LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7510 27.09.2019 Datum des Originals: 27.09.2019/Ausgegeben: 04.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2911 vom 29. August 2019 des Abgeordneten Andreas Keith AfD Drucksache 17/7263 Ist das nordrhein-westfälische Vieh ein Klimakiller und Schuld an der weltweiten Ernährungskrise? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Laut einer dpa-Meldung haben die deutschen Mitautoren des nächsten Sonderberichts des Weltklimarats (IPCC) die Viehhaltung als extrem klimaschädlich erklärt, da die Tiere bei ihrer Verdauung Methan ausscheiden. Außerdem wurde impliziert, dass die Nutzung von Flächen als Weide schuld daran sei, dass es weltweit Hungerkrisen gibt, da diese Flächen für den Anbau von Nahrungsmitteln nicht zur Verfügung stehen würden.1 Der Bauernbund Brandenburg hat diesen Einschätzungen scharf widersprochen und das Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung stark kritisiert. Bauernbund-Vorstand Ulf Simon stellte klar: "Dass die Beweidung von Grünland durch Rinder und Schafe der Menschheit im Gegenteil zusätzliche, für die Lebensmittelproduktion sonst nicht nutzbare Nahrungsquellen erschließt, weil nur diese Tiere durch ihr Verdauungssystem Gras verwerten können, ist landwirtschaftliches Grundwissen.“ Außerdem würde das vermodernde Gras auf den ungenutzten Weiden ebenso Treibhausgase freisetzen. 2 1 https://www.heise.de/newsticker/meldung/Kuh-Moor-Mensch-wie-Klimaschutz-bei-Landnutzunggelingen -kann-4476121.html 2 https://www.topagrar.com/panorama/news/bauernbund-klimainstitut-verbreitet-falschaussage-ueberwiederkaeuer -11696818.html LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7510 2 Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2911 mit Schreiben vom 27. September 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie und dem Minister für Verkehr beantwortet. 1. Wie groß ist der Anteil an der landwirtschaftlich genutzten Fläche in Nordrhein- Westfalen, der für Tierhaltung und Futterbau verwendet wird? Die amtliche Agrarstatistik weist für die in Nordrhein-Westfalen landwirtschaftlich genutzte Fläche im Jahr 2018 folgende Flächen aus, die überwiegend für den Futteranbau zur Tierhaltung genutzt werden dürften: ha % Landwirtschaftlich genutzte Fläche gesamt 1.449.400 100 Futtergetreide 220.400 15,2 Pflanzen zur Grünernte 247.700 17,1 Dauergrünland 395.800 27,3 Bei der Interpretation dieser Zahlen ist zu beachten, dass nicht alle auf diesen Flächen angebauten Pflanzen unbedingt als Futtermittel genutzt werden, sondern auch eine anderweitige Verwertung, z.B. zur Energieerzeugung, möglich ist. Auch werden Produkte aus der Verarbeitung anderer Fruchtarten als Futtermittel eingesetzt, z.B. Pressrückstände aus der Pflanzenölherstellung. Die für Stallanlagen genutzte Fläche gehört nicht zur landwirtschaftlich genutzten Fläche und wird zudem statistisch nicht erfasst. 2. Wie viel Methan stößt das nordrhein-westfälische Vieh durchschnittlich pro Jahr aus? In dem Fachbericht 953 des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen ist aktuell das Treibhausgas-Emissionsinventar Nordrhein-Westfalen 2017 veröffentlicht. Danach beträgt die Methanemission aus der Tierhaltung in Nordrhein- Westfalen 4.532 Gg (1 Gg = 1.000 t) CO2-Äquivalente. 3. Wie groß ist der Anteil des von nordrhein-westfälischem Vieh ausgestoßenen Methan im Vergleich zu anderen Quellen von Methan-Emissionen, wie Gewinnung, Förderung und Verteilung von Brennstoffen (Steinkohlenbergbau, Gasverteilung), Methanbildung auf Abfalldeponien, Verbrennungsprozessen im Straßenverkehr und in stationären Anlagen, sowie durch die Abwasser- und Klärschlammbehandlung am gesamten Methan-Ausstoß in Nordrhein-Westfalen? Nach dem Treibhausgas-Emissionsinventar Nordrhein-Westfalen 2017 beträgt der Anteil der nordrhein-westfälischen Tierhaltung an der Methanemission aller relevanten Quellen in 3 https://www.lanuv.nrw.de/landesamt/veroeffentlichungen/publikationen/fachberichte?tx_cartproducts_products%5Bproduct%5D =997&cHash=2d46b5f62436761b8a295b2815a5abbb LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7510 3 Nordrhein-Westfalen 47,5 %. Werden die Emissionen aller anderen Treibhausgase in die Betrachtung einbezogen, beträgt der Anteil der Tierhaltung 1,7 %. 4. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass sich ein verstärkter Anbau von Getreide, Gemüse und Obst, in Verbindung mit den da-mit einhergehendem erhöhten Einsatz von Dünger und Pflanzenschutzmitteln, im Vergleich zur Grünlandbewirtschaftung positiver auf die Ziele des Umwelt- und Klimaschutzes auswirken würde? Nein. Im Vergleich zum Anbau von Getreide, Gemüse und Obst stellt Grünland eine Senke von Treibhausgasen dar. Zudem erfüllt es eine Vielzahl von Funktionen für den Umwelt- und Naturschutz, die nicht durch andere Landnutzungsformen ersetzt werden können. 5. Wie bewertet die Landesregierung die Behauptung, dass durch Reduzierung der angeblich klimaschädlichen Wiederkäuer Flächen für den Anbau von Lebensmitteln frei werden? Die Landesregierung setzt sich nicht für eine Reduzierung der Tierzahlen, sondern für eine Verbesserung des Tier- und Umweltschutzes der Nutztierhaltung ein. Für Wiederkäuer ist dabei die Nutzung von Grünland unerlässlich. Grünlandflächen sind zudem wegen ihrer großen ökologischen Bedeutung zu erhalten und rechtlich vor einem Umbruch geschützt. Durch Grünland werden häufig solche Flächen genutzt, auf denen ein Anbau von anderen Nutzpflanzen nicht möglich ist (z.B. Flächen in höheren Mittelgebirgsregionen oder Überschwemmungsgebieten an Flussläufen).