LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7524 30.09.2019 Datum des Originals: 25.09.2019/Ausgegeben: 07.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2976 vom 11. September 2019 der Abgeordneten Ernst-Wilhelm Rahe und Alexander Vogt SPD Drucksache 17/7415 Warum bekennt sich die Landesregierung nicht zur Zukunft des Digitalradiostandards DAB+? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Nutzung des Digitalradiostandards DAB+ zur Verbreitung digitalen Hörfunks gewinnt zunehmend an Bedeutung. Ein von der Landesanstalt für Medien (LfM) in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegebenes Gutachten hat aufgezeigt, dass die Hörfunknutzung in Nordrhein- Westfalen bis zum Jahr 2028 mit bis zu 20 Prozent über DAB+ erfolgen könnte. Der im Gutachten prognostizierte Bedeutungsrückgang des bisherigen Hauptverbreitungsweges UKW durch digitale Verbreitungswege zieht auch einen Rückgang der Werbeerlöse aus dem UKW-Markt nach sich. Die Einführung von DAB+ könnte den Wettbewerb um Marktanteile auf dem NRW-Hörermarkt also verschärfen und stellt insbesondere die 44 nordrheinwestfälischen Lokalradios vor neue Herausforderungen. Die DAB+-Verbreitung ist technisch an Multiplexe gekoppelt, die die gleichzeitige Übertragung von 15 Hörfunkprogrammen in guter Qualität ermöglichen. Im Herbst 2018 hatte die LfM in Nordrhein-Westfalen daher eine DAB+-Bedarfsabfrage gestartet, um zu ermitteln, welche Radiosender ihr Programm auch über DAB+ verbreiten wollen. Um kleineren und weniger finanzstarken Lokalradiosendern den Einstieg in DAB+ zu ermöglichen und damit auch im Digitalradio eine lokale Radiovielfalt zu gewährleisten, hatte die SPD-Fraktion im Landtag NRW in einem Antrag gefordert, den technischen Einstieg des Lokalfunks in DAB+ finanziell zu fördern.1 Der Antrag wurde mit den Stimmen der regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP abgelehnt. Viele kleinere NRW-Lokalradios konnten sich deshalb aus Kostengründen nicht an der Bedarfsabfrage zum Einstieg in DAB+ beteiligen. Im Juni 2019 sprach sich der niedersächsische Landtag auf Antrag der FDP gegen eine weitere öffentliche Finanzierung von DAB+ aus, da die gleichzeitige Ausstrahlung über UKW 1 Vgl. Landtag NRW, Drucksache 17/4119. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7524 2 und DAB+ für private Hörfunksender kostenintensiv und somit wirtschaftlich nicht vertretbar sei. Stattdessen solle stärker auf Internetradio und den Mobilfunkstandard 5G gesetzt und kein Abschaltdatum für UKW festgeschrieben werden.2 Die Position von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen zur Zukunft von DAB+ ist hingegen weiterhin unklar. Die Landesregierung bleibt bisher ein klares Bekenntnis schuldig, ob bzw. wie sie den privaten Lokalfunk in seiner redaktionellen Vielfalt und mit seiner Struktur des Zwei-Säulen-Modells erhalten will. Der Einstieg in den digitalen Verbreitungsweg DAB+ wäre ein wichtiges Signal für den nordrhein-westfälischen Medienstandort. Der Ministerpräsident hat die Kleine Anfrage 2976 mit Schreiben vom 25. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung die Entscheidung in Niedersachsen? Die Gesetzgebungskompetenz für den Rundfunk liegt in Deutschland gemäß Artikel 70 Abs. 1 Grundgesetz bei den Ländern. Die kritische Bewertung von DAB+ durch den Niedersächsischen Landtag ist eine Entscheidung, die mit Blick auf den Medienstandort Niedersachsen getroffen wurde. Sie hat keine unmittelbare Auswirkung und ist auch ohne Präjudiz für Nordrhein-Westfalen. Für Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung sich im Koalitionsvertrag die Erarbeitung einer Gesamtstrategie „Radio in NRW 2022“ vorgenommen. Diese soll Rahmenbedingungen für ein vielfältiges und zukunftsfähiges Radio und einen wirtschaftlich tragfähigen Lokalfunk im digitalen Zeitalter in Nordrhein-Westfalen schaffen. Hierzu ist die Landesregierung derzeit mit allen Akteuren in konstruktiven Gesprächen. 2. Welche grundsätzliche Position vertritt die Landesregierung in Bezug auf politische Unterstützung beim Einstieg des privaten Hörfunks in DAB+? 3. Welche grundsätzliche Position vertritt die Landesregierung in Bezug auf politische Unterstützung für Internetradio in Nordrhein-Westfalen? Fragen 2 und 3 werden wie folgt zusammen beantwortet: Entscheidend für die weitere Entwicklung und Zukunftsfähigkeit des Hörfunks sind die Akzeptanz und die Interessen der Hörerschaft. Das Angebot selbst wie auch der Verbreitungsweg sind entsprechend auf diese Bedürfnisse auszurichten. Die Entscheidung dazu ist von den Marktbeteiligten zu treffen. Aus Sicht der Landesregierung gebietet sich daher medienpolitisch im Grundsatz ein technologieneutraler Ansatz. Mit dem 17. Rundfunkänderungsgesetz sind im Frühjahr 2019 Kriterien für die Vergabe von digitalen terrestrischen Übertragungskapazitäten angepasst worden, mit denen die Versorgung mit lokalen, regionalen oder landesweiten journalistischen Inhalten und ein möglichst flächendeckendes Angebot in Nordrhein-Westfalen gefördert werden soll. Weitere Schritte sollen im Rahmen der Gesamtstrategie erfolgen. 2 Vgl. Landtag Niedersachsen, Drucksache 18/3957. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7524 3 4. Inwieweit will die Landesregierung dafür sorgen, die lokale Radiovielfalt mit 44 bestehenden Lokalradios und 45 Verbreitungsgebieten auch im Digitalradio aufrecht zu erhalten? Auf Bitte der Bundesnetzagentur haben die Länder im Jahr 2016 ein Bedarfsstrukturkonzept für DAB+ erstellt. Darin wurden alle perspektivischen Bedarfe für DAB+ aufgenommen. Für Nordrhein-Westfalen wurde dabei als kleinzelligste flächendeckende Bedeckung ein Bedarf angemeldet, der das Land in neun Regionen unterteilt. Eine DAB+-Bedeckung, die in Nordrhein-Westfalen 45 Regionen ermöglicht, ist insofern nicht mehr zu realisieren. Ungeachtet dessen ist eine Beteiligung der Lokalradios insbesondere in regionalisierten DAB+-Bedeckungen möglich. 5. Wie ist der aktuelle Stand der Bereitstellung von DAB+-Multiplexen für den privaten Hörfunk in Nordrhein-Westfalen? Die für die privaten Hörfunkveranstalter zuständige Landesanstalt für Medien Nordrhein- Westfalen hat am 22. März 2019 Bedarfe für eine einheitliche landesweite Bedeckung und zusätzlich eine regionalisierte Bedeckung mit fünf oder sechs Regionen für Hörfunk im DAB+- Standard bei der Staatskanzlei angemeldet. Diese DAB+-Bedarfsmeldungen sind von der Staatskanzlei an die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (BNetzA) weitergeleitet worden. Die BNetzA nimmt derzeit die notwendigen Planungs- und Koordinierungsschritte vor. Wenn dem Land Nordrhein-Westfalen von der BNetzA zur Verfügung stehende Übertragungskapazitäten benannt werden können, erfolgt eine medienrechtliche Zuordnung entsprechend dem Landesmediengesetz Nordrhein-Westfalen.