiden in eigener Verantwortung und in Abstimmung mit der Schulkonferenz, welche Schul- und Klassenfahrten sie unternehmen. Diese müssen dem Ministerium für Schule und Bildung nicht gemeldet werden. Die erfragten Daten liegen der Landesregierung daher nicht vor. Sie können innerhalb des für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeitraums auch nicht erhoben werden. Ihre Ermittlung würde eine Abfrage bei sämtlichen Schulen in NRW erfordern. 5. Wie stark ist der Ko-Finanzierungsbeitrag des Landes an „Horizon 2020“ seit Antritt der schwarz-gelben Landesregierung gestiegen? (Bitte Auflisten nach Jahr seit 2014, Projekt und Begünstigte) Die Zusage zur Bereitstellung von Ko-Finanzierungsmitteln betrifft nicht das Programm Horizon 2020. Der Landeshaushalt sieht hierfür auch keine Haushaltsmittel vor.