LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7509 27.09.2019 Datum des Originals: 27.09.2019/Ausgegeben: 04.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2904 vom 27. August 2019 des Abgeordneten Helmut Seifen AfD Drucksache 17/7254 Was tut die Landesregierung für die Handschrift? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Seit Jahren wird darüber diskutiert, ob das handschriftliche Schreiben im Zeitalter von Handys und Computern nicht längst verzichtbar geworden sei. Aus wissenschaftlicher Sicht steht zumindest fest, dass das Schreiben mit der Hand zunehmend durch die Nutzung digitaler Schreibgeräte ersetzt wird.1 Bereits im Jahre 2013 befanden 71 Prozent der zu diesem Thema befragten Deutschen, dass handverfasste Briefe keine Zukunft hätten.2 Die STEP-Studie des Schreibmotorik-Instituts zeigt, dass sich die Handschrift sowohl im Primar- als auch im Sekundarbereich enorm verschlechtert hat. Das ist ein alarmierendes Ergebnis. Hier ist vor allem zu bedenken, dass diese Verschlechterung einen weiteren Leistungsabfall mit sich bringen oder hervorrufen kann. Allein im Primarbereich wurde eine Verschlechterung der Handschrift mit einem Negativwert von rund 90 Prozent nachgewiesen. Ähnlich alarmierend sieht es im Sekundarbereich aus. Auch der Zeitumfang beschwerdefreien Schreibens fällt erschreckend aus. Nur zwei von fünf Schülern können länger als 30 Minuten beschwerdefrei schreiben. Dabei liegt NRW mit gerade mal 36 Prozent flüssiger Schreiber noch unter dem Bundesschnitt von 40 Prozent. 1 Für einen Überblick siehe dazu: Kiefer & Velay (2016); Mangen & Velay (2010); Radesky, Schumacher & Zuckerman (2015). 2 https://www.welt.de/gesundheit/plus185944906/Handschrift-Wieso-Schreiben-mit-der-Hand-gut-fuerdas -Gehirn-ist.html (abgerufen am 06.08.2019). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7509 2 Eine repräsentative Umfrage des Verbands für Bildung und Erziehung (VBE) zeigt die Verzweiflung der Lehrkräfte.3 89 Prozent der Lehrer geben an, dass sich die erforderlichen Kompetenzen für einen gedeihlichen Unterricht von Grundschülern verschlechtert haben. Häufig zu beobachten sei insbesondere das unleserliche und zu langsame Schreiben. Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2904 mit Schreiben vom 27. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Teilt die Landesregierung die Ansicht, dass die Verdrängung der Schreibschrift durch digitale Medien den Lernerfolg beeinträchtigt? Die Schreibschrift hat nach wie vor als verbundene Handschrift einen sehr bedeutenden Stellenwert im Lehrplan Grundschule. 2. Hat die Landesregierung die Absicht, die verbundene Schreibschrift statt der bisher üblichen Druckschrift von der 1. Klasse an erlernen zu lassen und somit eine Rückkehr zur lateinischen Ausgangsschrift vorzubereiten? Für die Grundschulen werden derzeit die Lehrpläne aller Fächer aktualisiert und überarbeitet, um auf unterschiedliche fachliche Herausforderungen zu reagieren. Diese aktualisierten Lehrpläne sollen zum Schuljahr 2021/22 in Kraft treten. Es gibt in diesem Zusammenhang keine Vorgaben für die Lehrplankommissionen eine Rückkehr zur lateinischen Ausgangsschrift verbindlich vorzuschreiben. In Nordrhein-Westfalen entscheiden die Schulen in eigener pädagogischer und fachlicher Verantwortung, wie die Kompetenzen des Lehrplans erreicht werden sollen. Dies schließt auch die Entscheidungen zu verschiedenen (verbundenen) Schriftarten wie der Lateinischen Ausgangsschrift, Vereinfachten Ausgangsschrift, Schulausgangsschrift oder Grundschrift mit ein. Im aktuell geltenden Lehrplan heißt es, dass die Schülerinnen und Schüler zum Ende der Klasse 4 „flüssig in einer gut lesbaren verbundenen Handschrift“ schreiben. NRW befindet sich damit im Einklang mit den Empfehlungen zur Arbeit in der Grundschule der KMK: „Schülerinnen und Schüler lernen sowohl Druckschrift als auch eine verbundene Schrift und entwickeln ihre feinmotorischen Fertigkeiten. Sie entwickeln bis zum Ende der Jahrgangsstufe 4 eine individuelle, gut lesbare und flüssige Handschrift“ (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 02.07.1970 i. d. F. vom 11.06.2015). 3. Werden an den nordrhein-westfälischen (Grund-)Schulen Extrastunden für Schönschreibunterricht angeboten? (Gebeten wird um eine Auflistung nach Bezirk, Schultyp und mit Kennzeichnung der teilnehmenden Schulstufen) In Nordrhein-Westfalen entscheiden die Schulen in eigener pädagogischer und fachlicher Verantwortung, wie die Kompetenzen des Lehrplans erreicht werden sollen. Die Einrichtung von Angeboten zur Übung und Entwicklung der persönlichen Handschrift steht jeder Schule frei. Vom Ministerium für Schule und Bildung werden hierzu keine Daten erhoben. 3 https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/bildung/article191585215/Handschrift-So-schlecht-sinddeutsche -Schueler.html (abgerufen am 06.08.2019). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7509 3 Im Lehrplan für das Fach Deutsch an der Grundschule ist dazu aufgeführt: „Während der gesamten Grundschulzeit sind Schreibaufgaben von Bedeutung, in denen formklares und gestaltendes Schreiben wichtig wird.“ 4. Werden an den nordrhein-westfälischen (Grund-)Schulen verbindliche Noten für die äußere Form – einschließlich des Schriftbilds – vergeben? (Gebeten wird um eine Auflistung nach Bezirk, Schultyp und mit Kennzeichnung der teilnehmenden Schulstufen) Die Angaben in den Zeugnissen sind in der Anlage zu AO-GS verbindlich und abschließend aufgeführt. Schrift oder äußere Form gehören nicht dazu. Gleichwohl fließen alle von Schülerinnen und Schülern erbrachten Leistungen in die Leistungsbewertung mit ein. 5. In welchem Umfang finden Diktate und Schreibübungen an den nordrheinwestfälischen (Grund-)Schulen Anwendung? In Nordrhein-Westfalen entscheiden die Schulen in eigener pädagogischer und fachlicher Verantwortung, wie die Kompetenzen des Lehrplans erreicht werden sollen. Dies schließt auch Entscheidungen zum Einsatz verschiedener (Schreib-)übungsformen und Formen der Lernstandsermittlung mit ein. Vom Ministerium für Schule und Bildung werden hierzu keine Daten erhoben.