LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN 17. Wahlperiode Drucksache 17/7581 07.10.2019 Datum des Originals: 07.10.2019/Ausgegeben: 11.10.2019 Die Veröffentlichungen des Landtags Nordrhein-Westfalen sind einzeln gegen eine Schutzgebühr beim Archiv des Landtags Nordrhein-Westfalen, 40002 Düsseldorf, Postfach 10 11 43, Telefon (0211) 884 - 2439, zu beziehen. Der kostenfreie Abruf ist auch möglich über das Internet-Angebot des Landtags Nordrhein-Westfalen unter www.landtag.nrw.de Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 2971 vom 13. September 2019 des Abgeordneten Norwich Rüße BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 17/7410 Welche Schlüsse zieht die Landesregierung aus der Auswertung der Verbissgutachten? Vorbemerkung der Kleinen Anfrage Gemäß § 22 des Landesjagdgesetzes Nordrhein-Westfalen (LJG-NRW) hat die Forstbehörde in einem regelmäßigem Turnus von drei bis fünf Jahren das Recht, ein Gutachten zum Einfluss des Schalenwildes auf die Verjüngung der Wälder zu erstellen. Diese sogenannten ‚Verbissgutachten‘ geben Auskunft über die natürliche Ausgewogenheit des Lebensraums Wald und bilden somit die Möglichkeit, Einflüsse des Schalenwildes auf die Verjüngung der Wälder zu bewerten. Die Gutachten dienen außerdem der Abstimmung zwischen der Jägerschaft und der Forstwirtschaft im Jagdgebiet, beispielsweise bei der Erstellung von Abschussplänen. Aufgrund der seit Monaten anhaltenden Extremwetterlage, befindet sich auch der Wald in NRW aktuell in einem dramatisch schlechten Zustand. Die Extremwetterlage der letzten Monate hat zu einem dramatischen Waldsterben beigetragen. Die dadurch entstandenen Kahlflächen sind zeitnah wieder aufzuforsten, um den Wald in NRW mit allen seinen wichtigen Funktionen für Mensch und Tier zu erhalten. Durch eine hohe Anzahl von Schalenwildbeständen entstehen durch Schälen und Verbiss besonders an jungen Bäumen hohe Schäden. Ein hoher Schalenwildbestand kann den zwingend notwendigen Waldumbau hin zu klimastabilen Mischwäldern maßgeblich beeinträchtigen. Um dem vorzubeugen, fordern Waldbauern bereits eine Halbierung der Schalenwildbestände um bis zu 50 Prozent. Die Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz hat die Kleine Anfrage 2971 mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 namens der Landesregierung beantwortet. LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7581 2 1. Wie hat sich die Anzahl der Verbiss- und Schälschadensbelastung in Nordrhein- Westfalen insgesamt in den letzten 10 Jahren entwickelt? Die Erstellung von Verbissgutachten wurde nach einer Phase der Pilotierung im Staatswald im Jahre 2015 gesetzlich eingeführt. Gemäß § 22 Absatz 5 Landesjagdgesetz Nordrhein- Westfalen (LJG-NRW) hat die Forstbehörde zur Wahrung der berechtigten Ansprüche der Forstwirtschaft auf Schutz gegen Wildschäden in regelmäßigem Turnus von drei bis fünf Jahren ein Gutachten zum Einfluss des Schalenwildes auf die Verjüngung der Wälder (Verbissgutachten) zu erstellen. Diese Verbissgutachten lösen die bisher zu fertigende „Forstliche Stellungnahme zur Abschussplanung für Schalenwild“, zu denen keine statistische Auswertung vorliegt und die keine Angaben zur Schadbelastung durch Verbiss enthalten, ab. Sie bilden eine standardisierte Bewertungsgrundlage über den Einfluss des Schalenwildes auf die Verjüngung der Wälder auf der Ebene des Jagdbezirks. Eine Beurteilung der Entwicklung der Verbiss- und Schälschadensbelastung ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht möglich, da Wiederholungsaufnahmen der Verbissgutachten noch nicht vorliegen. 2. Wie viele Verbissgutachten wurden in NRW innerhalb der letzten fünf Jahre erstellt? (Bitte erstellte Gutachten nach Regierungsbezirken aufschlüsseln) Die nachstehende Tabelle gibt die Anzahl und Ergebnisse der bisherigen Verbissgutachten mit der Gefährdungseinstufung für die jeweiligen Jagdbezirke wieder: Regierungs - bezirk Verbiss -aufnah - men Verbissgutachten in Bearbeitung Nicht relevant * Fertig erstellte Verbissgut - achten Nicht gefährdet gefährdet erheblich gefährdet Arnsberg 728 286 3 439 263 143 33 Detmold 110 16 2 92 22 60 10 Düsseldorf 162 108 9 45 33 11 1 Köln 332 167 1 164 93 53 18 Münster 40 5 0 35 15 18 2 Insgesamt 1372 582 15 775 426 285 64 * z.B. wegen zu geringem Waldanteils oder zu kleiner Waldflächen 3. Nach welchen standardisierten Verfahren werden die Ergebnisse der Verbissgutachten in die Abschussplanung der Jagdbezirke einbezogen? Die Ergebnisse des Verbissgutachtens dienen der regionalen Abstimmung zwischen Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern, Jägerinnen und Jägern, Hegegemeinschaften, Jagdbehörden und Jagdbeiräten. Sie sind bei der Aufstellung von Abschussplänen zu berücksichtigen, um Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern fachliche Grundlagen für die Steuerung der Jagd zur Verfügung zu stellen. Das Verfahren zur Einbeziehung der Verbissgutachten ist in § 22 Absatz 4 LJG-NRW geregelt. Demnach ist der Abschussplan durch die untere Jagdbehörde nach Anhörung der LANDTAG NORDRHEIN-WESTFALEN - 17. Wahlperiode Drucksache 17/7581 3 Forstbehörde im Benehmen mit dem Jagdbeirat zu bestätigen, wenn er das Ergebnis des Verbissgutachtens berücksichtigt. 4. In welchen Jagdbezirken ist aus Sicht der Landesregierung eine Reduzierung der Schalenwildbestände aufgrund einer hohen Verbiss- und Schälschadensbelastung zwingend erforderlich? In allen Jagdbezirken mit „erheblicher Gefährdung“ ist eine Anpassung des Schalenwildbestandes Voraussetzung für eine erfolgreiche Walderneuerung. In den „gefährdeten“ Jagdbezirken ist in der Regel eine moderate Erhöhung des Abschusses angezeigt. 5. Vor dem Hintergrund des aktuellen, klimabedingten Waldsterbens: Um wieviel Prozent plant die Landesregierung die Schalenwildbestände zu reduzieren, um somit eine Wiederaufforstung der entstandenen Kahlflächen zur ermöglichen? Maßgeblich für die Höhe des durchzuführenden Abschusses ist die Verbissbelastung in den Jagdbezirken. Eine generelle Größenangabe für die Reduktion der Schalenwildbestände erfolgt nicht, da die Höhe der Schalenwildbestände nicht mit ausreichender Sicherheit angegeben werden kann. Da man Rehe ohnehin nicht zählen kann, erfolgt bereits seit 2015 keine Abschussplanung für Rehwild mehr. Bei den abschussplanpflichtigen Schalenwildarten stellen die Ausgangsbestände ebenfalls nur Schätzgrößen dar. Die Abschusspläne sind durch die unteren Jagdbehörden so festzusetzen, dass eine nachhaltige Verringerung des Wildbestandes auf eine tragbare Wilddichte gewährleistet ist. Zur Einschätzung der notwendigen Abschusshöhe stellen die Verbissgutachten für den Waldbereich eine wertvolle Hilfe dar.