LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7512 30.09.2019 Datum des Originals: 30.09.2019/Ausgegeben: 07.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2905 vom 27. August 2019 des Abgeordneten Helmut Seifen AfD Drucksache 17/7255 Das Vera-Verfahren: Bereicherung oder nur unnötiger Aufwand? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Vera (Vergleichsarbeiten in der Schule) entstand als Konsequenz der Diskussion um das schlechte Abschneiden deutscher Schüler in PISA 2000, womit schließlich die Wende zu einer empirisch-kybernetischen Schul- und Unterrichtsentwicklung eingeleitet wurde. In der Grundschule wird Vera am Ende der dritten Klasse zur Überprüfung von Kompetenzen geschrieben. Mit dem VERA-Projekt werden mehrere Ziele verfolgt, die sich in Auftreten und Ausprägung von Land zu Land unterscheiden können: Unterrichtsentwicklung Erfassung und Verbesserung der Diagnosegenauigkeit Standardsicherung und -entwicklung Informationsquelle im Rahmen der internen und externen Evaluation Ergänzende Information für die Schulberatung und -aufsicht Ergänzende Information zur Beratung der Eltern Die pädagogische Konsequenz aus den Ergebnissen wird lediglich für die Schulaufsicht formuliert, denn für die Lehrer sind die Resultate in der Regel keine Überraschung. So forderte der Personalrat der Grundschullehrer beim Schulamt für die Stadt Gelsenkirchen auf der Personalversammlung am 21. Mai 2019 die Abschaffung des Vera-Verfahrens.1 Begründet wurde der Antrag damit, dass Vera sich als Messinstrument nicht eigne und alle Akteure diskriminiere. 1 s. dazu Zuschrift 17/306. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7512 2 Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 2905 mit Schreiben vom 30. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. Vorbemerkung der Landesregierung Die zentrale Funktion der Lernstandserhebungen bzw. Vergleichsarbeiten (VERA) liegt in der Unterstützung der Schulen bei der Unterrichts- und Schulentwicklung. Vergleichsarbeiten zeigen für ausgewählte fachliche Schwerpunkte, in welchen Bereichen eine Lerngruppe leistungsstark ist und in welchen Bereichen zum Erreichen der Bildungsstandards zusätzlicher Förderbedarf besteht. Die kompetenzorientierten Diagnosen und didaktischen Informationen geben Lehrkräften in Ergänzung zu ihren unterrichtspraktischen Erfahrungen wertvolle Anhaltspunkte für die weitere Planung pädagogischer Interventionen und Fördermaßnahmen und unterstützen den Diskurs für eine kooperative Unterrichtsentwicklung im Kollegium. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Forderung des Personalrats zur Abschaffung des Vera-Verfahrens? Für die Schulen steht in Nordrhein-Westfalen kein vergleichbares Instrument zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung zur Verfügung, welches sowohl die Erfassung der Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler ermöglicht als auch Impulse und Informationen für eine datengestützte Unterrichtsentwicklung bereitstellt. Mit der Abschaffung des VERA-Verfahrens verlören die Schulen eine zentrale Informationsquelle für die Weiterentwicklung des Fachunterrichts und somit Informationen, um Schülerinnen und Schüler bestmöglichst zu fördern. 2. Warum wird an Grundschulen „Vera“ in Klasse 3 abgehalten? (Es wird um eine pädagogisch-didaktische Erklärung gebeten.) Für das Ende der Primarstufe liegen verbindliche Bildungsstandards der Kultusministerkonferenz vor. Wenn Schülerinnen und Schüler am Ende der Jahrgangsstufe 4 bestimmte Kompetenzen erreichen sollen, müssen sie hierauf bezogen in Jahrgangsstufe 3 über Ansätze oder auch bereits gefestigte Fertigkeiten, Fähigkeiten und Wissensbestände verfügen. Vergleichsarbeiten in Klasse 3 geben Auskunft darüber, wie weit die Schülerinnen und Schüler auf dem Weg zur Erreichung der Bildungsstandards sind. Damit bekommen Lehrkräfte im Sinne eines Frühwarnsystems rechtzeitig Hinweise zur Nachsteuerung bezogen auf Unterrichtsgestaltung und -entwicklung, um ggf. das Erreichen der Bildungsstandards für die Schülerinnen und Schüler, die bei VERA 3 nur niedrige Kompetenzstufen erreicht haben, durch gezielte Maßnahmen zu ermöglichen. 3. Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass die Klassenlehrer ihre eigenen Schüler bewerten? (Bei vermeintlichen Kreuzkorrekturen wird um Angabe der Schule gebeten) Vergleichsarbeiten sind kein Instrument der Leistungsbewertung. Im VERA 3-Verfahren bewerten Lehrkräfte ihre Schülerinnen und Schüler nicht. Die Auswertung der Tests erfolgt auf Basis klar definierter, zentral vorgegebener Kriterien, die nur sehr geringen Ermessensspielraum bei der Beurteilung eröffnen, ob eine Aufgabe richtig oder falsch gelöst wurde. Die Lehrkräfte übermitteln online die Ergebnisse der Schülerinnen und Schüler an das von QUA-LiS mit der Auswertung beauftragte Zentrum für empirische Bildungsforschung der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7512 3 Universität Landau. Dort werden mit wissenschaftlichen Verfahren die Kompetenzverteilungen der Klassen und Schulen berechnet. 4. Welchen pädagogischen Nutzen generiert das Landesinstitut QUALiS für die nordrhein-westfälischen Schulen aus dem Vera-Verfahren? Die QUA-LiS nimmt eine wichtige Funktion bei der Planung, Durchführung, Auswertung des VERA-Verfahrens sowie bei der Kommunikation und Unterstützung mit den Schulen beim Umgang mit den erzielten Ergebnissen ein. Dazu wird ein umfängliches Online-Portal angeboten, auf das die Schulen zur weiteren Arbeit mit den Ergebnissen zugreifen können. Dort werden weiterführende Materialien sowie u.a. ein sogenannter Aufgabenbrowser angeboten. Dieser stellt Aufgaben der vergangenen VERA-Durchgänge zur Verfügung und veranschaulicht, welche fachlichen Kompetenzen in Jahrgangsstufe 3 erwartet werden. 5. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung in Bezug auf die Bewertung dieses Verfahrens seitens der Lehrerschaft hinsichtlich ihres diagnostischen Mehrwerts vor? Der Landesregierung werden von der Lehrerschaft unterschiedliche, teilweise widersprüchliche Einschätzungen des diagnostischen Ertrags der Vergleichsarbeiten vorgetragen. Auch aus diesem Grund soll das Verfahren im Sinne einer besseren Nutzbarkeit für die Schulen in den kommenden Jahren weiterentwickelt werden. Grundlage dafür ist Vereinbarung der Kultusministerkonferenz zur Weiterentwicklung der Vergleichsarbeiten (VERA) vom 15. 03. 2018.