LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7531 01.10.2019 Datum des Originals: 01.10.2019/Ausgegeben: 08.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2919 vom 30. August 2019 der Abgeordneten René Schneider und Ibrahim Yetim SPD Drucksache 17/7272 Nazi-Codes im öffentlichen Raum: Sittenwidrige Kennzeichen verbieten! Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Die Fahrzeug-Zulassungsverordnung besagt, dass die Buchstaben- und Zahlenfolge auf Autokennzeichen „nicht gegen die guten Sitten verstoßen“ darf (§ 8 FZV).1 Derzeit sind Kennzeichen, die eine sittenwidrige Buchstabenkombination, wie KZ, NS, SA oder SS, enthalten, in Deutschland nicht erlaubt. Was darüber hinaus jedoch sittenwidrig ist, legen die Bundesländer selbst fest. Sofern also nicht durch die Bundesländer geregelt, sollen die Behördenmitarbeiter, beispielsweise im örtlichen Straßenverkehrsamt, entscheiden, was den guten Sitten entspricht. Im speziellen Fall von Moers (MO) hat man aufgrund dessen zum Beispiel entschieden, dass ein Kennzeichen mit der Kombination MO-RD nicht erlaubt ist und ein Fahrzeug mit einem solchen Kennzeichen richtigerweise nicht zugelassen wird.2 Die Problematik um Nazi-Codes im öffentlichen Raum ist leider nicht neu und die Regelung der FZV stellt die Zulassungsbehörden häufig vor schwierige Entscheidungen, die, aus unserer Sicht, bereits an anderer Stelle getroffen werden könnten und sollten. Denn leider ist der Kreativität der rechten Szene mit der derzeitigen Regelung keine ausreichende Grenze gesetzt, wie es Beispiele aus dem Kreis Wesel oder auch dem Kreis Viersen zeigen.3 Einige Bundesländer schränkten diesen Spielraum bereits ein und verboten weitere Zahlen- und Buchstabenkombinationen, um dieser Zurschaustellung einer menschenverachtenden Gesinnung im öffentlichen Raum zuvorzukommen. Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 2919 mit Schreiben vom 1. Oktober 2019 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet. 1 https://www.gesetze-im-internet.de/fzv_2011/BJNR013900011.html (abgerufen am 29.08.2019). 2 Siehe dazu: https://www.rpr1.de/magazin/leben-alltag/verbotene-kfz-kennzeichen (abgerufen am 29.08.2019). 3 Siehe dazu: https://www.spiegel.de/auto/aktuell/auto-kennzeichen-hh-1933-darf-eingezogen-werdena -1265469.html (abgerufen am 29.08.2019). LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7531 2 Vorbemerkung der Landesregierung Grundsätzlich ist eine Kennzeichenkombination sittenwidrig, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt. Maßstab ist die Rechts- und Sozialmoral eines durchschnittlichen Bürgers. Nach § 8 Absatz 1 Satz 3 der Fahrzeug- Zulassungsverordnung (FZV) ist ein Kennzeichen durch die kommunalen Zulassungsbehörden nur zuzuteilen, wenn die Zeichenkombination der Erkennungsnummer sowie die Kombination aus Unterscheidungszeichen und Erkennungsnummer nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Die Landesregierung geht darüber hinaus davon aus, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Zulassungsbehörden entsprechend regelmäßig geschult werden, diesen unbestimmten Rechtsbegriff rechtskonform, insbesondere im Hinblick auf die Gefahr der möglichen Verknüpfung mit nationalsozialistischem Gedankengut, auslegen zu können. 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass im Kreis Wesel Kennzeichen, wie WES-HH 1488, vergeben sind, die nationalsozialistische Bezüge aufweisen? Die Landesregierung weiß um die vielfältigen Beweggründe von Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughaltern, bestimmte Buchstaben-Ziffernkombinationen auf dem Kennzeichen auszuwählen , sei es, dass sie sich z. B. das Kennzeichen leicht merken wollen, die Anfangsbuchstaben von Vor- und Zunamen oder ein bestimmtes Datum darstellen wollen. Die in der Frage genannte Kennzeichenkombination „WES-HH 1488“ wurde und darf auch nicht vergeben werden, da sie mehr als acht Buchstaben und Ziffern enthält und damit nach Anlage 4 zur FZV unzulässig ist. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Die Landesregierung kann nicht ausschließen, dass – auch mit Blick auf das gesamte Landesgebiet – bei der sehr hohen Anzahl theoretisch möglicher Kennzeichenkombinationen im Einzelfall Assoziationen geweckt werden können, die der Rechts- und Sozialmoral widersprechen. 2. Wie beurteilt der Innenminister diese Art der Zurschaustellung menschenverachtender Zeichen im öffentlichen Raum und was gedenkt der Minister dagegen zu tun? Die Zuteilung von Kennzeichen obliegt gemäß § 46 Abs. 1 S. 1 FZV i.V.m. der Verordnung über Zuständigkeiten im Bereich Straßenverkehr und Güterbeförderung den nach Landesrecht zuständigen unteren Verwaltungsbehörden (Kreisordnungsbehörden). Die Polizei Nordrhein-Westfalen hat die Aufgabe, Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren. Sind neben der Polizei – wie im vorliegenden Fall – kommunale Behörden verkehrsrechtlich zuständig, trifft die Polizei regelmäßig lediglich eine Eilfallkompetenz gem. § 1 Abs. 1 S. 3 Polizeigesetz (PolG NRW). Die benannten Kennzeichen (WES-HH 1488, MO-RD) erfüllen weder den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit noch einer Straftat, sondern können einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung darstellen. Sofern im Rahmen von Verkehrskontrollen eine Verwendung von „Codes“ auf Kfz-Kennzeichen klar erkennbar ist, erfolgt nach polizeilicher Feststellung grundsätzlich eine Mitteilung an die Kfz- Zulassungsstelle. Daneben ist es die Aufgabe der Polizei, Straftaten zu verfolgen und vorbeugend zu bekämpfen. Dies bedeutet, dass bei jedweder Verwendung von Zeichen verfassungswidriger Organisationen (bspw. durch das Anbringen von zusätzlichen Aufklebern verfassungswidriger LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7531 3 Organisationen auf Kfz-Kennzeichen bzw. auf dem Fahrzeug selbst) regelmäßig alle polizeilichen Standardmaßnahmen ausgeschöpft werden. 3. Plant die Landesregierung eine Verschärfung der bisher verbotenen Zeichenkombinationen? In Nordrhein-Westfalen ist bereits vor Einführung des § 8 Absatz 1 Satz 3 FZV geregelt worden, dass die Zeichenkombinationen NS, KZ, SS, SA und HJ nicht auszugeben sind. Im Zusammenhang mit den in der Vorbemerkung getroffenen Aussagen, ist eine Ausweitung des Kennzeichenverbots auf andere Buchstabenkombinationen nicht vorgesehen. 4. Welche Möglichkeiten gibt es darüber hinaus dies im Kreis Wesel zu verhindern? Die Entscheidung über die Vergabe eines Wunschkennzeichens liegt in der Entscheidungshoheit der einzelnen Zulassungsbehörde, die dabei die rechtlichen Bestimmungen zu beachten hat. Die Verwaltung des Kennzeichenbestandes erfolgt unter Berücksichtigung der Kennzeichenkapazitäten durch die Zulassungsbehörden. Diese haben jederzeit die Möglichkeit, unerwünschte Kennzeichen nicht auszugeben. Keine Zulassungsbehörde kann gezwungen werden, bestimmte Wunschkennzeichen- Kombinationen dem Antragsteller zuzuteilen. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen.