LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7354 09.09.2019 Datum des Originals: 06.09.2019/Ausgegeben: 12.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2834 vom 6. August 2019 der Abgeordneten Arndt Klocke, Mehrdad Mostofizadeh und Johannes Remmel BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7079 Verzögerungen bei der Umsetzung der Radschnellwegeprojekte in NRW Vorbemerkung der Kleinen Anfrage „In NRW radeln wir voraus und bauen sieben große Radschnellwege – auf den ersten Kilometern können Sie schon heute fahren!“ Dieses Zitat ist der Vision auf Homepage Radschnellwege.nrw entnommen. Diese Homepage wird von der Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte NRW (AGFS) im Auftrag und in Kooperation mit dem Landesverkehrsministerium betrieben. Zwischen der Vision und der tatsächlichen Realität klafft aber in NRW mittlerweile eine gewaltige Lücke. Bislang gibt es nur ein 13 Kilometer langes Teilstück des Radschnellweg Ruhr zwischen Essen und Mülheim. Insbesondere in den innenstadtnahen Bereichen gehen die Planungen nicht voran, der Zeitpunkt der Umsetzung steht häufig in den Sternen. Auch bei den anderen sechs Radschnellwegeprojekten geht es nicht voran, weder in den Kommunen noch bei Straßen.NRW scheint die Planung und Umsetzung der Radschnellwege besondere Priorität zu genießen. Festzustellen ist, dass das Land NRW bei dem Thema Radschnellwege bundesweit eine Vorreiterrolle hatte, die zunehmend durch Aktivitäten in anderen Bundesländern - insbesondere in Baden-Württemberg - in Frage gestellt wird. Dabei könnte angesichts des hohen Anteils an CO2, den der Verkehr verursacht und der statt zu sinken in den letzten Jahren sogar noch gestiegen ist, durch ein funktionierendes Radschnellwegenetz ein wesentlicher Beitrag sowohl zum Klimaschutz als auch zur Luftreinhaltung geleistet werden. Allein durch den Radschnellweg 1 durch das Ruhrgebiet könnten mehr als 400.000 Personenkilometer aufs Rad verlagert und dadurch 10.000 Tonnen CO2 eingespart werden. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 2834 mit Schreiben vom 6. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7354 2 Vorbemerkung der Landesregierung Immer mehr Menschen sind mit dem Rad unterwegs. Pedelecs und E-Bikes führen heute dazu, dass Radverkehr zum Pendlerverkehr wird, weil auch längere Strecken zurückgelegt werden können. Deshalb ist das Rad inzwischen fester Bestandteil von Mobilitätsketten und aus einem modernen Mobilitätssystem nicht mehr wegzudenken. Umso wichtiger ist es der Landesregierung, die Radverkehrsinfrastruktur insgesamt weiter auszubauen und verkehrsträgerübergreifende Mobilitätsketten zu stärken. Für Investitionen in das NRW-Radverkehrsnetz werden 2019 insgesamt 47 Millionen Euro bereitgestellt, eine erhebliche Steigerung von über 11 Millionen Euro gegenüber 2017. Allein für Radschnellwege stehen 9,25 Millionen Euro zur Verfügung. 1. Wie stellt sich bezogen auf die sieben in NRW geplanten Radschnellweg-Projekte der aktuelle Umsetzungsstand dar? RS 1 Radschnellweg Ruhr (Duisburg - Hamm) Fertig gestellt sind die Abschnitte in Mülheim a.d.R. vom Campus Hochschule Ruhr-West bis zur Ruhrbrücke, von der Ruhrbrücke bis zum Mülheimer Hauptbahnhof und vom Mülheimer Hauptbahnhof bis zur Stadtgrenze Essen. Im Bau befindet sich der Abschnitt in Gelsenkirchen von der Krayer Straße bis zur Hollandstraße. Die übrigen Abschnitte befinden sich in Planung bei den Städten Duisburg, Bochum, Dortmund und Hamm, beim Regionalverband Ruhr und beim Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen. RS 2 Westmünsterland (Isselburg - Velen) Die Machbarkeitsstudie liegt seit 2015 vor. Aktuell erstellt der Kreis Borken die Planung für den Abschnitt Bocholt - Rhede. Die Planung für den Radschnellweg konkurriert auf der bisher geplanten Trasse mit Bestrebungen, die ehemalige Bahnstrecke zu reaktivieren. Untersuchungen zur Reaktivierung der Bahnstrecke laufen, um schnellstmöglich eine Klärung herbeizuführen. RS 3 OWL (Herford - Minden) Die Machbarkeitsstudie liegt seit 2016 vor. Die Planung für den Abschnitt Löhne - Bad Oeynhausen läuft unter Federführung der Stadt Bad Oeynhausen. RS 4 Euregio (Aachen - Herzogenrath) Die Machbarkeitsstudie liegt seit 2017 vor. Eine Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen und der Städteregion Aachen zur Übernahme der Planung durch die Städteregion ist abgeschlossen. Radschnellweg Mittleres Ruhrgebiet (Essen - Bottrop - Gladbeck) Die Machbarkeitsstudie liegt seit 2018 vor. Nach einer Abstimmung zwischen dem Ministerium für Verkehr, der Bezirksregierung Münster, dem Regionalverband Ruhr sowie den beteiligten Kommunen im Januar 2019 sollen die Innenstädte von Essen, Bottrop und Gladbeck über einen Radschnellweg miteinander verbunden werden. In einer ersten Stufe sollen die Abschnitte von Essen zur Bottroper Innenstadt und von der Stadtgrenze Bottrop/Gladbeck zur Gladbecker Innenstadt realisiert werden. Das Zwischenstück soll über eine kommunale Radvorrangroute erschlossen werden, um die Verbindungsfunktion zwischen den Innenstädten von Gladbeck und Essen sicherzustellen. Radschnellweg Köln - Frechen Machbarkeitsstudie und Vorplanung liegen vor. Die Federführung liegt bei der Stadt Köln. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7354 3 Radschnellweg Neuss - Düsseldorf - Monheim/Langenfeld Die Machbarkeitsstudie liegt seit 2017 vor. Düsseldorf, Neuss und Langenfeld planen gemeinsam. Aktuell ist die Umweltverträglichkeitsstudie in Arbeit. Nach Fertigstellung im Herbst 2019 ist die europaweite Ausschreibung der Planungsarbeiten vorgesehen. Der Abschnitt in Monheim ist ebenfalls unter kommunaler Federführung in der Planung. Die Stadt Monheim wird diesen Radschnellwegabschnitt auch in eigener Baulast bauen und betreiben. 2. Mit welchen Maßnahmen beabsichtigt die Landesregierung, die Umsetzung bei den sieben Radschnellweg-Projekten zu beschleunigen? Die Landesregierung hat für Planung und Bau von Straßen einschließlich Radwegen sowohl die finanziellen als auch die personellen Kapazitäten massiv erhöht. Darüber hinaus sind weitere Maßnahmen getroffen worden, um Planungen insgesamt zu beschleunigen. Das Straßen- und Wegegesetz Nordrhein-Westfalen wurde geändert, um insbesondere die Planung von Radschnellwegen zu beschleunigen. Besonders für die Radschnellverbindungen des Landes ist z. B. festgelegt worden, dass keine formellen Linienbestimmungen mehr durchzuführen sind. Zudem werden die Planungen in der Regel von den Kommunen betrieben, die aufgrund ihrer Zuständigkeit für die Nahmobilität und der notwendigen Verknüpfungen und Abstimmungen mit den städtischen Netzen besonders gut qualifiziert sind. Außerdem wird für Abschnitte, bei denen es sich um Fälle unwesentlicher Bedeutung nach § 74 Abs. 7 Verwaltungsverfahrensgesetz handelt, angestrebt, ohne Planfeststellung oder - genehmigung Baurecht zu erlangen. 3. In welcher Höhe und in welchen Jahrestranchen hat die Landesregierung aus dem Etat des Bundesverkehrsministeriums die Bundesmittel für den Bau von Radschnellwegen in NRW bislang abgerufen? Die Verwaltungsvereinbarung Radschnellwege 2017 – 2030 über die Gewährung von Finanzhilfen des Bundes liegt seit dem 10. September 2018 vor. Da die Planungen bzw. Bauvergaben zu diesem Zeitpunkt bei allen o.g. Radschnellwegen bereits liefen, konnten noch keine Bundesmittel abgerufen werden. Aufgrund der jährlichen Übertragbarkeit und der festgelegten Quotierung gehen dem Land aber keine Mittel verloren. 4. In welchem Verhältnis setzt der Landesbetrieb Straßen.NRW Personalkapazitäten pro Kilometer für die Planung und den Bau von Radschnellwegen jeweils im Vergleich zu Autobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen ein? Bei allen Radschnellwegen wurden Machbarkeitsstudien durch die beteiligten Kommunen erstellt. Die weiteren Planungsschritte (z. T. noch Vorplanung, Entwurfsplanung, Genehmigungsplanung, Ausführungsplanung sowie die anschließende bauliche Umsetzung) bauen auf den Ergebnissen dieser Machbarkeitsstudien auf. Um Schnittstellen zu vermeiden, ist es aus Sicht der Landesregierung häufig sinnvoll, Kommunen über Verwaltungsvereinbarungen mit der weiteren Bearbeitung zu betrauen. Die vertraglich vereinbarten Leistungen werden dann durch die Kommunen erbracht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7354 4 Die Kommunen beauftragen in der Regel Ingenieurbüros mit der weiteren Projektbearbeitung. Die bei den Kommunen und Ingenieurbüros eingesetzten Personalkapazitäten sind der Landesverwaltung allerdings nicht bekannt. Für Abschnitte der Radschnellwege, die mittels Vereinbarungen durch Kommunen betreut werden, sind in den jeweils zuständigen Niederlassungen des Landesbetriebs Straßenbau Nordrhein-Westfalen Personalkapazitäten für die fachliche Beratung und Unterstützung vorhanden. Hierzu gehören jeweils Projektleitungen der Planung und des Konstruktiven Ingenieurbaus sowie Mitarbeiter der Fachdisziplinen Straßenentwurf, Landespflege, Vereinbarung, Ausschreibung, Bauüberwachung, Grunderwerb, Konstruktiver Ingenieurbau, Entwässerung und Vermessung vertreten. Darüber hinaus werden die durch Planungs- und Personalaufwand entstehenden Verwaltungskosten bei den Kommunen durch den Landesbetrieb Straßenbau Nordrhein-Westfalen erstattet. Das beschriebene Vorgehen findet bei Bundesautobahn-, Bundesstraßen- und Landesstraßenprojekten in der Regel keine Anwendung. Aus diesem Grund kann eine Gegenüberstellung der eingesetzten Personalkapazitäten zwischen Radschnellwegen, Bundesautobahnen, Bundesstraßen und Landesstraßen nicht erfolgen. 5. Mit welchen Maßnahmen nimmt die Landesregierung Einfluss auf die jeweiligen Kommunen, damit beispielsweise wie im Elting-Viertel in Essen Entscheidungen über die Trassenführung des Radschnellwegs die Umsetzung nicht jahre- und jahrzehntelang verzögern? Für den RS 1 finden regelmäßig Abstimmungsgespräche mit den an der Planung beteiligten Stellen statt. Hier werden Probleme diskutiert und gemeinsame Lösungen gesucht. Aufgrund der grundgesetzlich garantierten kommunalen Selbstverwaltung kann die Landesregierung nicht in die Planungshoheit der Kommunen eingreifen.