LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7409 13.09.2019 Datum des Originals: 12.09.2019/Ausgegeben: 19.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2880 vom 16. August 2019 des Abgeordneten Rüdiger Weiß SPD Drucksache 17/7193 Was tut die Landesregierung, um die grenzüberschreitende Wissensregion zu fördern? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage In ihrem Koalitionsvertrag verspricht die Landesregierung, dass sie „die grenzüberschreitende Wissenschaftsregion weiter fördern“ und „Hochschulen bei der Etablierung eines europäischen Wissenschaftsnetzwerks unterstützen“ (S. 116). Dazu wollen sie Programme „wie ‘Horizon 2020‘ stärker in Anspruch nehmen“. Ein weiteres Ziel der Landesregierung soll es sein, Hochschulen dabei zu unterstützen „grenzüberschreitende Studiengänge zu etablieren“ (S. 116). In Nordrhein-Westfalen, Belgien und den Niederlanden gibt es eine sehr dichte und exzellente Wissenschafts- und Forschungslandschaft.1 Kooperationen zwischen den Hochschulen finden auf vielfältigste Art und Weise statt. Die Hochschulen liegen häufig nur wenige Kilometer voneinander entfernt und doch in einem anderen Land. Dass hier die Zusammenarbeit essentiell ist und nicht an der Grenze stoppen sollte, versteht sich von selbst. Doch nicht nur bei unseren direkten Nachbarn gibt es exzellente Forschung. Auch andere Länder haben viel zu bieten und das Zusammenlegen von Forschungsprojekten ist die einzig logische Handlung, um Ideen zu verbinden und Innovation voranzutreiben. Forschung muss europäisch gedacht werden, denn nur so hat die Europäische Union die Möglichkeit im internationalen Vergleich auf lange Sicht mitzuhalten. Nicht nur das Innovationspotential ist hiervon betroffen, sondern in letzter Konsequenz auch die Struktur der Regionen und die dortige Beschäftigungsrate. 1 Benelux-Strategie der Landesregierung aus dem Jahr 2013 LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7409 2 Diese Forderung und Erkenntnis spiegelt sich in den Vorschlägen der Kommission für den neuen Mehrjährigen Finanzrahmen 2021-20272 wider. Die Forschungsförderung spielt hier eine große Rolle. Das zugehörige Programm, „Horizon Europe“ wird, wenn es nach der Kommission geht, mit 97,9 Milliarden Euro ausgestattet werden, was eine 1,6-fache Erhöhung3 im Bereich „Forschung, Innovation und Digitales“ bedeuten würde. Die Mobilität von Forschenden soll durch Stipendien unterstützt werden, Forschungsarbeiten zu gesellschaftlichen Herausforderungen sollen in den Vordergrund gerückt werden und ein Europäischer Innovationsrat eingerichtet. Doch nicht nur „Horizon Europe“ soll mit einer Erhöhung des Budgets versehen werden, sondern auch die Erasmus-Programme und damit unter anderem die Mobilität von Studierenden. So werden bereits zukünftige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auf die Eigenheiten und Strukturen anderer europäischer Hochschulen hingewiesen und Grundlagen für die finanzielle Unterstützung grenzübergreifender Studierendenmobilität geschaffen. In diesem Zusammenhang ist natürlich auch die Wichtigkeit grenzüberschreitender Studiengänge hervorzuheben. Ein Studium durchzuführen, welches Studierende dazu veranlasst das eigene Land zu verlassen und andere Systeme kennenzulernen, vermag besonders eindrücklich europäische Werte zu vermitteln. Von 34 grenzüberschreitenden Studienangebote, die von gemeinsamen Bachelor- und Master-Studiengängen bis hin zu bilateralen Sommerschulen4 zwischen Nordrhein-Westfalen und den Niederlanden reichen, ist in einer Pressemitteilung der Schulministerin und der Wissenschaftsministerin aus dem April 2018 die Rede. Angesichts der hohen Dichte an Hochschulen und an der noch deutlich höheren Zahl an Studiengängen ist diese Zahl klar steigerungsfähig. Außerdem bleibt zu bemängeln, dass eine vergleichbare Zahl für die Hochschulzusammenarbeit zwischen Nordrhein-Westfalen und Belgien fehlt. Die Mobilität von Studierenden ist häufig auch mit hohen Kosten verbunden. Reise- und Umzugskosten fallen an, sowie im westeuropäischen Ausland üblich, höhere Lebenshaltungskosten. Diese können nicht alle über die Erasmus-Stipendien gedeckt werden und stellen häufig eine Hürde für finanziell und sozial benachteiligte Studierende dar. In der Absichtserklärung der Landesregierung mit der Wallonie vom 14. Mai 20195 nehmen Forschung und Innovation eine wichtige Stellung ein. Die beiden Unterzeichner einigen sich darauf, stärker zusammenzuarbeiten und ihr Potential zu ergänzen. Es ist die Rede von Komplementaritätsbereichen, die besser genutzt werden sollen um Innovationsmöglichkeiten in beiden Regionen zu fördern. In der politischen Absichtserklärung6 zwischen der Benelux-Union und Nordrhein-Westfalen vom 2. April 2019 jedoch, findet die Hochschulzusammenarbeit nur in einem Nebensatz Erwähnung. Unter dem Punkt „Arbeitsmarkt und Arbeitsmobilität“ wird hier die Mobilität vor allem von Studierenden gefordert, sowie die Einrichtung grenzüberschreitender 2 COM(2018) 322 final 3 https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/budget-proposals-modern-eu-budgetmay 2018_en.pdf 4 Presseinformation – 265/4/2018 der Landesregierung 5 https://mbei.nrw/sites/default/files/asset/document/absichtserklaerung_zwischen_der_landesregierung _nrw_und_der_regierung_der_wallonie_2019.pdf 6 https://mbei.nrw/sites/default/files/asset/document/erneuerte_politische_erklaerung_der_regierungen_ der_mitgliedstaaten_der_benelux-union_und_des_landes_nrw_2019.pdf LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7409 3 Studiengänge. Diese Thematik unter dem Deckmantel der Wirtschaft zu betrachten ist sicherlich nicht der Wichtigkeit des Bereichs der Wissenschaft angebracht. Die Versprechungen der schwarz-gelben Landesregierung bleiben auch knapp zweieinhalb Jahre nach Übernahme der Regierungsgeschäfte unkonkret und die Landesregierung selbst einen Nachweis über deren Verwirklichung oder zumindest die hierzu unternommenen Anstrengungen schuldig. Die Ministerin für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 2880 mit Schreiben vom 12. September 2019 namens der Landesregierung mit dem Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Internationales beantwortet. 1. Welche Anreize setzt die Landesregierung konkret, um sowohl bestehende als neu geplante Hochschulkooperationen zu stärken? Gemäß § 3 Absatz 7 Hochschulgesetz gehört es zu den Aufgaben der Hochschulen, die regionale, europäische und internationale Zusammenarbeit, insbesondere im Hochschulbereich, und den Austausch zwischen deutschen und ausländischen Hochschulen zu fördern. Bei der Bildung von Kooperationen im Rahmen ihrer Selbstverwaltung sind die autonomen Hochschulen frei. Im Rahmen dieser Autonomie geben die Hochschulen sich Internationalisierungsstrategien. Im Mittelpunkt stehen hierbei insbesondere Maßnahmen wie die Schaffung einer Willkommenskultur, Betreuungsangebote für ausländische Studierende, internationales Hochschulmarketing, englischsprachige Studiengänge etc. Die nordrheinwestfälischen Hochschulen unterhalten derzeit weltweit rund 6.000 Kooperationen. Das Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) unterstützt die Internationalisierung der Hochschulen durch Beratung und ggf. andere geeignete Maßnahmen. Maßgeblich ist hierbei der konkrete Unterstützungsbedarf, der von den Hochschulen an das MKW herangetragen wird. 2. Welche Fördermittel sind in den letzten zwei Jahren im Rahmen des Horizon2020- Programmes an nordrhein-westfälische Universitäten geflossen? (Bitte auflisten nach Projekt, Hochschule, Fördermittelhöhe) Die Daten über Förderungen durch das Rahmenprogramm der Europäischen Union für Forschung und Innovation Horizon 2020 werden den Mitgliedsstaaten von der Europäischen Kommission in der E-CORDA Datenbank (E-CORDA = External COmmon Research DAta Warehouse) zur Verfügung gestellt, die zwei- bis dreimal pro Jahr aktualisiert wird. Dabei geben die von der Europäischen Kommission zur Verfügung gestellten Daten zum Zeitpunkt ihrer Veröffentlichung die Förderung in dem jeweiligen Rahmenprogramm für Forschung und Innovation immer kumulativ an. Somit ist eine jahresscharfe Ermittlung nicht möglich. Nach den aktuell vorliegenden Daten (Stand März 2019) gibt es über 700 geförderte Horizon 2020-Projekte mit Hochschulbeteiligungen aus Nordrhein-Westfalen im Zeitraum 2014 bis März 2019. Eine projektscharfe Auflistung für jede Hochschule ist im Rahmen einer Kleinen Anfrage indes nicht möglich. In der folgenden Übersicht sind die eingeworbenen Fördermittel pro Universität aufgeführt: LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7409 4 Universität Fördersumme (€) Technische Hochschule Aachen 95.341.378 Universität Bielefeld 17.390.459 Universität Bochum 32.592.185 Universität Bonn 32.418.442 Technische Universität Dortmund 17.747.651 Universität Düsseldorf 23.006.270 Universität Duisburg-Essen 15.556.512 Fernuniversität Hagen 240.503 Universität Köln 32.453.116 Deutsche Sporthochschule Köln 868.611 Universität Münster (inkl. Klinikum) 37.722.657 Universität Paderborn 13.245.672 Universität Siegen 6.285.370 Universität Wuppertal 4.590.796 3. Welche grenzüberschreitenden Studienangebote gibt es zwischen den Niederlanden und Nordrhein-Westfalen bereits? (Bitte die 34 oben genannten Kooperationen auflisten nach Gründungsjahr, beteiligten Universitäten, Anzahl der Studierenden pro Jahrgang, Fachrichtung, Titel des Studiengangs) 4. Welche grenzüberschreitenden Studienangebote gibt es zwischen Belgien und Nordrhein-Westfalen? (Bitte auflisten nach Gründungsjahr, beteiligten Universitäten, Anzahl der Studierenden pro Jahrgang, Fachrichtung, Titel des Studiengangs) Die Fragen 3 und 4 werden gemeinsam beantwortet. Die Beantwortung der Fragen nach der aktuellen Anzahl der grenzüberschreitenden Studienangebote zwischen den Niederlanden bzw. Belgien und Nordrhein-Westfalen bedarf einer schriftlichen Abfrage bei den Hochschulen des Landes Nordrhein-Westfalen, bei der im Vorfeld die konkreten Erhebungskriterien zu definieren wären. Diese Abfrage lässt sich in dem vorgegebenen Zeitrahmen nicht realisieren. Es kann jedoch auf das Datenmaterial im Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz zurückgegriffen werden. Zu berücksichtigen ist dabei, dass diese Daten ausschließlich auf den Angaben der jeweiligen Hochschulen beruhen. Danach unterhalten derzeit 31 Hochschulen aus Nordrhein-Westfalen insgesamt 141 Kooperationen mit belgischen Hochschulen. Mit den Hochschulen der Niederlande unterhalten 40 Hochschulen aus Nordrhein-Westfalen insgesamt 169 Kooperationen (Quelle: Hochschulkompass der HRK, Stand: 21.8.2019). 5. Wie stellt die Landesregierung sicher, dass an grenzüberschreitenden Studiengängen explizit auch Studierende mit sozial und finanzieller Benachteiligung teilnehmen können? Die Frage wird so verstanden, dass auf eine bedarfsabhängige Förderung abgestellt wird, wie sie die Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) darstellt. Zusätzlich zu den bei einer Ausbildung im Inland ggf. zustehenden Förderleistungen werden nach der Verordnung über die Zuschläge zu dem Bedarf nach dem LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7409 5 Bundesausbildungsförderungsgesetz bei einer Ausbildung im Ausland grundsätzlich noch Zuschläge für die nachweisbar notwendigen Studiengebühren, Aufwendungen für Reisen zum Ort der Ausbildung und zur Krankenversicherung geleistet. Bei einer Ausbildung außerhalb der EU und der Schweiz käme u. U. noch ein Auslandszuschlag zum Kaufkraftausgleich hinzu. Für das Unionsgebiet geht der Verordnungsgeber (die Bundesregierung) von einer weitgehenden Vereinheitlichung der Lebensverhältnisse aus, die diesen Zuschlag nicht rechtfertigen würden (vgl. Kommentierung Ramsauer-Stallbaum, § 13 BAföG, Rn 13). Darüber hinaus existiert in Nordrhein-Westfalen hinsichtlich eines Studienaufenthalts im Ausland gerade auch zu finanziellen Fragen ein breites Beratungsangebot, das etwa durch die Hochschulen oder auch die Studierendenwerke vorgehalten wird.