LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7530 01.10.2019 Datum des Originals: 30.09.2019/Ausgegeben: 08.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2979 vom 16. September 2019 der Abgeordneten Josef Neumann und Dr. Dennis Maelzer SPD Drucksache 17/7420 Novellierung des sozialen Entschädigungsrechts – Was tut die Landesregierung? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Das Bundeskabinett hat Ende Juni den Gesetzentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beschlossen, der das Soziale Entschädigungsrecht neu regeln soll. In Kürze werden Bundesrat und Bundestag über den Gesetzentwurf beraten. Die Soziale Entschädigung unterstützt Menschen, die durch eine Gewalttat oder die Auswirkungen der beiden Weltkriege eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Die Versorgung für Opfer beider Weltkriege sowie ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen wurde 1950 mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) geregelt. Seit 1976 bildet das BVG die Grundlage für Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Das bisherige Entschädigungsrecht orientiert sich somit noch immer an der Kriegsopferversorgung. Die Zahl der überwiegend hoch betagten Kriegsopfer und ihrer Hinterbliebenen geht zurück, die individuellen Bedarfe der Opfer von Gewalttaten werden bisher aber nur unzureichend berücksichtigt. Das Soziale Entschädigungsrecht gibt den Opfern einen Schadensausgleich und soziale Sicherheit. Die Neuregelung soll die Lücken im Entschädigungsrecht schließen. Das bisherige hoch komplexe Recht des BVG, des OEG und weiterer Regelungen wird durch ein transparentes und klar strukturiertes SER ersetzt und in einem neuen Vierzehnten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XIV) gebündelt. Im SGB XIV werden vier Entschädigungstatbestände geregelt: Gewalttaten, nachträgliche Kriegsauswirkungen beider Weltkriege, Ereignisse im Zusammenhang mit der Ableistung des Zivildienstes (ZDG) sowie Impfschäden nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Die Zuständigkeit für das ZDG liegt beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Zuständigkeit für das IfSG beim Bundesministerium für Gesundheit. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7530 2 Zudem beinhaltet der Gesetzentwurf eine Erhöhung der Entschädigungszahlungen, Entschädigung für Opfer schwerer psychischer Gewalt und eine gesetzliche Basis für Traumaambulanzen. Der Weisser Ring e.V. NRW Westfalen-Lippe unterstützt den Gesetzentwurf der Bundesregierung und bittet um Unterstützung von Seiten der Landtagsabgeordneten und der Landesregierung. Der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales hat die Kleine Anfrage 2979 mit Schreiben vom 30. September 2019 namens der Landesregierung beantwortet. 1. Wie bewertet die Landesregierung den vorliegenden Gesetzentwurf zur Novellierung des sozialen Entschädigungsrechts? Die Landesregierung begrüßt die Absicht der Bundesregierung, das Soziale Entschädigungsrecht zu reformieren und es an den Bedarfen der Opfer von Gewalttaten einschließlich der Opfer von Terrortaten auszurichten. Allerdings kann dieses Ziel mit dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf nur teilweise erreicht werden. 2. Welchen konkreten Änderungsbedarf sieht die Landesregierung im vorliegenden Gesetzentwurf? Aus Sicht der Landesregierung sind eine Reihe von geplanten Regelungen, beispielsweise zu den Anforderungen für Traumaambulanzen und Fallmanagement, nicht praxistauglich und würden zu einer wesentlichen Steigerung des Verwaltungsaufwandes führen, ohne dass hiermit erkennbare Verbesserungen für die Betroffenen im Vergleich zu der aktuell in Nordrhein-Westfalen bereits guten Versorgungssituation verbunden wären. Zudem sind die vorgesehenen Zuständigkeitsregelungen für Einzelleistungen gerade für Gewaltopfer, die häufig schnell und unbürokratisch Hilfe benötigen, unnötig komplex und sollten verschlankt werden. Auch muss der Bund, anders als im Gesetzentwurf vorgesehen, Klarheit über die Kostenfolgen eines neuen Sozialen Entschädigungsrechts schaffen und diese transparent machen. 3. Welche Initiativen plant die Landesregierung, um auf Bundesebene auf das Gesetzgebungsverfahren Einfluss nehmen zu können? Die Landesregierung wirkt entsprechend den grundgesetzlichen Vorgaben im derzeit laufenden Bundesratsverfahren an dem Gesetzgebungsprozess mit und hat ihre Vorstellungen bereits durch Änderungsanträge in das Verfahren eingebracht. Sie wird auch den weiteren Prozess im Rahmen der gegebenen rechtlichen Möglichkeiten begleiten, um die Interessen der Betroffenen, des Landes sowie der kommunalen Aufgabenträger verwirklichen zu können. 4. Wie viele Opfer schwerer psychischer Gewalt gibt es in Nordrhein-Westfalen? Die Frage ist nicht zu beantworten, weil der Begriff „Opfer schwerer psychischer Gewalt“ nicht definiert ist. Die zum Opferentschädigungsrecht bestehenden Statistiken unterscheiden nicht zwischen Opfern psychischer und physischer Gewalt. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7530 3 5. Wie hoch sind die aktuellen maximalen Entschädigungszahlungen, die unter das Soziale Entschädigungsrecht fallen? Die Höhe der Entschädigungszahlung ist abhängig von der Schwere der körperlichen und/oder seelischen Beeinträchtigung der Berechtigten. Die Höhe beispielsweise von Pflegeleistungen bemisst sich nach dem konkreten Ausmaß des Pflegebedarfs und ist gesetzlich nicht gedeckelt, sodass eine Höchstsumme für die Entschädigungszahlung nicht existiert.