LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7481 24.09.2019 Datum des Originals: 24.09.2019/Ausgegeben: 30.09.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2894 vom 27. August 2019 des Abgeordneten Thomas Röckemann AfD Drucksache 17/7233 Phänomen Gruppenvergewaltigungen Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit einigen Jahren prägen vermehrt Berichte von Vergewaltigungen durch Gruppen von mehreren Männern/männlichen Jugendlichen die Medienlandschaft. So kam es am 13.10.2018 zu einer Gruppenvergewaltigung einer 18-jährigen Frau in Freiburg im Breisgau durch elf tatverdächtige Männer. Aktuell wird dieser Fall vor dem Freiburger Landgericht verhandelt.1 Erst kürzlich kam es in Mülheim zu einer Gruppenvergewaltigung, bei der eine ebenfalls 18- jährige Frau von fünf minderjährigen ausländischen Staatsbürgern missbraucht worden sein soll. Zwei der fünf Tatverdächtigen sollen noch keine 14 Jahre alt sein und wären damit nicht strafmündig.2 Zwei Tage später soll es, ebenfalls wieder in Mülheim, zu einem weiteren sexuellen Übergriff gekommen sein. Hierbei soll eine Jugendliche im Alter von 15 Jahren von fünf minderjährigen Tatverdächtigen eingekreist und unsittlich berührt worden sein.3 1 https://www.spiegel.de/panorama/justiz/freiburg-mutmassliche-gruppenvergewaltigung-18-jaehrigesagt -vor-gericht-aus-a-1278821.html (abgerufen am 25.07.2019). 2 https://www.t-online.de/nachrichten/panorama/kriminalitaet/id_86055946/vergewaltigung-inmuelheim -tatverdaechtige-minderjaehrig-unterrichtsausschluss-.html (abgerufen am 25.07.2019). 3 https://www.sueddeutsche.de/panorama/muelheim-ruhr-jugendliche-uebergriff-1.4518736 (abgerufen am 25.07.2019). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7481 2 Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 2894 mit Schreiben vom 24. September 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Als Datenbasis für die Beantwortung der Fragen 1 und 2 dient, soweit polizeiliche Daten betroffen sind, die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der PKS erfolgt nach bundeseinheitlichen, jährlich mit den beteiligten Gremien abgestimmten Richtlinien. Soweit justizielle Daten in den Antworten mitgeteilt werden, basieren diese auf der Erhebung zum Geschäftsanfall und zur Geschäftserledigung bei den Staats- und Amtsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen. Darüber hinaus erfassen die justiziellen statistischen Erhebungen, insbesondere die Strafverfolgungsstatistik, nicht umfassend die Anzahl der aus Gruppen bzw. in Gruppen begangenen Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung. § 184j StGB ist insoweit nicht abschließend. Eine händische Prüfung der Akten sämtlicher im Abfragezeitraum anhängiger Verfahren war in Anbetracht der zur Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit und mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. 1. Wie viele Ermittlungsverfahren wurden in Nordrhein-Westfalen im Zeitraum der letzten 5 Jahre eingeleitet, die im Bereich von Sexualstraftaten liegen, welche aus Gruppen heraus bzw. in Gruppen begangen worden sind? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Anzahl der Opfer, Anzahl der Tatverdächtigen, vorgeworfener Straftat, Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsstatus, Tatort, Alter der Opfer sowie Alter der Täter) Die Entwicklung der bei den Polizeidienststellen bekannt gewordenen strafrechtlichen Sachverhalte wegen Sexualdelikten, in denen mehr als eine Person beschuldigt wird, die Anzahl der in diesen Verfahren erfassten Tatverdächtige und Opfer der letzten fünf Jahren sind in den Anlagen 1 bis 4 dargestellt. Die Reform des Sexualstrafrechts in 2016 machte Änderungen im Straftatenkatalog der PKS erforderlich. Die Neustrukturierung der Deliktsschlüssel im Straftatenkatalog der PKS lässt eine Vergleichbarkeit mit den Polizeilichen Kriminalitätsstatistiken der zurückliegenden Jahre nur sehr begrenzt zu. In der PKS werden nicht zu allen strafbaren Handlungen Opferdaten erfasst. Eine Opfererfassung erfolgt grundsätzlich bei Straftaten gegen höchstpersönliche Rechtsgüter, soweit diese im Straftatenkatalog zur Opfererfassung gekennzeichnet sind. Aussagen über Zuwanderer als Opfer von Straftaten sind für die Berichtsjahre vor 2016 auf Grundlage der PKS nicht möglich. In der PKS werden als Zuwanderer alle Staatsbürger eines Nicht-EU-Staates erfasst, die sich entweder unerlaubt in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten oder den Aufenthaltsstatus „Asylbewerber“, „Schutz- und Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge“ oder „Duldung“ haben. Die notwendigen Anpassungen in der Erfassung des Aufenthaltsanlasses nichtdeutscher Tatverdächtiger lassen eine Vergleichbarkeit der Kriminalität im Kontext von Zuwanderung für den Zeitraum von 2014 bis 2018 nur sehr begrenzt zu. Über die Anzahl der von den Staatsanwaltschaften in den Jahren 2014 bis 2018 erledigten Verfahren im Sachgebiet „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“, die sich gegen mehr als eine Person richteten, gibt Anlage 5 Auskunft. Unter dieses Sachgebiet fallen sowohl Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (Position 15) als auch die Verbreitung pornografischer Schriften (Position 16). Unter der Position 15 werden wiederum insbesondere LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7481 3 Straftaten des gesamten 13. Abschnitts des besonderen Teils des Strafgesetzbuches erfasst, so dass aus der im Sachgebiet „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ genannten Zahl nicht die Anzahl der Vergewaltigungen folgt, die „aus Gruppen heraus bzw. in Gruppen begangen“ wurden. Darüber hinaus kann aus der Zahl der Beschuldigten nicht zwingend auf eine Begehung der Tat „aus einer Gruppe heraus“ bzw. „in Gruppen“ geschlossen werden. Konkretere statistische Daten liegen der Landesregierung zu der angefragten Zahl der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren nicht vor. 2. Gegen wie viele dieser Tatverdächtigen ist zuvor mindestens ein weiteres Mal ein Ermittlungsverfahren im Zusammenhang mit einem Sexualdelikt eingeleitet worden? (Bitte aufschlüsseln nach Jahr, Anzahl der Opfer, Anzahl der Tatverdächtigen, vorgeworfener Straftat, Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsstatus, Tatort, Alter der Opfer, Alter der Täter, Art der vorherigen Sexualdelikte und deren Verfahrensausgänge) In der PKS wird erfasst, ob ein Tatverdächtiger bereits kriminalpolizeilich in Erscheinung getreten ist. Ob sich die Vorbelastung auf dasselbe oder ein ähnliches Delikt bezieht, wird nicht gesondert erfasst. Die Erhebung der mit der Frage 2 im Übrigen sehr umfänglich nachgefragten Daten ist mittels der PKS in der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich. Die Erhebung zum Geschäftsanfall und zur Geschäftserledigung bei den Staats- und Amtsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen enthält ebenfalls keine Daten zu einschlägigen Vorbelastungen der in den Verfahren Beschuldigten. Andere valide justizielle Daten liegen darüber hinaus nicht vor. 3. Bei wie vielen, der unter Punkt 1. und 2. bezeichneten, Ermittlungsverfahren ist das Hauptverfahren eröffnet worden? Valide statistische Daten liegen der Landesregierung nicht vor. 4. Wie viele, dieser unter Punkt 1. und 3. bezeichneten, Hauptverfahren wurden durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossen? (Bitte auflisten nach Deliktsart, Strafmaß bzw. Freispruch) Auf die Antwort zu Frage 3 wird verwiesen. 5. In welchem Umfang werden bei den vorbezeichneten Tatverdächtigen zur Optimierung der Ermittlungs- und Präventionsarbeit Hintergründe zur sozialen Herkunft, zu doppelter Staatsbürgerschaft oder zur Glaubenszugehörigkeit erfasst?“ Die Erfassung von mehr als einer Staatsangehörigkeit ist in den polizeilichen IT-Systemen nicht verpflichtend vorzunehmen. Die soziale Herkunft und die Glaubenszugehörigkeit sind im Übrigen nicht Bestandteil der persönlichen Verhältnisse, über die der Beschuldigte eines Ermittlungsverfahrens verpflichtend Angaben machen muss. Daten dazu enthält die PKS nicht. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7481 4 Von den Staatsanwaltschaften werden Hintergründe zur sozialen Herkunft, doppelten Staatsangehörigkeit und Glaubenszugehörigkeit ermittelt, soweit dies im Einzelfall für den Tatnachweis und/oder die Strafzumessung von Bedeutung ist. Außerhalb des jeweiligen Ermittlungszusammenhangs ist eine Erfassung von diesen Informationen nicht vorgesehen.