LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7351 09.09.2019 Datum des Originals: 09.09.2019/Ausgegeben: 12.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2865 vom 13. August 2019 des Abgeordneten Dr. Dennis Maelzer SPD Drucksache 17/7153 Führt die Neuregelung des KiBiz zu Beitragssteigerungen für tausende Familien? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Landesregierung hat dem Landtag mit dem „Gesetz zur qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung“ einen Vorschlag vorgelegt, der die Strukturen des bestehenden KiBiz weitestgehend fortschreibt. Allerdings gehören dazu Veränderungen bei der Bemessung von Elternbeiträgen bei der Kindertagespflege und in Kindertageseinrichtungen. In Paragraph 51 (4) des Gesetzesentwurfes heißt es: „Die Höhe und Staffelung der Elternbeiträge für Kindertageseinrichtungen und für Kindertagespflege sollten einander entsprechen.“ Im Kreis Kleve will der Landrat dieser „rechtlichen Vorgabe folgend keine unterschiedlichen Elternbeiträge“ für den Besuch von Kindertagespflege und Kindertageseinrichtungen mehr erheben und die Kosten der Kindertagespflege entsprechend erhöhen. In ganz Nordrhein-Westfalen werden mehr als 62.000 Kinder allein im U3-Bereich und mehr als 4.400 Kinder im Ü3-Bereich in der Kindertagespflege betreut. Für viele von ihnen könnten sich negative Folgen aus der Gesetzgebung ergeben. Umgekehrt gibt es auch Jugendämter die günstigere Beiträge für den Kita-Besuch vorsehen. Auch sie könnten den Gesetzestext als Begründung für Beitragssteigerungen heranziehen . Der Minister für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration hat die Kleine Anfrage 2865 mit Schreiben vom 9. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die örtlichen Jugendämter entscheiden im Rahmen der verfassungsrechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung in eigener Verantwortung über die Erhebung und Ausgestaltung von Elternbeiträgen für Betreuungsangebote in Kindertageseinrichtungen und Kinderta- LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7351 2 gespflege. Werden Elternbeiträge erhoben, sind die Vorgaben des Achten Sozialgesetzbuches (SGB VIII) und des Kinderbildungsgesetzes (KiBiz) zu berücksichtigen. Hier ist im Rahmen der KiBiz-Reform keine Änderung vorgesehen. Der Landesregierung ist es allerdings wichtig, Familien finanziell spürbar zu entlasten. Der Regierungsentwurf des Gesetzes zur qualitativen Weiterentwicklung der frühen Bildung sieht daher ein zweites beitragsfreies Kindergartenjahr vor. Ab dem Kindergartenjahr 2020/2021 müssen die El-tern – vorbehaltlich der Zustimmung des Gesetzgebers – für die letzten beiden Jahre vor der Einschulung keinen Beitrag mehr aufbringen. 1. Warum sieht die Landesregierung in der Frage der Gleichartigkeit von Höhe und Staffelung der Elternbeiträge in Kindertagespflege und in Kindertageseinrichtungen Regelungsbedarf? In Nordrhein-Westfalen werden rund 30 Prozent der betreuten unterdreijährigen Kinder in Kindertagespflege betreut, deshalb hat die Kindertagespflege auch für die Landesregierung eine hohe Bedeutung. Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege bieten gleichwertige Betreuungsformen und haben nach § 22 SGB VIII den gleichen Förder-auftrag, auch wenn sie sich in der konkreten Ausgestaltung unterschei-den. Seit 2005 wurde die Kindertagespflege im Achten Sozialgesetzbuch (SGB VIII) ausdrücklich als zweite, gleichrangige Säule im System öffentlicher Kindertagesbetreuung ausgewiesen. Mit § 51 Absatz 4 Satz 5 wird die Gleichwertigkeit der Angebote hervor-gehoben. Vor dem Hintergrund des (bundes-)gesetzgeberischen Ziels eines gemeinsamen Systems der Förderung von Kindern in Kindertages-einrichtungen und Kindertagespflege und damit Eltern möglichst frei zwischen den Angebotsformen wählen können, sollten sich auch die Elternbeiträge in Höhe und Staffelung entsprechen. In den „Gemeinsamen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der öffentlichen Wohlfahrtspflege Nordrhein-Westfalens (Landkreistag , Städte- und Gemeindebund und Städtetag), des Landesjugendamtes beim Landschaftsverband Rheinland, des Landesjugendamtes beim Landschaftsverband Westfalen- Lippe, des Landesverbandes Kindertagespflege NRW e. V. und der Obersten Landesjugendbehörde des Landes Nordrhein-Westfalen (Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integra-tion des Landes Nordrhein-Westfalen)“ findet sich bereits folgende abgestimmte Formulierung : „Im Hinblick auf die Gleichrangigkeit der Betreuungsformen (Kindertagespflege und Kindertageseinrichtung) und das Wunsch- und Wahlrecht sollte sich die Höhe der Kostenbeiträge an den Beiträgen orientieren, die für die Inanspruchnahme eines Platzes in einer Kindertageseinrichtung erhoben werden.“ 2. In welchen Jugendämtern weicht bei vergleichbarer Betreuungszeit der Elternbeitrag für die Kindertagespflege vom Elternbeitrag in Tageseinrichtungen ab? Die örtlichen Jugendämter entscheiden im Rahmen der verfassungs-rechtlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung in eigener Verantwortung über die Erhebung und Ausgestaltung von Elternbeiträgen für Betreuungsangebote in Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege . Entsprechende Daten liegen damit nur auf kommunaler Ebene vor. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7351 3 3. Wie juristisch bindend ist eine Formulierung, die davon spricht, dass die Elternbeiträge in den unterschiedlichen Betreuungsformen einander entsprechen „sollten “? § 51 Absatz 4 Satz 5 des Regierungsentwurfs enthält eine Empfehlung an die Kommunen für die Ausgestaltung der örtlichen Elternbeitragssatzungen. Ziel der gesetzlichen Empfehlung ist es, dass die Elternbeiträge für die Betreuung in Kindertagespflege landeseinheitlich grundsätzlich nicht höher sind, als die für die Betreuung in Kindertageseinrichtungen, um dem in der Vorbemerkung der Landesregierung und in der Antwort zu Frage 1 zugrundeliegenden Grundgedanken Rechnung zu tragen: Die Kindertagespflege ist bundesgesetzlich seit 2005 durch die qualitativen Alleinstellungsmerkmale, wie enge persönliche Bindung zu einer Betreuungsperson und kleine Kindergruppe, ein für die Betreuung von unterdreijährigen Kindern zur Betreuung in Kindertageseinrichtungen gleichwertiges Betreuungsangebot. Dies sollte sich auch in der Elternbeitragsgestaltung niederschlagen. 4. Welche Gestaltungsspielräume haben Jugendämter aktuell und künftig, wenn sie für die Kindertagespflege höhere oder niedrigere Beiträge als für Kindertageseinrichtungen erheben wollen? Bei den Teilnahme- und Kostenbeiträgen für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen oder Kindertagespflege entscheiden die Kommunen auch weiterhin unter Berücksichtigung der Vorgaben des SGB VIII und des KiBiz in eigener Verantwortung, in welcher Höhe Elternbeiträge erhoben werden und welche Bemessungsgrundlage für die Beitragshöhe Anwendung findet. Die Höhe und Struktur der Elternbeiträge ist und bleibt insoweit Ausdruck der kommunalen Selbstverwaltung. Im Übrigen siehe Antwort zu Frage 3. 5. Aus welchen Jugendamtsbezirken sind der Landesregierung Überlegungen über eine Anhebung der Elternbeiträge bekannt? Auswertungen hierzu liegen auf Landesebene nicht vor.