LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7334 05.09.2019 Datum des Originals: 05.09.2019/Ausgegeben: 10.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2849 vom 8. August 2019 des Abgeordneten Rüdiger Weiß SPD Drucksache 17/7115 Was hat die Landesregierung bisher unternommen um die anstehende EU- Ratspräsidentschaft Deutschlands in der zweiten Jahreshälfte 2020 vorzubereiten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In ihrem Koalitionsvertrag verspricht die Landesregierung „[d]ie deutsche EU- Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte 2020 […] aktiv und im Sinne der europapolitischen Agenda Nordrhein-Westfalens“ (S. 115) zu begleiten. Bis dato ist jedoch wenig Engagement der Landesregierung erkennbar. Nicht einmal in den relativ spät erschienenen europapolitischen Prioritäten der Landesregierung für das Jahr 2019 werden konkrete Maßnahmen in Bezug auf die anstehende deutsche EU-Ratspräsidentschaft erwähnt. Auf Bundesebene bahnen sich öffentlichkeitswirksam einige Initiativen auf dem Weg zur EU- Ratspräsidentschaft 2020 an. Bereits seit Februar 2017 kann man im Koalitionsvertrag der Bundesregierung einige festgesteckte Schwerpunkte für die EU-Ratspräsidentschaft nachlesen. So wird in Zeile 1008 ff. erwähnt, dass Deutschland im Zuge der Ratspräsidentschaft die Gleichstellung von Frauen und Männern vorantreiben wolle, in Zeile 7306 ff. wird beteuert, dass die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik auf allen Ebenen der EU stärker berücksichtigt werden müsse und in 8202 ff. wird auf den Beitrag von Kultur und Bildung und Pressefreiheit und Medienvielfalt gesetzt. Vor allem letzteres sollte für das Medienland NRW ein Anstoß sein, sich intensiv in diese Richtung zu engagieren. Des Weiteren bat die Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs am 21. März 2019 die Europaministerkonferenz um „die Koordinierung des Beitrages der deutschen Länder zur deutschen Ratspräsidentschaft“.1 1 https://www.hamburg.de/contentblob/12373086/cfe23fc06f17b13cb4031eb1767c0039/data/mpk-21-03-2019- beschluss-deutsche-eu-ratspraesidentschaft.pdf (Zuletzt konsultiert: 18.07.2019). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7334 2 Bei der 210. Sitzung der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder vom 12. bis 14. Juni 2019 lud das Bundesinnenministerium diejenigen Länder, die sich aktiv an der Vorbereitung der Ratspräsidentschaft beteiligen wollen, ein, vor und während der Ratspräsidentschaft Personal ins BMI zu entsenden.2 Und schließlich wurden auch auf europäischer Ebene einige Zeichen Richtung zukünftige Ratspräsidentschaften bei dem Gipfel von Sibiu am 9. Mai 2019 gesetzt. Hier wurde unter anderem die Strategische Agenda für den Rat in der Legislaturperiode 2019-2024 beschlossen. Damit sind einige vorgegebene Schwerpunkte für die deutsche Ratspräsidentschaft 2020 erkennbar. Einer der Schwerpunkte dieser Agenda ist die Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte.3 Für NRW von großer Bedeutung wäre nicht zuletzt eine Neuauflage der „Leipzig Charta“ unter der deutschen Ratspräsidentschaft 2020. Der Referenzrahmen für Stadtentwicklung in Europa bedarf dringend einer Aktualisierung vor dem Hintergrund neuer europäischer internationaler Rahmenbedingungen wie beispielsweise dem Pariser Klimaabkommen. Ein frühzeitiger Einsatz der Landesregierung für die Weiterentwicklung der Charta wäre ein starkes Zeichen die die vielen urbanen Akteure in Nordrhein-Westfalen. Die Versprechungen der schwarz-gelben Landesregierung bleiben auch knapp zweieinhalb Jahre nach Übernahme der Regierungsgeschäfte und nur ein Jahr vor der Übernahme der EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands unkonkret und die Landesregierung selbst einen Nachweis über deren Verwirklichung oder zumindest die hierzu unternommenen Anstrengungen schuldig. Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales hat die Kleine Anfrage 2849 mit Schreiben vom 5. September 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung und der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet. 1. Inwiefern ist die Landesregierung in Bezug auf die Vorbereitung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft 2020 schon tätig geworden – beispielsweise in Bezug auf die Entsendung von Personal in Bundesministerien? (Bitte auflisten nach inhaltlichen Schwerpunkten, eingeplantem Budget und Personaleinsatz) Die Landesregierung beschäftigt sich kontinuierlich mit der Vorbereitung auf die deutsche EU- Ratspräsidentschaft 2020. Sie ist Thema bei der europapolitischen Koordinierung der Ressorts und den regelmäßigen Besprechungen der Länder mit dem Bund, insbesondere auf Ebene der Europaminister- und der Kultusministerkonferenz. Zur Unterstützung der deutschen Ratspräsidentschaft ist bislang die Entsendung von vier Landesbeamtinnen und Landesbeamten an den Bund bereits vereinbart. Diese werden in den Bereichen Verkehrs-, Industrie-, Struktur- und Europapolitik eingesetzt. Die Personalkosten dafür betragen rund 350.000 Euro jährlich. Außerdem werden in der Vertretung des Landes beim Bund die 2 https://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/20190614_12/anlage-zu-top- 55.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (Zuletzt konsultiert: 18.07.2019). 3 Siehe S. 5, „Eine neue Strategische Agenda 2019 – 2024“, Europäischer Rat LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7334 3 Kapazitäten zur Begleitung der Ratspräsidentschaft erhöht. Der Europabereich dort wird zu diesem Zweck auch personell gestärkt werden. 2. Inwiefern unterscheiden sich die Schwerpunkte der nordrhein-westfälischen Landesregierung von und ergänzen die im Koalitionsvertrag der Bundesregierung festgelegten Zielen für die deutsche EU-Ratspräsidentschaft 2020? Die Länder haben die Bundesregierung gebeten, sie über die vorgesehenen Schwerpunktthemen der deutschen Ratspräsidentschaft zu unterrichten, und bei der inhaltlichen Ausgestaltung des Präsidentschaftsprogramms einzubinden. In der Europaministerkonferenz werden aktuell die Formulierungen der inhaltlichen Anliegen der Länder an die deutsche Ratspräsidentschaft erarbeitet. Die Landesregierung Nordrhein- Westfalen ist dabei intensiv eingebunden. Grundlage für die Schwerpunkte der Landesregierung sind jeweils die Europapolitischen Prioritäten. Eine wichtige Priorität bleibt die Sicherstellung einer angemessenen europäischen Finanzausstattung des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens, um die für Nordrhein-Westfalen relevanten Programme fortzuführen sowie den Zugang zu allen Förderprogrammen zu gewährleisten. Als einstmals bedeutendste europäische Kohleregion ist die Verbindung von Wirtschafts- und Klimapolitik unter Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit Ziel der Landesregierung. Sie setzt sich außerdem für einen weiteren Ausbau der grenzüberschreitenden Arbeitsmarktpolitik und Gesundheitsversorgung und eine Stärkung der europäischen justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit ein. 3. Inwiefern und mit welchen Maßnahmen und Impulsen hat die Europaministerkonferenz unter der Leitung des Landes Nordrhein-Westfalens nach der expliziten Aufforderung der Konferenz der Regierungschefinnen und - chefs am 21. März 2019 den Prozess der Vorbereitung und Koordinierung der Länderpositionen eingeleitet? Unter Vorsitz von Nordrhein-Westfalen hat die Europaministerkonferenz bereits am 12. März 2019 den Beschluss „Deutsche EU-Ratspräsidentschaft“ an die Konferenz der Regierungschefinnen und -chefs gerichtet. Die Europaministerkonferenz hat sich außerdem mit Vertretern der Bundesregierung zur deutschen Ratspräsidentschaft ausgetauscht, auch auf Arbeitsebene finden seitdem regelmäßige Besprechungen statt. Ebenfalls unter Vorsitz von Nordrhein-Westfalen wurde eine Abfrage zum Beitrag der Länder unter allen Fachministerkonferenzen durchgeführt. Diese dient der Vorbereitung eines weiteren Beschlusses bei der nächsten Sitzung der Europaministerkonferenz. 4. Welche Maßnahmen und Initiativen plant die Landesregierung für die Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte europaweit, um den Aufforderungen aus der Strategischen Agenda des Rates zu entsprechen? Der Europäische Rat hat am 20. Juni 2019 eine neue Strategische Agenda für 2019 bis 2024 beschlossen, in der die Prioritätsbereiche festgelegt werden, die die Arbeit des Europäischen Rates bestimmen und als Leitlinien für die Arbeitsprogramme der übrigen EU-Institutionen dienen werden. Im diesem Zusammenhang wird auch die Europäische Säule der sozialen Rechte genannt, die zwar keine rechtliche Bindungswirkung für die Mitgliedstaaten entfaltet, aber als Kompass zur Orientierung für die sozialrechtlichen Aktivitäten auf europäischer Ebene dient und in den kommenden fünf Jahren umgesetzt werden soll, wobei die jeweiligen Zuständigkeiten zu beachten sind. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7334 4 Die Europäische Kommission setzt die in der Europäischen Säule sozialer Rechte verankerten Grundsätze sukzessive um. Hier sind aktuell insbesondere zu erwähnen: 1. die Richtlinie zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, die am 12. Juli 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlich wurde, 2. die Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen in der Europäischen Union vom 20. Juni 2019 und 3. der Vorschlag für eine Empfehlung des Rates über den Zugang zum Sozialschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und für Selbstständige. Das Verfahren zur Ratsempfehlung ist schon weit fortgeschritten – aber noch nicht abgeschlossen. Zusätzliche Maßnahmen zur europaweiten Umsetzung der Europäischen Säule sozialer Rechte werden seitens der Landesregierung derzeit nicht geplant. 5. Welche Vorbereitungen hat die Landesregierung bisher getroffen, um eine Neuauflage der Leipzig Charta unter deutscher Ratspräsidentschaft 2020 im Sinne NRWs zu ermöglichen? Die Leipzig-Charta wird in Vorbereitung auf die deutsche EU-Ratspräsidentschaft seit Juni 2018 in einem nationalen und internationalen Dialogprozess weiterentwickelt. Die Abteilung Stadtentwicklung des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung ist Mitwirkende in den nationalen Dialogsitzungen.